Читать книгу Der Bestseller - Arno von Rosen - Страница 20
Оглавление16. Kapitel
Pavel war ein wenig überrascht.
Es war kaum mehr als eine Stunde her, dass er das Messegelände verlassen hatte, und schon war sein Job entdeckt worden.
Soeben war die Durchsage im Polizeifunk gekommen, dass sich ein Streifenwagen zur Messe begeben sollte nach „Code 110“, und das bedeutete Mord. Nun ja, dass Versteck war nicht besonders einfallsreich gewesen, aber ein bisschen mehr Zeit hatte er schon erwartet.
Jetzt sollte er sich beeilen, die beiden Wagen zu durchsuchen. Er ließ den blauen Golf abseits vom Messegelände stehen, und stellte ein Schild in die Scheibe, dass der Wagen abgeschleppt würde, wegen einer Panne.
Eine entsprechende Mobilnummer war auf dem Schild hinterlegt, was gewollt provisorisch gemacht aussah, und zu Christoph führte, der anhand der Nummer wusste was zu tun war, falls sich jemand meldete.
Pavel ging zielstrebig auf den Wagen von Reiner Groth zu, und zog sich dabei dünne Latexhandschuhe über, öffnete den Volvo, und durchsuchte das Fahrzeug in nur 90 Sekunden so genau, wie es sonst nur ein Drogenhund geschafft hätte.
Er fand einzig Hinweise darauf, dass Groth als Lektor in dem Verlag arbeitete, bei dem er schon angerufen hatte. Er entnahm keinerlei Dinge, und veränderte auch nicht ihre Lage, da sich daraus keine neuen Erkenntnisse ergaben. Später würde sicher die Spurensicherung der Kripo ihre Arbeit erledigen, und dann sollte nichts auf eine vorherige Untersuchung des Fahrzeugs hinweisen. Pavel verschloss das Fahrzeug, und ließ, wie zufällig, den Wagenschlüssel unter die Fahrerseite des Volvos gleiten.
Danach ging er zum zweiten Parkplatz, wo der dunkelfarbige Saab Kombi von Karl Blanke stand. Er durchsuchte ebenfalls dessen Wagen, fand aber nur Hinweise auf eine Firma in Marburg, die sich mit Internethandel beschäftigte, was Christoph bereits überprüft hatte.
Das war zwar nichts ungewöhnliches, aber andere Organisationen versteckten sich gerne im Internet, da dort eine Firma professionell aussehen konnte, ohne überhaupt zu existieren.
Zumindest würde Christoph eine zweite Prüfung durchführen, noch bevor er nach Frankfurt in die Zentrale zurückkam. Sollte das nicht die gewünschten Ergebnisse bringen, war Marburg gerade einmal eine Autostunde von Frankfurt entfernt.
Diesmal nahm er den Schlüssel mit, und hoffte, dass zumindest sein zweiter Abgang noch eine Weile unentdeckt blieb. Er machte sich auf den Weg zu seinem Fahrzeug, und fand den Golf unberührt vor. Eben fuhr ein erstes Zivilfahrzeug der Kripo auf das Messegelände, also war es höchste Zeit die Gegend zu verlassen.
Der Weg nach Frankfurt würde noch lange genug dauern, und er rechnete nicht mit seiner Ankunft vor 18 Uhr, und essen wollte er auch noch etwas, vorzugsweise an einem Drive-In Schalter, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Es dauerte länger als gedacht und erst gegen 19 Uhr traf Pavel in der Zentrale ein, wo Christoph ihn schon erwartete, um ihn für sein erstes Meeting vorzubereiten.
„Was hast du für mich Chris?“, sagte Pavel, kaum das er den Raum betreten hatte.
„Eine Menge Informationen, aber nichts, nach den üblichen Parametern.“
Der Profikiller zog die Brauen zusammen, und Christoph bemühte sich ihm ein kurzes Update zu geben, um Pavel nicht weiter zu reizen.
