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Kapitel 4 – Levi Was geschehen ist, ist geschehen.

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»Jetzt komm schon! Du schummelst!«, dröhnt Max’ laute Stimme aus dem kleinen Gemeinschaftsraum.

»Ich hab dich einfach plattgemacht!« Josh lacht ihn lauthals aus und ich stöhne auf, weil ich weiß, was jetzt kommt.

»Du blöder Sack!«

Als ich das Wohnzimmer betrete, hat sich Max bereits auf Josh geschmissen, dem vor Lachen die Tränen kommen. Josh, der so breit ist wie hoch, wird von Max, der immer noch jede seiner Rippen einzeln zählen kann, am Boden festgehalten.

»Es war diese dämliche Banane! Das ist nicht fair!« Max ist wutentbrannt, sein Kopf leuchtet so rot wie seine Haare.

»Leute, jetzt beruhigt euch! So kann kein Mensch in Ruhe packen – oder auch nur einen klaren Gedanken fassen. Lass ihn los, Max. Du weißt genau, dass man bei Mario Kart nicht schummeln kann.« Regelmäßig bereiten mir die zwei Kopfschmerzen.

»Kein Mensch kann so viele Bananen abwerfen!«, schreit Max und drückt Josh dabei ein letztes Mal nach unten, der vor Lachen einen Hustenanfall bekommt.

»Kein Mensch fährt so oft über die beschissenen Bananen drüber wie du!«

Josh liebt es, Max zu nerven und zu provozieren. Am Ende sind die beiden aber die besten Freunde. Weil sie, seit sie hier sind, mit dem gleichen Problem zu kämpfen haben. Mit sich selbst. So geht es jedem hier in Sankt Anna.

»Blödarsch«, flüstert Max noch leise, aber ein Lächeln zupft jetzt auch an seinen Lippen, als er sich wieder anständig aufrichtet. Sie sitzen im Schneidersitz vor dem Fernseher und verdammt, jetzt richten sie ihre Blicke auf mich.

»Bist du etwa schon am Packen?« Max runzelt die Stirn und Josh kneift die Augen zusammen. Super. Wirklich.

»Dir ist klar, dass das Camp erst in zwei Wochen losgeht?«

»Danke, Josh! Danke! Ohne dich wäre ich verloren.« Ich verschränke die Arme vor der Brust.

»Das war Ironie, oder? Ich bin mir gerade unsicher. Du sendest zweideutige Signale.«

»Ja, verdammt, das war es! Ich weiß, wann es losgeht. Ich habe einfach gerade nichts zu tun, okay?«

»Kein Grund, gleich wütend zu werden.« Josh hebt abwehrend die Arme, während Max den Kopf einzieht. Ich atme ein, seufze leicht.

»Sorry, Jungs. Ich hab es nicht so gemeint.«

Beide nicken, aber Josh blickt mich dabei so intensiv an, dass ich eine Gänsehaut bekomme. Das Thema Camp ist eigentlich tabu. Immer – außer, wenn es losgeht. Dann kann es mir nicht schnell genug gehen. Es ist verrückt.

Ohne ein weiteres Wort drehe ich mich um und gehe in mein Zimmer. Dieses Mal schließe ich die Tür und überlasse die zwei ihrem Mario Kart-Schicksal.

Es sind noch zwei Wochen. Ich weiß das! Ich weiß auch, warum ich schon packe, ich will es nur nicht wahrhaben. Mit den Händen in den Taschen meiner zerfetzten Jeans lehne ich mich an die dünne Holztür des Zimmers und sehe mich um. Vor ungefähr sechs Jahren habe ich diesen Ort mehr gehasst als alles andere auf der Welt – und jetzt? Jetzt habe ich Angst davor, ihn zu verlassen. Sogar an das kleine Bett und die bescheuerte schräge Wand darüber, an der ich mir regelmäßig meinen Kopf stoße, habe ich mich gewöhnt. An den kalten Boden, das kleine Fenster, an zu wenig Platz, an mein persönliches Chaos. Weil es mir gehört.

Fluchend setze ich mich in Bewegung und schmeiße alle Klamotten wieder aus der Reisetasche. Sie landen auf dem Boden, ebenso wie meine Kopfhörer. Die leere Tasche pfeffere ich in Richtung Schrank und die Sachen auf dem Boden trete ich zur Seite.

Am liebsten würde ich schreien. Aber wenn ich heute damit anfange, bin ich mir nicht sicher, ob ich je wieder damit aufhöre. Was macht man, wenn man endlich ein Zuhause gefunden hat, an einem Ort, an dem man nie sein wollte? Was passiert, wenn der Ort, von dem du am schnellsten wegwolltest, jetzt der ist, an dem du bleiben willst?

Was, wenn man nichts daran ändern kann?

Die Stille meiner Worte

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