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IV. Verbot getarnter Werbung

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Je nach Art eines Mediums, in dem eine Werbung getarnt wird, kann dem Verhalten Dritter unterschiedliche Bedeutung beigemessen werden. Dementsprechend gelten auch unterschiedliche spezialgesetzliche Regelungen für Presse, Rundfunk und Telemedien.[57] Ein Verstoß gegen sie stellt zugleich einen Rechtsbruch nach § 3a UWG (entspricht § 4 Nr. 11 UWG 2008) dar, da sie Marktverhaltensregelungen zum Schutze der Verbraucher sind.

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Das Verhältnis der spezialgesetzlichen Reglungen i.V.m. § 3a UWG zu § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG und zu § 5a Abs. 6 UWG ist umstritten. Zum Teil wird angenommen, die spezialgesetzlichen Regelungen seien selbstständig neben § 5a Abs. 6 UWG anwendbar.[58] Spezialgesetzliche Regelungen sind z.B. die Trennungsgebote in §§ 7, 7a, 8, 8a, 58 RStV oder in den Landespressegesetzen. Verstöße gegen diese Vorschriften seien grds. unlauter unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs i.S.v. § 3a UWG, sofern eine geschäftliche Handlung vorliegt. Daneben komme ein Verstoß gegen §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 6 UWG im Hinblick auf die Täuschung der Hörer und Zuschauer über den Werbecharakter einer zum Programmteil gehörenden Sendung in Betracht. Ein Verstoß gegen § 10 Landespressegesetz BW (BW LPrG) sei beispielsweise unlauter unter dem Gesichtspunkt der Verschleierung des Werbecharakters i.S.v. § 5a Abs. 6 UWG.[59] Nach der „noch“ herrschenden Meinung läge „auch“ ein Rechtsbruch i.S.d. § 3a UWG vor.[60] Nach dieser Ansicht können Verstöße gegen spezialgesetzliche Regelungen den Tatbestand des Rechtsbruchs erfüllen und nach § 3 Abs. 1 UWG geahndet werden.[61]

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Nach anderer Ansicht ist vorrangig ein Rechtsbruch gem. § 3a UWG zu prüfen,[62] so auch der BGH im Fall GOOD NEWS II: Gegenstand der Prüfung waren zwei redaktionell aufgemachte Beiträge, die nicht in ausreichendem Maße als Anzeigen gekennzeichnet waren. Das strikte Gebot der Kenntlichmachung von Anzeigen wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich verletzt, wenn der präzise Begriff der Anzeige vermieden und stattdessen ein unscharfer Begriff (vorliegend „Sponsored by“) gewählt wird. Die Kennzeichnung der Beiträge mit den Wörtern „Sponsored by“ reicht nicht aus, um den Anzeigencharakter der Veröffentlichungen zu verdeutlichen. Entscheidend ist, ob der werbliche Charakter einer Veröffentlichung für einen durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Leser bereits auf den ersten Blick ohne jeden Zweifel und nicht erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags erkennbar ist.[63] Es lag ein Verstoß gegen das Gebot der Trennung von Beiträgen mit redaktionellem Inhalt und Werbung des § 10 LPrG BW vor. Bei § 10 LPrG BW handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG. Die Marktverhaltensreglung verfolgt zum einen das Ziel, die Irreführung der Leser zu verhindern, zum anderen, die Objektivität und Neutralität der Presse zu erhalten. Damit soll – auch außerhalb des geschäftlichen Verkehrs – der Gefahr eines sachfremden Einflusses auf die Presse begegnet werden. Insofern erfüllt das presse- und medienrechtliche Trennungsgebot eine wichtige Funktion zum Schutz der Objektivität und Neutralität der Presse und des Rundfunks, die allein durch ein lauterkeitsrechtliches Verbot der redaktionellen Werbung nicht erfüllt werden könnte.[64] Die Anwendung des § 10 LPrG BW erfordert nach Ansicht des BGH nicht, dass es sich um eine Werbeanzeige handeln muss. Die Sponsoren werden in unmittelbarem Zusammenhang mit den redaktionellen Beiträgen genannt. Dadurch wird zumindest mittelbar der Absatz der Waren oder Dienstleistungen der genannten Sponsoren gefördert. Es ist nicht erforderlich, dass in dem Beitrag das geförderte Produkt kenntlich gemacht wird. Ein Einsatz zu Zwecken der Verkaufsförderung ist anzunehmen, wenn ein Unternehmer die Absicht hat, durch den bezahlten redaktionellen Artikel den Absatz seiner Waren oder Dienstleistungen zu fördern. Von einer solchen Absicht ist immer dann auszugehen, wenn der Beitrag – wie im vorliegenden Fall – objektiv eine Werbung enthält.[65] Es kommt auch nicht darauf an, ob das Entgelt gerade für die konkret in Rede stehende Veröffentlichung bezahlt wurde. Der für § 10 LPrG BW erforderliche Zusammenhang zwischen Finanzierung und Veröffentlichung ist daher auch dann gegeben, wenn der Unternehmer an den Verleger vorab ein Entgelt zahlt, damit seine getarnte Werbung in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen veröffentlicht wird. Der Verleger muss das Entgelt nicht in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Veröffentlichung erhalten. Daher kommt es auch nicht darauf an, dass der Inhalt der in Rede stehenden redaktionellen Beiträge nicht von den Sponsoren beeinflusst worden ist.[66]

