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3. Begegnung vor Erendyra

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Longasc hatte ein Funkgerät in seinem zusammengeflickten Raumanzug, kam aber nicht auf den Gedanken, es einzuschalten. Er fühlte sich zwischen den weit verstreuten Trümmern einer Raumschlacht heimisch, außerdem hatte er nichts anderes im Sinn, als sich die wertvollsten Fundstücke zu sichern. Er konnte nicht ausschließen, dass bald ein höherprivilegierter Shabare erscheinen würde, um eigene Rechte geltend zu machen. Gerade deshalb galt für ihn, schnell möglichst viel zusammenzuraffen. Longasc hatte kümmerliche Zeiten hinter sich und war ohnehin nicht mit Reichtum gesegnet.

Er kurvte zwischen den Wrackteilen herum, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen und lohnende Ziele zu markieren. Für Situationen wie diese hatte er ein gutes Auge und konnte schnell rekonstruieren, was zerstört worden war.

Er entdeckte Wrackteile, die zu zwei unterschiedlichen Objekten gehörten. Bei dem einen hatte es sich um ein Raumschiff mittlerer Größe gehandelt. Die rekonstruierte Form verriet ihm, dass es ein Schiff von Gorims gewesen sein musste. Gorim bedeutete im Kriegeridiom schlechthin »Fremder«. Und fremd war für Longasc ziemlich alles, was nicht als shabarisch galt und nicht dem Krieger Kalmer zugeordnet werden konnte.

Die Trümmer des Gorim-Schiffs drifteten schon über einige Kilometer im Umkreis verteilt. Die Überreste des anderen Objekts waren sogar weiter verstreut, als Longascs einfaches Ortungsgerät reichte. Bei diesem großen Gebilde musste es sich um eine Raumstation gehandelt haben. Das gedankliche Zusammenfügen der Wracktrümmer ergab nur ein vages Bild, doch dem Shabaren reichte das Ergebnis. Auch die Raumstation war für ihn absolut fremd und damit gorim.

Er machte sich kaum Gedanken über die Intelligenzen, die hier durch die Macht des Kriegers ihr Leben verloren hatten. Es war ein ewiges Gesetz, wer sich im Kampf nicht bewährte, musste weichen. Longasc lebte von den Hinterlassenschaften dieser Opfer, und so war ihm jedes neue Drama recht.

Nachdem er sich einen schnellen Überblick verschafft hatte, ging der Raumfledderer gezielter vor. Er fand eine komplette hydroponische Anlage, die er zuerst bergen und an die CANTLERY koppeln musste. Longasc brauchte nur ein paar Verbindungen zu wertlosen Wrackteilen zu kappen, schon kam die Anlage mit ihren Pflanzen frei und trieb langsam durch den Raum.

Über die Fernsteuerung aktivierte der Shabare das Traktorsystem seines Schiffes. Der Zugstrahl war starr ausgerichtet, deshalb hatte er einige Mühe, seinen Fund in die richtige Position zu bringen. Danach sah er sein Nahrungsproblem für die nächste Zeit gelöst. Auch der Distelfrosch, der nahezu jede biologische Substanz aufnehmen konnte, würde zufrieden sein.

Longascs zweites Ziel war das Antriebssystem des Gorim-Schiffes. Leider wiesen sämtliche Aggregate derart große Zerstörungen auf, dass er nicht einmal verwertbare Systemteile entnehmen konnte.

Auf der Suche nach anderen lohnenden Dingen stieß er kurze Zeit später auf einen fassförmigen Tank. Im Licht seines Doppelscheinwerfers erschienen abgerissene Verbindungsschläuche. Winzige Kugeln hatten sich um den Tank herum gesammelt. Longasc fischte eine davon auf und stellte fest, dass es sich um eine Flüssigkeit handelte, wahrscheinlich um Wasser. Der große Behälter musste also mit.

Er schaltete schon an der Fernsteuerung des Traktorstrahls, da dröhnte in seinem Helm ein Warnton. Wieder war es das Recyclingsystem, das verrücktspielte. Longasc fluchte vor sich hin, weil es ihm nicht gelang, den Fehler zu lokalisieren. Ihm war klar, dass er damit zur vorzeitigen Rückkehr in die CANTLERY gezwungen wurde, falls er kein unabschätzbares Risiko eingehen wollte.

