Читать книгу Die Augen des Habichts - Arndt Matthias Heigl - Страница 7
ОглавлениеProlog
„Wir beginnen mit der Bombardierung in fünf Minuten.“
Ronald Reagan
Seit Monaten tobte er nun schon wieder mit unverminderter Wucht - der Kalte Krieg.
1975 war in Ost und West Zuversicht aufgekeimt, dass eine friedliche Welt möglich werden könnte. In der Schlussakte von Helsinki hatten sich immerhin 35 Staaten zum Verzicht auf die Androhung und Anwendung von Gewalt und zur Unverletzlichkeit der Grenzen verpflichtet.
Neben Helmut Schmidt für die BRD und Erich Honecker für die DDR unterzeichneten Leonid Breschnew für die UdSSR und Gerald Ford für die USA das Dokument.
Fünf Jahre später waren die meisten Hoffnungen wieder zunichte. Der frisch gewählte US-Präsident Jimmy Carter signierte 1980 die Presidential Directive 59. Er wollte damit endlich einen Atomkrieg führbar machen.
US-Planspiele gingen seitdem von einer brandgefährlichen Kernthese aus: Die USA müssen die Fähigkeit besitzen, einen Atomkrieg rational zu führen!
Dieser Atomkrieg sollte „den Tod des Sowjetstaates“ zum Ziel haben. Offen wurde nun in der NATO im Zusammenhang mit der Neutronenwaffe, neuen Missiles und Pershings ein nuklearer Enthauptungsschlag gegen die Staaten des Warschauer Vertrags geplant.
Aktuelle Militäroperationen hatten den Amerikanern gezeigt, dass vor allem eine frühe Luftüberlegenheit für den Sieg entscheidend war. Alle Militärmanöver folgten inzwischen exakt dem Szenarium, zuerst möglichst schnell den gegnerischen Luftraum zu beherrschen.
Im Eindruck dieser angespannten Lage und eines brüchigen internationalen Vertragswerks traf der Nationale Verteidigungsrat der DDR konsequente Entscheidungen. So sollte zum Schutz der Hauptstadt rund um Berlin ein Verband mit Flugabwehrraketen unterschiedlicher Reichweiten aufgestellt werden. Der zentrale Führungsbunker dieser Brigade sollte nördlich Bernau entstehen.
Inzwischen war aber auch aufgeklärt worden, dass die NATO im Kriegsfall mindestens drei Atomsprengköpfe gegen Ziele um Bernau bei Berlin einsetzen würde. Diese Erkenntnis hatte Einfluss auf Planung und Bau der Bunkeranlagen. Die weitreichenden defensiven Flugabwehr-Raketen würden ihre abwehrende Wirkung nur entfalten, wenn der Gefechtsstand nach dem erwarteten ersten NATO-Luftschlag noch handlungsfähig sein konnte. 1986 wurde der beeindruckende Bunker des Gefechtsstands fertiggestellt und kurz darauf war die neue Brigade in der Lage, große Teile der DDR gegen Angriffe aus der Luft zu verteidigen.
Wie weit die US-amerikanische Kriegsrhetorik im Angesicht der vermeintlichen eigenen Überlegenheit durch Atomwaffen zeitgleich bereits salonfähig geworden war, zeigte der Inhalt einer legendären Tonprobe des US-Präsidenten Ronald Reagan:
“My fellow Americans, I’m pleased to tell you today that I’ve signed legislation that will outlaw Russia forever. We begin bombing in five minutes.”
„Meine amerikanischen Mitbürger, ich bin erfreut, Ihnen heute mitteilen zu können, dass ich ein Gesetz unterzeichnet habe, welches Russland für immer für vogelfrei erklärt. Wir beginnen mit der Bombardierung in fünf Minuten.“
Dass die sowjetische Staatsführung angesichts dieses makabren Einblicks in die Denkweise des aktuellen amerikanischen Präsidenten nicht amüsiert war, lässt sich nur vermuten.
Beide Seiten hegten ohnehin tiefes Misstrauen gegeneinander. Spionage und Gegenspionage in beide Richtungen lieferten den Verantwortlichen in Ost und West die jeweils passenden Erkenntnisse und nährten eine permanent wuchernde Paranoia.
Die 41. Fla-Raketenbrigade mit den unterstellten Flugabwehr-Raketen und Jagdfliegerkräften sowie den effektiven Radarstationen wurde in diesem Kontext Mitte der 1980er-Jahre schnell zum umkämpften Spionageziel.
Von Beginn an im Fokus des Interesses stand dabei der Gefechtsstand GGS 41/8, die moderne und leistungsfähige Nervenzentrale im Gefechtsbunker bei Ladeburg.
Glossar ab Seite 495