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Knud navigierte den Zyklopen durch das Röhrensystem, das sich am Boden des unermesslichen Ozeans erstreckte. Es bestand aus Lavatunneln, die sich vor Äonen in dem ignimbritischen Fels gebildet hatten. Manche hatten einen Durchmesser von über 20 Metern. Ihre Wände waren glatt poliert - ein Zeichen dafür, dass sie bearbeitet worden waren. Durch riesige Schotts konnten die Gänge in Teilbereiche segmentiert werden. Auf diese Weise konnten die Bewohner dieser Welt in behaglich warmem Wasser existieren - und mussten nicht immer in der eisigen Kälte des Ozeans dahinvegetieren, der hier unten konstant eine Temperatur von 277,15K aufwies - der Temperatur von Wasser mit der höchsten Dichte. Die Salzkonzentration war auf dieser Welt erheblich niedriger als bei terranischen Ozeanen, weil das zur Verfügung stehende Wasservolumen einige Millionen Mal größer war als das auf Sol III.

In Höhlengängen, die mit mineralischen Quellen und Schwarzen Rauchern ausgestattet waren, hatte sich Leben auf sulfidischer Basis entwickelt. Eine Sauerstoffatmosphäre wie auf vielen Planeten der Föderation, konnte sich auf dieser Welt nicht einstellen. In den höheren Schichten des Ozeans nahm die Schwefelkonzentration allmählich ab, da die Lebewesen im dicht besiedelten Ozean viel des Chalkogens absorbierten.

Der mineralische Kern des Planeten wies ähnliche tektonische Aktivitäten auf, wie sie auch auf Sol III zu beobachten waren: Krustenbruchstücke, tektonische Platten, divergierende und konvergierende Plattengrenzen, Subduktions - und Spreizungszonen, Transformstörungen aller Art, Hot Spots... Nur der Jupitermond Io zeigte im Sonnensystem eine vergleichbar intensive vulkanische Aktivität.

Auf dieser Welt dauerten die geologischen Prozesse nunmehr 10 Milliarden Jahren. Zeit genug, dass sich auch auf dieser aquatischen Welt intelligentes Leben entwickeln konnte. Mehrere weiter aussen liegende Monde und der Braune Zwerg selbst stellten zudem einen wirksamen Absorber gegen vagabundierende Asteroiden dar. Zudem bildeten über 5500 Kilometer Wassersäule selbst eine wirksame Dämpfung gegen die zerstörerischen Auswirkungen kosmischer Geschosse.

Wegen der sehr niedrigen Temperaturen in weiten Bereichen dieser Unterwasserwelt dauerte die Bildung zu Beginn der evolutionären Entwicklung etwa zwei Milliarden Jahre länger als auf Terra. Aber ab einer bestimmten zivilisatorischen Reife begann man auch hier mit Hilfe von Naturwissenschaften und Technik seine Umgebung zu gestalten und nach den Bedürfnissen der Torquonor zu transformieren. Diese Entwicklung zur Hochtechnologiekultur dauerte viele Jahrmillionen. Aber erst vor etwa drei Millionen Jahren begann sich diese Kultur in fast atemberaubender Geschwindigkeit zu entwickeln. Unterwasserraumtore wurden entwickelt, die es schließlich ermöglichten, zwischen hunderten von Millionen Wasserwelten zu reisen.

Es entstand ein Staatswesen, das in seiner Ausdehnung, seiner Macht und seinen technologischen Fähigkeiten der Föderation vergleichbar war. Und am Endpunkt dieser Entwicklung stand die Erkenntnis der Torquonor und zahlloser anderer Wasserrassen, dass es neben diesem auf Wasser basierten Universum noch den freien Weltraum gab - ein Quantensprung in der Sichtweise ihrer Welt. Es war für die Bewohner, als ob sie die Tür zu einem neuen Kosmos aufgestoßen hatten. Viel, viel größer als der alte, der lediglich auf die aquatische Ökosphäre fixiert war.

Der Zyklop stoppte. Die Schallsensoren des Schiffes vermaßen den Raum. Fast zeitgleich wurde er sogleich holographisch visualisiert.

