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2.6 Die »Züricher Schule«
ОглавлениеOskar Pfister (1873–1956, Pfarrer und Psychologe in Zürich), sozialpolitisch engagiert, nahm 1909 Kontakt mit Freud auf. Im selben Jahr besuchte er Freud und seine Familie in der Berggasse (Alt 2016, S. 485). Fortan standen beide in reger Korrespondenz. Pfister hatte wesentlichen Anteil an der Etablierung der Psychoanalyse in der Schweiz, er wandte die Psychoanalyse in seiner Arbeit mit Jugendlichen an. Es ging ihm um psychoanalytisch fundierte pädagogische Einflussnahme, um eine »Nacherziehung des gestörten Jugendlichen« (Biermann 1971, S. 3). In Folge hatte er zusammen mit anderen Pädagogen wesentlichen Anteil an der Begründung einer psychoanalytischen Pädagogik, zu nennen sind hier Ernst Schneider (1878–1957, Psychoanalytiker, Direktor eines Lehrerseminars) und Hans Zulliger (1893–1965, Volksschullehrer und Kinderanalytiker), der bedeutende Arbeiten zu Kinderbehandlungen beitrug (1952, 1961), wobei er vor allem dem kindlichen Spiel eine heilende Wirkung zuschrieb. Pfister, Schneider, Zulliger waren zusammen mit Anna Freud u. a. Mitarbeitern Herausgeber der »Zeitschrift für psychoanalytische Pädagogik« (1926–1938). Die Erkenntnis, dass der damals durchgängige autoritäre Erziehungsstil für neurotische Fehlentwicklungen und Erkrankungen in Kindheit und Jugend verantwortlich war, führte zu zahlreichen Reformideen, die auch praktisch umgesetzt wurden. August Aichhorn (1848–1949, Pädagoge und Psychoanalytiker) (1925), Siegfried Bernfeld (1892–1953, Pädagoge und Psychoanalytiker) (1970; 1979 [1925]), Anna Freud (1930) sind hier zu nennen. Mit Unterstützung durch Anna Freud gründeten Dorothy Burlingham und Eva Rosenfeld 1927 im Wiener Bezirk Hietzing die Burlingham-Rosenfeld-Schule, in der die Schüler nach psychoanalytisch-pädagogischen Prinzipien unterrichtet wurde, u. a. auch von Joan und Erik H. Erikson und Peter Blos. August Aichhorn war ab 1931 in der Schulleitung. Die Schule bestand bis 1932 oder 1933 (es gibt unterschiedliche Angaben).
Unter dem Einfluss Alfred Adlers (1870–1937), Psychoanalytiker und Begründer der von Freud abweichenden »Individualpsychologie«, und August Aichhorns wurden in Wien eine große Zahl von Erziehungsberatungsstellen etabliert, deren Grundidee ein prophylaktischer Ansatz war: So sollten neurotischen Fehlentwicklungen durch den rechtzeitigen Einfluss auf Eltern vorgebeugt werden. Auf Adler geht auch die Gründung psychoanalytischer Kindergärten v. a. für Arbeiterkinder zurück. Aichhorn und Bernfeld engagierten sich in der Fürsorge- und Heimerziehung.