Der eingeschaltete Traktorstrahl wartete unterdessen darauf, dass ein Objekt in sein Kraftfeld geriet. Longasc musste sich mit der Fehlersuche beeilen, denn das gesamte Trümmerfeld befand sich in langsamer Rotation, und irgendwann würde der Traktorstrahl etwas erfassen und zur CANTLERY zerren, egal, um was es sich handelte. Einmal war genau das schon passiert. Ein undefinierbares Konglomerat aus verschweißtem Metall hatte den Kommandostand des Schiffes nahezu vollständig zertrümmert. Wenigstens hatten Krächz und Kokon diesen Unfall überstanden, Longasc hatte jedoch endlose Tage gebraucht, um sein Heim zu flicken.

Hektisch suchte er nach dem Fehler im Recyclingsystem seines Anzugs. Dabei musste er sich völlig auf die Anzeigen verlassen. Die Atemluft war frisch und verriet nichts Auffälliges.

Als Longasc den Fehler endlich fand, trommelte er wütend auf die Robotbeine. Der Sammelbehälter für die Körperausscheidungen hatte Alarm ausgelöst, obwohl er leer war. Der Fehler lag in der Steuerung, es gab also keinen akuten Handlungsbedarf. Longasc konnte endlich den Flüssigkeitstank bergen. Er zerrte, zog und stieß, bis er den Behälter endlich im Wirkungsbereich des Traktorstrahls hatte. Die Entfernung zur CANTLERY war schon merklich größer geworden war, deshalb geriet der Tank nur langsam in Bewegung.

Longasc wollte sich gerade den nächsten Beutestücken zuwenden, da blendete ihn ein greller Lichtblitz.

Als er endlich wieder klar sehen konnte, schwebte er inmitten einer Wolke aus Myriaden winzigen Tröpfchen. Der Tank war völlig zerfetzt worden. Longasc verstand die Welt nicht mehr. Seine ohnehin nervösen Blicke sprangen durch den Raum, der Doppelscheinwerfer des Helms ergoss grelle Helligkeit über die ihn umgebenden Wrackteile.

Longasc kam zu der Vermutung, dass der Traktorstrahl die Explosion zufällig ausgelöst hatte. Vorsichtshalber stellte er Funkkontakt zu seinem Schiff her, doch Krächz meldete sich nicht. Stattdessen zitierte die Stimme des Distelfroschs irgendwas Unverständliches.

»Verschwinde vom Mikro!«, brauste der Shabare auf.

»Mikro kaputt«, gluckste Plump.

Endlich meldete sich Krächz. »Funkanrufe«, berichtete die Positronik. »Bekanntes Raumschiff. Drohung. LITTURO. Closcurt.«

»Verdammter Raumdreck und alle Teufel von Erendyra!«, schrie Longasc wütend, denn sofort war ihm klar, wer den Flüssigkeitstank auf dem Gewissen hatte.

»Wo steckst du, Freibriefler?«, brüllte er. »Du gieriger Geier, der keinem anständigen Shabaren die Luft zum Atmen gönnt.«

»Ich lasse dir sogar eine winzige Chance, Raumfledderer«, kam die Antwort. »Verschwinde, und das plötzlich!«

»Closcurt ...« Longasc versuchte es mit der Jammermethode, obwohl er wusste, dass damit nichts zu gewinnen war. »Hier treibt genug für uns beide durch den Raum. Ich brauche nur ein paar kleine Fundstücke für mein Überleben. Den großen Rest überlasse ich dir.«

Der ranghohe Freibeuter lachte spöttisch. So sehr sich Longasc auch bemühte, er entdeckte den anderen Shabaren noch nicht einmal.

»Dumm, wie du bist, Raumfledderer, verstehst du gar nichts. Ich gehöre zum Tross des Kriegers Kalmer. Du darfst also von den Abfällen leben, die ich dir gnädig hinterlasse. Und wenn dir das nicht reicht, liegt das allein an dir. Soll ich dir meinen Freibrief unter die Nase halten? Oder willst du, dass ich dein jämmerliches Schiff in die nächste Sonne stoße?«

»Hab wenigstens ein Herz!«, klagte der Raumfledderer.

»Hab ich.« Closcurts Gönnerhaftigkeit war pure Ironie.

Longasc sah sich jäh in ein flirrendes Energiefeld gehüllt. Er hatte keine Möglichkeit, sich mit den bescheidenen Mitteln seines Anzugs zur Wehr zu setzen. Das Energiefeld beschleunigte ihn, er torkelte durch die Leere und knapp an kleineren Trümmern vorbei.

