Читать книгу Auf Wiedersehen, Noel - Antonia Conrad - Страница 10

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Am nächsten Morgen wachte ich im Krankenhaus auf. Es war ein kleines Zimmer mit zwei Betten darin, einem Schrank und ein Tisch mit zwei Stühlen. Dieser stand am Fenster des Raumes und war mit Plastikblumen in einer braunen Vase verziert. Der Schrank ging bis zur Decke und bestand aus Holz, doch er war weiß angestrichen. Das Licht war angeschaltet, und ich konnte Stimmen und so viele Geräusche von draußen hören. In diesem Moment musste ich an Chloe denken. Es war immerhin schon vier Jahre her, dass sie von zu Hause abgehauen war und langsam fing ich an, mich wieder normal zu fühlen, mit meinem Leben zu Recht zu kommen und nicht ständig ganz so schmerzhafte Gedanken zu haben. Ich lernte auch nicht mehr so viel, wie in den ersten zwei Jahren. Ich konnte jetzt auch wieder andere Dinge tun.

Ich vermisste sie sehr, und ich wünschte, sie wäre bei mir gewesen. Es war schrecklich, sie zu verlieren, dachte ich und starrte aus dem Fenster. Man wird allein geboren, man lebt mit anderen zusammen und man stirbt allein. Ich schweifte in Gedanken zurück zu jenem Morgen, an dem sie nicht mehr dagewesen war.

Ich hasste die Erinnerung an diesen Tag, und ich hasste, wie gut ich mich noch an jede Einzelheit erinnern konnte. Die Blumen auf dem Nachttisch, die Stille, der Wind, Mamas unverständlicher Gesichtsausdruck und Chloes gemachtes Bett.

Plötzlich hörte ich Atemzüge neben mir. Ich drehte mühsam den Kopf in die Richtung des anderen Bettes und sah das Mädchen neben mir liegen. Es war das Mädchen, das ich aus der Schule getragen hatte. Ich hatte sie gerettet, dachte ich erleichtert. Ich hatte es geschafft. Ich konnte mich nicht mehr an den Moment erinnern, in dem wir aus der Türe kamen. Mein letzter Gedanke war das Aufstoßen der Türe gewesen, doch ich hatte von dem vielen Rauch wahrscheinlich das Bewusstsein verloren. Sie hatte Verbände um beide Hände, Nacken und Kopf. Sie sah blass aus, doch sie atmete. Sie hatte eine stupsige Nase, Sommersprossen und dunkelrote Haare. Sie hatte lange helle Wimpern. Erst als ich mich bewegte, verspürte ich den großen Schmerz in meinem linken Arm. Er war vom Oberarm bis zu den Fingerspitzen verbunden und tat weh, sobald ich ihn berührte. Auch meine Lunge stach und brannte bei jedem Atemzug. Sie fühlte sich trocken an und ich hatte einen ekligen Geschmack im Mund.

Ich versuchte ruhig zu atmen und ließ meine Augen zufallen, bis plötzlich jemand die Türe aufstieß. Eine dickliche Krankenschwester mit hellbraunen Haaren und einem freundlichen Lächeln auf den Lippen kam in weißer Kleidung in das Zimmer. Das Mädchen, welches neben mir lag, schreckte in diesem Moment aus dem Schlaf.

„Oh, entschuldige. Habe ich sie geweckt?“ fragte die Krankenschwester. Das Mädchen lächelte und lehnte sich wieder zurück. Die Krankenschwester erklärte uns, dass das Mädchen Verbrennungen an beinahe allen Fingern und im Nacken hätte, die sich bis auf ihre linke Wange zogen. Auch die Hälfte ihrer langen Haare war verbrannt und hing zottelig und eingeschmort nur noch bis zu ihren Schultern herunter. Sie erklärte außerdem, dass ich viel Rauch eingeatmet hatte und es ein paar Tage dauern würde bis ich wieder ohne Schmerzen atmen könne. Sie sagte auch, dass ich eine Verbrennung am linken Arm hatte und wir beide wahrscheinlich eine Woche im Krankenhaus bleiben müssen. Sie war unheimlich nett und ich mochte sie von Anfang an. Das Mädchen wusste es. Sie wusste, dass ich sie gerettet hatte. Ich weiß bis heute nicht, warum sie das wusste, aber das spielte keine Rolle. Sie drehte sich zu mir und sagte „Danke,…“, dann machte sie eine Pause, und dann fuhr sie fort „dass du mir das Leben gerettet hast.“ Danach lachte sie verlegen, und wahrscheinlich bereute sie das, was sie zu mir gesagt hatte und sah mich an. Sie war immer so unauffällig gewesen, und ich hatte mich nie mit ihr unterhalten oder etwas in der Art. Bis zu diesem Tag war ich traurig gewesen, seit Chloe weggelaufen war, doch das hatte jetzt ein Ende.

„Hast du Schmerzen?“ fragte sie, und ich bemerkte einen Schein von Unsicherheit in ihren Augen. Doch später merkte ich, dass das bei ihr normal war. Sie guckte eben so. „Ja“, antwortete ich und lächelte. „Ich auch“, antwortete sie. Von diesem Moment an waren wir beste Freunde.

Auf Wiedersehen, Noel

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