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DAS TOR NACH ATLISDAL

VON CHRIS FORTUNE


KAPITEL 1 – DIE JAGD

(…)

Sie sind ihm auf den Fersen. Er hält die Hand auf die stechende Seite und spürt das warme Blut durch den Stoff sickern. Matts Atem geht keuchend, die Lunge brennt und er weiß, dass er ohne Pause nicht lange durchhalten wird. Dicht hinter sich hört er die Verfolger. Unter das gequetschte Kampfgeheul der Trolle haben sich Befehle in einer melodischen, fremdartigen Sprache gemischt. Zweige peitschen ihm ins Gesicht, als er sich durch das Dickicht kämpft. Seine Wildlederstiefel gleiten auf dem feuchten Waldboden immer wieder aus. Mit steifgefrorenen Fingern klammert er sich an Wurzeln, hievt sich steile Abhänge hoch. Wenn nur der verfluchte Regen nicht wäre. Jack wird sich fragen, warum er nicht zum Treffpunkt gekommen ist. Die Wahrheit wird er ihm kaum abnehmen, wenn sie sich wiedersehen. Falls sie sich je wiedersehen.

Ein Zischen ertönt dicht neben seinem rechten Ohr. Erschrocken hält er inne, als sich ihm ein stechender Schmerz in den Nacken bohrt. Nur weiterlaufen, denkt er. Nur weiter ... laufen. Die Beine gehorchen ihm kaum mehr, die Gedanken werden bizarr. Der Regen hört langsam auf und die Sonne schiebt sich durch die Wolken. Dennoch fröstelt ihn. Durch das Unterholz erspäht er eine Lichtung. Er traut seinen Augen nicht. Auf einem stattlichen Pferd reitet eine anmutige Frau mit langem, weißblondem Haar. Sie kommt in seine Richtung, doch er glaubt zu halluzinieren. Er kann sich nicht mehr auf den Beinen halten. Das Letzte, was er sieht, ist eine große Eiche, gegen deren Stamm er stolpert, bevor ihn die Dunkelheit umhüllt.

Das Plätschern eines Brunnens verfolgt ihn in seinen Träumen. Angenehm. Wie durstig er ist, merkt er, als er die trockene Zunge vom Gaumen löst. Ein Seufzer entfährt ihm. Kaum dringt der Wunsch nach Wasser in seinen Verstand, spürt er, wie jemand seinen Kopf anhebt und ihm ein Gefäß an die Lippen hält. Instinktiv trinkt er. Gierig umfassen seine Hände das tönerne Trinkgefäß. Das Gefühl weicher Haut unter seinen Fingern zwingt ihn, die Lider zu öffnen. Er blickt in die Augen einer jungen Frau, die über ihn gebeugt ist und ihn besorgt mustert. Ihre Iris ist fast durchscheinend blau und das feingeschnittene, blasse Gesicht ist von weißblondem Haar umrahmt. Sie ist das schönste Geschöpf, das er je gesehen hat. So schön, dass er vor Schreck die Augen wieder schließt. Das kann nicht die Realität sein. Ob er gestorben ist und ein Engel im Himmel ihn umsorgt? Er horcht in seinen Körper hinein. Die rechte Seite schmerzt und dies bringt ihn zu der Erkenntnis, dass er nicht tot sein kann. Im Himmel sollte es keinen Schmerz geben. Blinzelnd wagt er es, die Frau wieder anzuschauen. Sie lächelt ihn sanft an und sagt etwas in einer Sprache, die er nicht versteht, die jedoch verschwommene Erinnerungen auslöst. An einen Baum, einen Wald, eine Lichtung mit einer Frau auf einem Pferd und an unendliche Erschöpfung.

(...)

Island Sommer Liebe

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