»Plump!«, brüllte er. »Hilf mir!«

Das Flirren um ihn erlosch, doch Longasc bemerkte eine abrupte Richtungsänderung. Er verstand nicht, woher der plötzliche Sog kam, bis er das einsame Positionslicht entdeckte. Er selbst hatte es auf der CANTLERY gesetzt, um sich orientieren zu können. Nun bewegte er sich direkt darauf zu.

Schlagartig wurde ihm einiges klar. Der Freibriefler Closcurt hatte ihn in seinen eigenen Traktorstrahl manövriert. Und der holte ihn zur CANTLERY zurück.

Mühsam hantierte Longasc an der Fernsteuerung, um den Projektor abzuschalten. Irgendwie schaffte er es sogar, denn der energetische Sog erlosch.

»Ich sollte dich auf einer Amüsierwelt als Witzfigur verkaufen!«, lachte Closcurt. »Du wirst vermutlich nie begreifen, Raumfledderer, dass es kein Mittel gegen die Gefolgsleute des Kriegers gibt.«

Longasc spürte einen Ruck. Sein Hinterkopf knallte gegen den Raumhelm. Der Traktorstrahl war plötzlich wieder aktiv.

»Ich jage dich in die Flucht wie einen räudigen Bastard!«, tönte Closcurt. »Bei drei bist du hier weg, oder meine Geduld hat ein Ende.«

Longasc ergab sich in sein Schicksal. Es hatte alles keinen Sinn. Gegen den Freibeuter würde er nie eine Chance bekommen, und auf Gnade oder Rücksicht durfte er schon gar nicht hoffen. Er konnte froh sein, dass er die Hydroponik rechtzeitig zur CANTLERY gebracht hatte.

Schnell näherte er sich dem Schiff. Er aktivierte den Rückentornister, um sich aus dem Zugstrahl zu befreien. Das gelang ihm gerade noch, bevor er sich in der Gitterkonstruktion verletzt hätte. Benommen fand er die Schleuse des Kommandostands und rettete sich ins Innere der CANTLERY.

»Krächz, Anweisungen?«, fragte die eine Positronik.

»Hunger!«, blubberte der Distelfrosch.

Longasc klappte den Helm zurück. Endlich sah er im Orterbild die bizarren Umrisse der LITTURO. Das Raumschiff des Freibrieflers war ähnlich wirr zusammengesetzt wie sein eigenes, aber es strahlte Würde und Macht aus.

Die Macht bekam Longasc sofort wieder zu spüren. »Bist du sicher in deinem Schrotthaufen angekommen, Raumfledderer?«, höhnte der Freibeuter über Funk. »Du bist schockiert und kannst nicht antworten? Wenn du Pech hast, ist deine Schleuse noch offen. Pass auf!«

Die CANTLERY drehte sich. Plump kreischte auf und rollte wie ein Geschoss durch den Kommandostand, weil die künstliche Schwerkraft versagte. Longasc bekam irgendein Gestänge zu fassen, an dem er sich festklammern konnte. Gleichzeitig beschleunigte die CANTLERY mit einem Wert, den die altersschwachen Neutralisatoren nicht lange bewältigen würden. Vom stärker werdenden Andruck gequält, fluchte der Raumfledderer, was das Zeug hielt.

»Die Raumpest soll dich fressen, Closcurt! Und die Faust des Kriegers soll dich zu Staub zermalmen!«

Closcurt schwieg. Erst als die Trümmer des Schlachtfelds zu kaum noch erkennbaren Signalen geworden waren, entließ der Freibriefler die CANTLERY aus dem Griff seiner überlegenen Technik.

Longasc rappelte sich auf. Hastig prüfte er die Systeme. Er würde wieder viele Tage mit Reparaturen verbringen müssen. Aber wenigstens hatte er die Begegnung mit dem widerlichen Closcurt überstanden.

Der Distelfrosch kam schmatzend und jammernd auf ihn zu.

»Ja, ich hab was für dich.« Longasc hob das Tier in die Höhe und streichelte sanft über die Stacheln, die sich brav an den Kugelkörper legten. »Ich zeige dir sogar die Köstlichkeiten.«

Er fuhr die Panzerabdeckung der kleinen Heckluke zurück, um auf das Gestänge blicken zu können. Er kannte jede Einzelheit, jedes Beutestück, das in dem Gitterskelett zwischen dem Antriebssektor und dem Kommandostand verankert war. Irritiert streifte sein Blick über die kümmerlichen Habseligkeiten. Die Hydroponik mit den Pflanzen war nicht mehr da. Closcurt hatte das wertvolle Beutestück abgekoppelt.