Gebannt sahen alle auf die Projektion des überwältigend großen Hohlraums, der sich innerhalb der Planetenkruste gebildet hatte. Er musste das Überbleibsel einer riesigen Magmakammer sein - vom Boden bis zur Decke komplett mit flüssigem Gestein gefüllt. Das war deswegen sehr ungewöhnlich, als Magmareservoirs auf den meisten Planeten eine eher löchrige beziehungsweise schwammartige Struktur aufwiesen. Schmale Klüfte - teilweise nur Zentimeter bis Dezimeter dick, durch die der Gesteinsbrei gepresst wurde - völlig ungeeignet, um als späterer Konferenzort zu dienen. Auf Terra bildeten sich zwar bei einigen Eruptionsarten der Supervulkanklasse gewaltige Hohlräume - diese stürzten jedoch zum Ende der Eruption normalerweise in sich zusammen. Entweder war die Last des darüber liegenden Gesteins zu hoch oder der Gasdruck im Magmablaseninneren war so enorm, dass der Deckel weggesprengt wurde.

Hier aber hatte offensichtlich der enorme Wasserdruck verhindert, dass es zum Einsturz kam: Die im Magma gespeicherten Gase konnten nicht explodieren, sondern strömten effusiv ins Wasser. Und bildeten gleichzeitig die Grundlage für den Metabolismus unzähliger Lebensformen im Bereich der Meeresströmung, die durch das geologische Ereignis mit Nährstoffen angereichert war. Die Strömungsfahne erstreckte sich damals zur Zeit der Eruption über 20000 Kilometer und legte den Grundstein für eine faszinierende Blüte des Lebens.

„Vier Kilometer hoch, 16 Kilometer lang”, las Wahid an der Skalierung der Holographie ab.

„Und unzählige Kammern, Kavernen, und Gänge, die in alle Richtungen verlaufen - zehntausende, wenn nicht gar hunderttausende von Kilometern lang. Eine sehr komplexe Stadt - wahrscheinlich hochgradig organisiert. Die Bewohner hier müssen ein exzellentes Ortsgedächtnis haben, um sich in diesem Labyrinth zurecht zu finden. Beeindruckend”, bemerkte Nefud.

„Überall gibt es ausserdem noch reichlich Fumarolen- und Schwarze Raucher - Aktivität. Auch stark sulfidische Ablagerungen mit reichlich Bakterienwachstum sind alle paar hundert Meter festzustellen”, ergänzte Mouad. „Diese Orte würden bei uns wohl den Namen ,Restaurant’ tragen. Da diese Austrittsöffnungen unterschiedliche mineralische Zusammensetzung aufweisen, könnte man dies mit den verschiedenen Cuisines der Restaurants in Naroda vergleichen - kantonesische, sradogonersche, kroaxarische Küche. Hier gibt es vielleicht die arsensulfidischen, mangansulfatischen oder eisenchloridischen Geschmacksrichtungen.”

„Das ist zweifellos richtig. Denn auch in der Föderation gibt es schließlich unzählige Nahrungsmittel der anderen Rassen, die für Menschen ungenießbar oder sogar tödlich giftig sind. Dies ist hier kein so ungewöhnlicher Ort im Vergleich zu den bemerkenswert unterschiedlichen Ökosystemen im Föderationsraum”, stellte Professor Mansouri fest.

Allmählich füllte sich der Raum mit fremdartigen Geschöpfen. Die Gesandtschaft der Magellanschen Föderation hatte die Erlaubnis erhalten, den riesigen Raum schalltechnisch kontinuierlich zu sondieren. Fluideur Yoroquor hatte eingesehen, dass viele Vertreter der Föderation, auch Menschen, ein Bild von ihrem Gegenüber zur Kommunikationserleichterung benötigten.

Als die ersten Bilder der Sensorenscans eintrafen, fühlten sich die Profdessoren Mansouri und Bribire an die Kambrische Explosion vor ungefähr 500 Millionen Jahren auf der Erde erinnert. Sie glaubten, viele Geschöpfe auch schon auf Epsilon Eridani IV und dem Saphir gesehen zu haben. Eine unglaubliche Fülle verschiedener Körper aller Größen mit Mäulern, optischen Sensoren, Tentakeln, Flossen, Leucht- , Lichtsammelorganen...