„Blanke hat tatsächlich eine Internetfirma, mit mäßigem Erfolg, aber es sieht nicht so aus, als ob es ungewollt wäre. Eher so, als ob er nicht mehr machen wollte. Was er tut, macht er professionell, aber es sieht nicht so aus, als ob er auf Reichtum aus ist, wenn du weist was ich meine.
Er steht im Kontakt mit ein paar Händlern in Deutschland, und hat ein paar Kontakte nach Fernost. Einer der Händler sitzt auch in Marburg, und dort scheint es auch eine größere Anzahl an Kontakten zu geben.“
„Kunststück, schließlich wohnen beide in Marburg, da wäre es schon komisch, wenn die zwei nicht erhöhte Kontaktzahlen hätten, oder meinst du nicht, Chris?“
Christoph wusste das natürlich, und antwortete ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen.
„Ist ja klar, aber was ich meine ist, dass beide eher freundschaftlich in E-Mails miteinander umgehen, auch wenn es anscheinend normal ist, das sich alle Händler mit „Du“ anschreiben. Ich habe alle Accounts von Blanke geknackt, aber einen Austausch über das Buch konnte ich nicht finden.“
Pavel wusste, wenn Christoph sagte er habe gesucht, konnte man davon ausgehen, dass er keinen Stein auf dem anderen gelassen hatte.
„Ist doch seltsam, oder? Er schreibt ein Buch, und teilt das keinem Menschen mit. Ich hab’ ein paar Mails an Reiner Groth gefunden, das war alles“, erläuterte Christoph.
„Was war noch?“
„Die Freundin von Blanke hat versucht ihn ein paar Mal über die Handynummer zu erreichen, außerdem noch ein paar der Händler und zwei Frauen.
Eine aus Nördlingen bei Stuttgart und eine aus der Nähe von Hamburg. Soll ich die überprüfen?“
„Ja, aber nur nach Stufe eins. Ich möchte keine schlafenden Hunde wecken.“ Pavel legte den Kopf auf die Seite und ließ die Fakten Revue passieren.
„So wie ich das sehe, hatte der gute Blanke einige Frauenbekanntschaften. Wir sollten alle prüfen, die in der letzten Zeit nach der Buchveröffentlichung, häufiger Kontakt hatten, und auch genau zum Zeitpunkt, als der Ansturm auf den Schmöker losging.“
„Das habe ich bereits gemacht. Aus diesem Zeitraum gibt es so gut wie keine Kontakte, weder telefonisch, noch per Mail, die ich jetzt noch aktivieren könnte.“
Sie gingen gemeinsam alle Daten durch, und Pavel setzte vor seinem inneren Auge ein Puzzle zusammen. Irgendetwas irritierte ihn an dem Bild, aber das musste warten, bis er mit seinem Boss gesprochen hatte. Immerhin war es das erste Mal für ihn. Meetings wurden nur abgehalten, wenn es wirklich konkret wurde, sonst war Christoph für den Infoaustausch zuständig, und der fand in der Regel ohne Treffen statt.
„Muss ich noch irgendwas wissen, bevor ich hoch gehe?“
„Ja, du fährst nach unten, und nicht nach oben in die Cafeteria“, grinste Christoph schief. „Anscheinend hat dich jemand in sein Herz geschlossen und möchte dich persönlich sehen.“
Dabei war Christoph die leichte Spannung in der Stimme anzumerken, jedenfalls für Pavel war es spürbar.
Er verließ ohne weitere Worte den Raum, und ging Richtung Fahrstuhl. Den hatte er noch nie benutzt, führte er doch nur in die unteren Etagen, und dort hatte ihn bis jetzt noch kein Auftrag hingeführt.
Er drückte seinen Daumen auf den Scanner, und die Tür öffnete sich fast geräuschlos. Er trat in den Aufzug, und die Tür schloss sich automatisch. Knöpfe gab es keine, aber die Kabine bewegte sich abwärts.
Na, wir werden ja sehen, wer mich begrüßt, dachte Pavel, und setzte seinen undurchdringlichen Gesichtsausdruck auf. Der Lift öffnete sich lautlos, und gab den Blick in einen Raum frei, der nicht richtig beleuchtet zu sein schien.