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Ein Rechtsbruch nach § 3a UWG liegt z.B. auch vor, wenn auf der Facebook-Seite eines Unternehmens gepostete Bilder nicht vom Unternehmen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (hier PKW-EnvKV) kommentiert werden, selbst die Fotos nicht vom Unternehmen selbst, sondern von einem Fan gepostet wurden.[67]

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Darüber hinaus ist getarnte Werbung wettbewerbsrechtlich in § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG sowie in § 5a Abs. 6 UWG (ersetzt den früheren § 4 Nr. 3 UWG 2008) geregelt. § 3 Abs. 3 i.V.m. Nr. 11 Anhang UWG ist vorrangig zu prüfen. Nach § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG. Stets unzulässig ist der vom Unternehmer finanzierte[68] Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung,[69] ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte Werbung). Die Feststellung der Unzulässigkeit nach § 3 Abs. 3 UWG erfolgt ohne Spürbarkeits- bzw. Relevanzprüfung (per-se Verbot).[70] § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG setzt zwingend voraus, dass der Unternehmer die getarnte Werbung bezahlt hat, wobei hier jede Gegenleistung, auch in Form von Waren, Dienstleistungen oder Anzeigenaufträgen, in Betracht kommt.[71]

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Ist die Handlung nicht nach § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 11 UWG unzulässig, erfolgt eine Prüfung nach § 5a Abs. 6 UWG.[72] § 5a Abs. 6 UWG enthält das Verbot der verdeckten Werbung.[73] Die Regelung entspricht dem presserechtlichen Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Teil und gilt für alle Medien (Presse, Film, Hörfunk und Fernsehen). Schon nach der Gesetzesbegründung zur UWG-Novelle 2004 wurde das medienrechtliche Schleichwerbeverbot ausdrücklich auf alle Formen der Werbung ausgedehnt. Es erfasste auch die Tarnung sonstiger Wettbewerbshandlungen.[74] Nach der UWG-Novelle von 2008, in der der Begriff der Wettbewerbshandlung durch den der geschäftlichen Handlung ersetzt wurde, liegt gem. § 4 Nr. 3 UWG 2008 eine Verschleierung vor, wenn das äußere Erscheinungsbild einer geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass die Verbraucher (oder sonstigen Marktteilnehmer) den Werbecharakter bzw. den geschäftlichen Charakter nicht klar als solchen erkennen.[75] Das UWG 2015 stellt nun auf das Fehlen der Kenntlichmachung des kommerziellen Zwecks ab. Nach § 5a Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Der kommerzielle Zweck stellt keine Besonderheit einer geschäftlichen Handlung dar. Vielmehr wohnt jeder geschäftlichen Handlung schon definitionsgemäß (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) ein geschäftlicher und somit ein kommerzieller Zweck inne, weil sie „zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens“ erfolgt, also unternehmerischen Interessen dient, gleichviel ob es um die Förderung des Absatzes oder Bezugs oder den Abschluss oder die Durchführung eines Vertrags geht.[76] § 5a Abs. 6 UWG beschränkt sich nicht auf das Verbot der getarnten Werbung, sondern bezieht sich auf alle geschäftlichen Handlungen.[77] Maßgeblich ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers.[78]

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