Читать книгу Die Augen des Habichts - Arndt Matthias Heigl - Страница 8
Оглавление1. Kapitel
„Kein größeres Verbrechen gibt es, als nicht kämpfen wollen, wo man kämpfen muss.“
Friedrich Wolf
Seit Wochen hatte es nicht geregnet. Die Kiefern verströmten in der Vormittagshitze ihren intensiven aromatischen Duft. Ein Eichelhäher stieß zum dritten Mal seinen rau schnarrenden Warnruf aus. Arndt Tanner nahm von alledem nichts wahr. Er kauerte seit Minuten hinter den Resten einer Kiefer, die einer der heftigen Stürme des letzten Herbsts umgeworfen hatte. Das Wurzelgeflecht des Baumes hielt jede Menge Sand der Barnimer Jungmoräne umklammert und bildete so einen akzeptablen Sichtschutz im sonst lichten und sonnendurchfluteten Wäldchen.
Sprungbereit beobachtete der 22-Jährige den amerikanischen Jeep, der zehn Meter vor ihm im Unterholz abgestellt war. Eine handliche Parabolantenne neben der Beifahrertür zeigte genau in die Richtung, aus der in der Ferne Geräusche zu hören waren. Es waren Geräusche großer Radaranlagen, die der junge Offizier nur zu gut kannte. Seine Beine schmerzten vom langen Kauern. Schweiß perlte auf seiner Stirn.
Vielleicht sind die Räder eine Möglichkeit?
Er tastete nach der linken Tasche seiner Uniformhose, umfasste das kleine Messer, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Den Reifen des Jeeps würde die Klinge nichts anhaben können!
Inzwischen hatte der seichte Wind gedreht. Die Geräusche aus der Technischen Zone wurden nun immer deutlicher wahrnehmbar. Er musste versuchen, die Parabolantenne am Jeep zu erreichen, sie unbrauchbar machen. Vielleicht gelang es ihm ja, das Beweisstück zu ergattern. Auf alle Fälle musste er die Messung verhindern!
Drei, zwei, eins!
Arndt Tanner schnellte aus der Deckung hoch, dann ging alles blitzschnell: Ein Knacken hinter ihm, ein schmerzhafter Schlag gegen die rechte Schulter, ein gedämpftes „Aua!“. Tanner wich nach links aus, rollte sich ab, parierte den nächsten Hieb und traf den Angreifer dabei mit voller Wucht ins Gesicht. Der taumelte jaulend zurück und fasste sich an die Nase. „Scheiße, mach doch wat!“
Dieser herausgepresste Ausruf hatte zwei Botschaften: Der Angreifer war mit Sicherheit kein Ami und er hatte einen Komplizen! Letzterer handelte schneller, als Tanner sich der neuen Situation bewusst werden konnte: Ihn durchzuckte ein kurzer stechender Schmerz, diesmal links. Dunkelheit!
Zwei Männer in Schwarzkombi schleiften ihr Opfer in Richtung Waldrand. Einer wischte sich dabei wiederholt mit dem Ärmel übers Gesicht.
„Scheiße“, nuschelte der blutende Schwarzkombiträger, „wat wollte dieser verfluchte Amateur, Klaus?“
„Was fragst Du mich? Ich weiß nur: Diesmal gibt es Ärger, richtig Ärger!“
Als das ungleiche Trio den Rand des Kiefernwäldchens erreichte, war Tanner immer noch im Dunkeln. Nur der harzige Duft der Kiefern drang bis zu ihm durch.