Es war niemand anwesend, aber in der Mitte des Zimmers, das annähernd 25 Quadratmeter groß war, stand ein Tisch aus Stahl, der auf nur einer Säule mit dem Boden verschraubt war. Zu beiden Längsseiten des ovalen Tisches standen jeweils zwei Stühle, die ebenfalls aus Stahl waren, und keine Armlehnen besaßen. Sonst war der Raum völlig leer, und machte eher den Eindruck eines Verhörkellers, als den eines Besprechungszimmers.
Er setzte sich auf den Stuhl, bei dem er den Blick in Richtung Ausgang hatte, und lies soviel Abstand zum Tisch, dass es ihm jederzeit möglich gewesen wäre, aufzuspringen und seine Waffe zu ziehen, ohne zuerst den Stuhl nach hinten rücken zu müssen.
Dies alles spielte sich aber nur in Pavels Unterbewusstsein ab, denn Waffen trug im Gebäude niemand offen. Sein Gang verriet nicht die geringste Verunsicherung, und er steuerte so auf den Stuhl zu, als ob er ihm vertraut gewesen wäre, oder ihm jemand den Platz zugewiesen hätte.
So saß er etwa eine Minute, bevor eine Stimme aus dem „Off“ zu hören war. Woher die Stimme kam, konnte er anhand der Akustik nicht feststellen, aber es handelte sich um eine sonore, aber sanfte Männerstimme, die nicht laut, aber dennoch sehr gut zu verstehen war. Einen Akzent konnte er nicht ausmachen.
„Guten Abend Herr Schmidt, es freut mich, sie nach so langer Zeit persönlich begrüßen zu können.“
Pavel antwortete nicht, sondern konzentrierte sich auf die Stimme und seine Umgebung.
„Wie ich sehe haben sie noch Anpassungsschwierigkeiten an den Innendienst. Ihr erster ungewollter Abgang ist bereits gemeldet worden, was die weiteren Untersuchungen erschweren wird. Versuchen sie im Moment so wenig wie möglich Kollateralschäden zu erzeugen, bis die Situation eindeutiger ist, und eine Gefährdung unseres Auftrages ausgeschlossen werden kann.“
Pavel entgegnete nichts.
„Haben sie Fragen?“
Pavel überlegte kurz.
„Was genau ist mein Auftrag?“, fragte er mit klarer fester Stimme.
Die Antwort aus dem „Off“ kam sofort.
„Sie stellen sicher, dass keine weiteren Störungen auftreten, bis die Finanzmittel zum März nächsten Jahres bereitgestellt worden sind, damit das Projekt zeitgenau abgeschlossen werden kann. Jede Verzögerung wäre ein unkalkulierbares Risiko für unsere Auftraggeber.“
Es kam keine weitere Anweisung, also hakte Pavel nach.
„Benötige ich weitere Details für meinen Auftrag?“
Nach einer Pause von nur wenigen Sekunden folgte die Antwort.
„Sie sind jetzt wieder im aktiven Dienst, deshalb wird ihnen Christoph Müller die weiteren Einzelheiten mitteilen, wenn die Zeit gekommen ist.“
Pavel blieb einige Augenblicke sitzen, erhielt aber keine weiteren Mitteilungen, erhob sich dann von seinem Stuhl, und ging Richtung Lift.
Im Moment hatte er keine weiteren Fragen, und nach einer Plauderstunde war ihm sowieso nicht zumute.
Er legte den Daumen wieder auf den Scanner, und die Tür öffnete sich. Er betrat die Kabine, und behielt sein ausdrucksloses Gesicht bei. Er stieg in der oberen Etage wieder aus, und ging den Gang entlang zu seinem Büro, wo wahrscheinlich Christoph schon auf ihn wartete, um mit ihm die weitere Vorgehensweise durchzugehen.
Er wurde das dumpfe Gefühl nicht los, dass er soeben getestet worden war, denn er hatte nichts gehört, dass Chris ihm nicht auch hätte sagen können.