»Dieser elende Kerl!«, stöhnte Longasc. »Ich fürchte, mein Kleiner, dass ich dich wieder mit Kunststoffresten abspeisen muss. Die Weltraumratte Closcurt gönnt uns nicht die kleinste Annehmlichkeit.«

»Traumratte«, gluckerte Plump, aber Longasc beachtete ihn schon nicht mehr. Der Shabare entledigte sich mühsam seines alten Raumanzugs.

»Krächz, Funksignale!«, meldete sich die Positronik.

»Ich will meine Ruhe haben!«, keuchte Longasc.

»Krächz, es ist Closcurt.«

»Was will der Leichenschänder noch?«

»Raumfledderer«, hallte die Stimme des Freibrieflers aus den Lautsprechern, »durch dich bin ich auf eine heiße Spur gestoßen. Das Gorim-Schiff und die zerstörte Station sind sehr bedeutend. Ich werde mich deshalb erkenntlich zeigen.«

»Was willst du?« Longasc witterte eine neue Laune oder Falle des Artgenossen.

»Ich gebe dir nützliche Koordinaten, Raumfledderer«, behauptete Closcurt. »Suche den Rand von Erendyra auf. Dort wirst du alles finden, was dein Herz begehrt.«

Es folgte eine Koordinatenansage, die für Longasc unverständlich blieb. Die Positronik meldete allerdings: »Krächz, verstanden.«

»Ein verlassenes Schlachtfeld des Kriegers?« Longascs Neugierde war geweckt. Zugleich seine Gier.

»Du wirst es bald erfahren.« Closcurt lachte. »Falls dein schrottreifer Kahn dich überhaupt ans Ziel bringt. Bist du noch immer in meiner Reichweite?«

Mit beiden Positroniken programmierte Longasc den Kurs. Die Koordinaten lagen tatsächlich sehr nahe vor der Heimatgalaxis. Stotternd sprang der altersschwache Enerpsi-Antrieb der CANTLERY an. Das Schiff nahm Fahrt auf.

Die Warnsignale im Kommandostand beachtete der Shabare nicht. Er machte sich über seinen Raumanzug her, um den Fehler im Behälter für Körperausscheidungen zu finden. Wenigstens diesmal hatte er schnell Erfolg – das war nicht immer so. Ein winziges Klümpchen Talg hatte sich über den Messfühler gelegt, ihn blockiert und den Falschalarm ausgelöst.

Ein Heulton setzte ein. Die Hauptpositronik meldete sich: »Krächz, Ausfall des Enerpsi-Antriebs. Rücksturz in den Normalraum.«

Longasc geriet deswegen nicht in Panik. Sogar solche Zwischenfälle hatte er oft genug erlebt. Bei den danach notwendigen Reparaturen war er ein wahrer Meister.

»Entfernung zum Ziel?« Sein vorrangiges Interesse galt trotz allem zuerst der erhofften Beute.

»Krächz, sechs Lichtjahre.«

»Hungerjahre!«, knurrte Plump.

»Ortung einschalten!«, befahl Longasc.

»Krächz, kein Zugriff. Selber machen.«

Der Shabare aktivierte das Gerät und suchte den von Closcurt bezeichneten Sektor ab. Aller Mühe zum Trotz entdeckte er nichts. Offenbar hatte der Freibriefler ihn einmal mehr zum Narren gehalten. Oder Krächz hatte die Koordinaten falsch interpretiert. Denkbar auch, dass der unterbrochene Enerpsi-Flug dafür verantwortlich war.

Longasc erwartete nicht, jemals eine Antwort auf seine Fragen zu bekommen, deshalb dachte er nicht weiter darüber nach. Für den Distelfrosch fand er sogar einige überflüssige Plastikstreifen und etwas schales Wasser. Für sich selbst kramte er in der Vorratskammer die letzten Reste zusammen.

Da es im Kommandostand der CANTLERY keinen Tisch gab, hockte Longasc sich für das karge Mahl einfach auf den Boden. Dass neben ihm sein Raumanzug lag und dass der Helmfunk eingeschaltet war, darauf achtete der verärgerte Shabare nicht. Er schimpfte unablässig vor sich hin, während er kaute.

Perry Rhodan 153: Der Tross des Kriegers (Silberband)

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