Читать книгу "Gemeinsam wachsen" - der Elternratgeber ADHS - Armin Born - Страница 10
Kapitel 1: Das Fundament stärken 1 Die Ausgangssituation
ОглавлениеIn unseren Elterntrainingsgruppen und in den Familientherapiesitzungen haben wir viele Eltern von ADHS-Kindern kennengelernt. Fast durchgängig waren es die Mütter, die sehr stark, teilweise bis an ihre Grenzen, belastet waren. Denn sie sind es, die über den Tag verteilt darauf achten müssen, dass die normalen Anforderungen von Seiten der Schule und der Familie von ihrem ADHS-Kind erfüllt werden. Dies führt nahezu ständig zu Problemen und sehr häufig zu eskalierenden Konflikten. Aufgerieben von diesen Konflikten fühlen sich Mütter oft ausgebrannt. Sie haben den Eindruck, dass die vielen Schwierigkeiten, trotz ihrer Arbeit und ihrer Bemühungen, nicht weniger werden. Durch die nicht endenden Konflikte fühlen sich viele Mütter so gereizt, dass Gedanken wie »Wenn ich ihn nur sehe, könnte ich …« entstehen. Oft besteht bei Müttern auch die Angst, dass mit dem Älterwerden ihrer Kinder die Probleme und Auseinandersetzungen nur noch schlimmer werden.
Immer wieder fühlen sich Mütter in ihrer Erziehung entmutigt und erleben ihre Situation als aussichtslos. Sie versuchen Lösungen und Erziehungsmaßnahmen zu finden, die die Situation verbessern sollen, erleben stattdessen aber immer wieder, dass diese, wenn überhaupt, nur für eine kurze Zeit erfolgreich sind. Oft bleibt in diesem Hamsterrad des Alltags keine Zeit darüber zu reflektieren, welche der Erziehungsmaßnahmen sich als wirklich wirkungsvoll erweisen. Aufgrund der chronischen Dauerbelastung besteht für die meisten Mütter vielmehr die Gefahr, vom Alltag überrollt zu werden. Da ihnen einfach oft die Kraft fehlt, fahren sie mit dem gewohnten, aber nicht immer hilfreichen Erziehungsverhalten fort.
Wenn ihr Mann abends nach der Arbeit nach Hause kommt, erfahren Mütter oft Unverständnis, weil er den aufreibenden Alltag mit dem Kind nicht miterlebt hat. Völlig erschöpft sehen sich dann Mütter in dieser Situation nach einem anstrengenden Tag häufig nicht nur in ihrer täglichen schweren Erziehungsarbeit durch ihren Mann nicht angemessen gewürdigt, sondern sie werden stattdessen auch noch mit der Botschaft konfrontiert »Irgendwie machst du das nicht richtig« oder »Bei mir würde er das nicht machen!« Erfahren Sie als Mutter dagegen Verständnis und Unterstützung von Ihrem Mann, dürfen Sie sich sehr freuen, einen aufmerksamen, einfühlsamen und mitdenkenden Partner zu haben.
Aus Ihrer Perspektive als Vater treffen Sie – von der Arbeit nach Hause kommend – häufig auf eine sehr angespannte Familienatmosphäre und vielleicht auch auf eine gereizte Frau. Diese wartet nur darauf, Ihnen von den Konflikten und dem Fehlverhalten des Kindes erzählen zu können. Vielleicht kennen Sie den Gedanken: »So schlimm kann es doch gar nicht sein.« Möglicherweise gewinnen Sie nämlich am Wochenende auch einen falschen Eindruck von der Problematik, da in dieser Zeit normalerweise weniger Anforderungen an Ihr Kind gestellt werden und dann auch alles ein bisschen besser läuft. Vielleicht haben Sie aber auch die Erfahrung gemacht, welche erheblichen Probleme z. B. in der Morgen- und in der Abendsituation mit Ihrem Kind entstehen können.
Wenn Sie als Mutter alleinerziehend sind, könnte Sie die Frage quälen, wie Sie zukünftig die schwere Erziehungsaufgabe überhaupt allein bewältigen sollen.
Zusätzlich erleben Sie als Mutter auch von Ihrer Umwelt immer wieder negative Rückmeldungen in Bezug auf Ihr Kind. Natürlich beziehen Sie diese meist auch auf sich und fühlen sich für Ihr Kind verantwortlich. Zunehmend beginnen Sie möglicherweise, an Ihrer Erziehungsfähigkeit zu zweifeln, und darunter leidet dann Ihr Selbstwertgefühl.
Gleichzeitig hegen Sie aber auch die Sehnsucht und die Hoffnung, dass Sie vielleicht doch einen Weg finden, auf dem alles besser werden kann. Wir möchten Ihnen gerne Anregungen geben, wie Sie den Berg an Belastungen Schritt für Schritt abbauen können.