Sie machten telepatisch, manchmal auch akkustisch, elektrisch oder elektromagnetisch Bekanntschaft mit ungezählten aquatischen Wesen aus allen möglichen Sternansammlungen der Lokalen Gruppe. Aber das war noch nicht alles. Das Fluidominion hatte sogar Kontakte zu noch viel weiter entfernt liegenden Galaxien des Virgo - Clusters aufgenommen.

Und Knud lauschte in den folgenden Monaten mit seinen Freunden den unzähligen Berichten aus der langen Evolutionsgeschichte dieses faszinierenden Staatswesens. Sie alle waren vollkommen überwältigt. Schließlich wurde sogar eine feste Botschaft auf Torquor mit einem Teleportationszugang errichtet, damit Gesandtschaften der Föderation nicht immer die mühselige und zeitraubende Anreise mit Unterwasserfahrzeugen hinnehmen mussten.

Gleichzeitig wurde über Torquor eine feste Orbitalstation errichtet, die es den Bewohnern des Fluidominion Borroquor mit optischen Sensoren ermöglichte, zum ersten Male überhaupt den freien Weltraum zu erblicken. Viele Teilnehmer der Konferenz auf Torquor brachen überdies zum ersten Mal in ihrem Leben zu Raumreisen auf. Sie bekamen erst jetzt überhaupt eine Vorstellung, wie riesig die Räume zwischen ihren Einzelwelten war. Aber es gab keine politischen Verwerfungen, keinen gesamtgesellschaftlichen Schock angesichts der völlig veränderten kosmischen Perspektive. Knapp zwei Jahre später nach Knuds Besuch auf Torquor wurden durch Ingenieure aus Föderation und Fluodominion leistungsstarke Raumschiffe entwickelt, die in der Lage waren, Wasserwesen - auch unter ihrem lebensnotwendigen enormen Druck und ihren extrem korrosiven Lebensbedingungen - über die großen Distanzen des Föderationsraumes zu transportieren.

In den folgenden Monaten setzten sich zugleich die Konsultationen an unzähligen Orten in der Föderation fort. Epsilon Eridani IV stellte sich als weiterer politischer Pfeiler des Fluidominion Borroquor heraus. Hier verfügte man über einen Großteil des angesammelten Wissens des Unterwasser - Staatenbundes. Auf diesem Planeten befand sich zugleich einer der zentralen Informationsknoten, um Daten zwischen den einzelnen Welten des aquatischen Bündnisses auszutauschen. Beide Seiten hatten ein sehr starkes Interesse, ihr Wissen miteinander zu teilen - es sogar zu verschmelzen. So wurde zum Beispiel die sehr gut entwickelte Raumtortechnologie auf alle Bereiche der Föderation ausgedehnt. Dadurch wurde es möglich, zwischen Planeten - sowohl auf aquatischem als auch aerischem Weg zu reisen.

Nur Orodon fand sich nicht unter den Nationen Borroquors, weil die Blurroggh und die anderen Subspezies dort den Weg des interstellaren Raumreisens gewählt hatten. Aber gleichzeitig wurde ein Jahrmillionen altes archäologisches Rätsel eines mysteriösen Bauwerks auf Orodon gelöst: Dieses entpuppte sich im Zuge der Konsultationen als antikes Raumtor, mit denen man andere Wasserwelten mühelos erreichen konnte. Aber dieses Wissen war auf irgend einem Weg verloren gegangen. Die Akademie der Wissenschaften auf Orodon ordnete daher intensive Recherchen an. Die Blurroggh waren fasziniert von der ausgeklügelten Technik, die es verhinderte, dass andere Wasserwelten durch das Einschleppen fremder Lebensformen kontaminiert wurden.

Selbst auf dem Saphir existierten zur allgemeinen Überraschung eine ganze Reihe von Raumtoren, die einen reibungslosen Austausch von Abgesandten zwischen den verschiedenen Aquawelten ermöglichten. Und erst jetzt wurde die Funktion einer alten Ruinenstadt an der Südküste des Südkontinents offenbart: Denn diese stellte sich als ehemaliges Verbindungsglied zwischen Land - und Wasserkultur auf dem Saphir heraus. Der gewaltige südliche Ozean des Saphirs beherbergte nämlich ebenfalls eine sehr weit entwickelte Zivilisation, deren Technologie an das Niveau der Föderation heranreichte.

Der Kurator 7 Neue Wege 8 Kornar V 9 Leerraum

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