Читать книгу Der Tag, der nie war... 2. Auflage - Aynara Garcia - Страница 10

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Mama, da sind Leute im Zimmer!

Im Alter von etwa 2 ½ bis 3 Jahren hatte ich ein Erlebnis, das mich jahrelang begleitete. Es gehört, wie so vieles andere, zu dem großen Bild, das sich für mich erst 35 Jahre später so richtig aufklärte…

Ich stand in einem kleinen Gitterbett im Schlafzimmer meiner Eltern. Es war noch nicht sehr spät. Ich war wieder mal nicht müde und vertrieb mir die Zeit mit dem Betrachten des in grün gedämpftes Licht getauchten Schlafzimmers. Während ich so vor mich hinstarrte, sah ich plötzlich leicht weiß durchscheinende Menschen durch das Zimmer laufen, wie beim Spazierengehen. Drei Männer und eine hagere Frau. Ich kannte niemanden von ihnen. Sie schienen in ihrer eigenen Welt unterwegs zu sein und beachteten mich nicht. Ein Pärchen lief an mir vorbei. Sie liefen an mir vorbei durch die Wände.

Weiter entfernt vor dem hellen Holzschrank sah ich einen Mann. Und während ich ihn betrachtete, bildete sich eine Wiese. Ein Mann mit strubbeligem Haar, wie Albert Einstein mit Stock und Pfeife, lief über die Wiese. Ich betrachtete ihn neugierig und plötzlich veränderte sich das Bild. Die Wiese wurde grün und seine Kleider farbig, als würde ich nun durch ein Fenster schauen. Da bemerkte er mich. Er zeigte lachend mit seiner Pfeife auf mich.

„Mama! Mama!!!“ rief ich aufgeregt nach meiner Mutter. „Da sind Leute im Zimmer!“ Es dauerte einen Moment. Aber als sie die Tür öffnete und ich meinen Blick abwendete, verschwanden die Szenen. Ich drehte mich zur Tür und sagte ihr: „Da laufen Leute durch das Zimmer!“ Meine Mutter legte mich ins Bett. „Du hast nur geträumt“, sagte sie. Ich konnte nicht so recht verstehen, was sie damit meinte. Sie deckte mich zu und verließ das Zimmer.

Wieder lag ich da und nach einer Weile tauchten die Leute wieder auf. Ich versuchte, bei dem ganzen Verkehr zu schlafen. Dieses Mal blieb ich liegen. Schließlich machten sie sonst keine Geräusche und schienen mich ja gar nicht zu sehen, wenn ich sie nicht beachtete.

Ich schloss die Augen halb, als plötzlich einer der Vorbeilaufenden, ein hagerer Mann mit Dreitagebart, mit einem Messer in der Hand herabschoss, als wollte er es in meinen Brustkorb rammen. Jetzt wieder hellwach, stellte ich mich vor Schreck wieder im Bett auf.

Die Leute liefen weiter. Ich brüllte wieder wie am Spieß nach meiner Mutter. Sie kam und ignorierte meine Hinweise, dass da ein Mann war, der mich angreifen wollte. Sie legte mich wieder ins Bett. „Du hast einen Alptraum gehabt. Schlaf jetzt. Es ist alles gut“, sagte sie. „Was ist ein Alptraum, Mama?“

Sie antwortete: „Ein böser Traum.“

Da fragte ich: „Was ist ein böser Traum?“ und sie sagte: „Das passiert, wenn du schläfst.“

Ich erwiderte: „Aber ich hab nicht geschlafen. Was ist denn ein Traum?“ „Schlaf jetzt“ , sagte sie und verließ das Zimmer.

Ich verstand immer noch nicht recht, was ein Alptraum war, ich verstand nur, dass ich offenbar einen hatte.

Schwitzend lag ich nun im Bett und kniff die Augen zu. Um mich herum war wieder Jahrmarkt. So viele Menschen, die um mein Bettchen herumliefen.

Ich versuchte, die Augen geschlossen zu halten und erklärte in einem sich wiederholenden Mantra „Ich will keine Alpträume mehr haben, ich will keine Alpträume mehr haben.“ Irgendwann antwortete eine Stimme und fragte: „Willst Du das wirklich?“ Ich antwortete: „Ja bitte, ich will keine Alpträume mehr haben.“

„Gut, so soll es sein“, antwortete die Stimme. Die Menschen verschwanden und ich schlief endlich ein.

Einige Tage später

Meine Mutter besuchte ihre Freundin Margit. Sie hatte einen Sohn in meinem Alter. Immer, wenn sie sich trafen, spielten wir zusammen. Ich erzählte Torsten von den Leuten im Schlafzimmer und dass meine Mutter nicht so recht auf die Menschen reagiert hatte. Da sagte Torsten zu mir: „Ja, aber echt! Bei mir laufen nachts auch immer so komische Leute rum. Das scheint meine Eltern gar nicht zu stören!“

Im Alter zwischen 5 - 6

Ich erwachte im Bett meiner Eltern. Ich schielte über die Schulter meiner Mutter. Die grünen Ziffern des Weckers zeigten 3.00 Uhr nachts und ich war wieder hellwach. Der Wecker erleuchtete das Schlafzimmer in einem hellen Grün und machte es einfach, den großen hellen Kleiderschrank zu betrachten. Während ich da so lag, fiel mir meine Tante ein. Sie war nur wenige Jahre älter als ich und passte manchmal auf mich auf. Sie hatte mich schon mehrfach gefragt, ob ich schon einmal versucht hätte, nichts zu denken. Ich hatte es zwischenzeitlich wieder vergessen.

Aber in dieser Nacht hatte ich sowieso nichts vor, also fixierte ich den Schrank und versuchte, jeden aufkommenden Gedanken durch die Konzentration auf den Schrank zu unterdrücken. Nach einer Weile hatte ich das Gefühl zu schweben. In dem Schwebezustand fixierte ich weiter den Schrank und registrierte die Maserung des Holzes. Ich fokussierte die Maserung und hatte das Gefühl, mich dadurch auf den Schrank zuzubewegen. Ich bewegte mich weiter darauf zu und plötzlich wurde der Schrank durch eine helle weiße Welt ersetzt.

Wabernde Wolken schienen sich endlos um mich herumzubewegen, mit seltsamen hellgrauen Blasen. Ich experimentierte, bewegte mich wieder ein Stück zurück und sah auf den Schrank. Dann bewegte ich mich erneut vor und befand mich wieder in den weißen Nebelschwaden. Da kam ein Mann vorbei.

„Warst Du schon da drüben auf der anderen Seite? Da ist es viel schöner als hier.“

„Nein“, sagte ich.

„Wie heißt Du denn?“

„Aynara.“

„Ich kann Dich führen, wenn Du willst. Ich zeige Dir, was man hier alles machen kann. Ich werde Dich beschützen und immer bei dir sein.“

„Ja“, sagte ich.

„Du kannst überall hingehen. Da drüben ist es viel interessanter, als hier. Komm, folge mir!“

Er ging in einer rasenden Geschwindigkeit. Ich versuchte ihm zu folgen und verlor ihn im Nebel.

Ich hörte ihn rufen. Aber ich fand ihn nicht mehr. Irgendwann ging ich aus dem Nebel heraus. Viele Nächte wurde ich nachts wach und begab mich aus Neugier wieder in den Nebel. Es fiel mir immer leichter. Aber immer, wenn ich dort ankam, war die Stimme wieder da, die mich rief.

Eines Nachmittags saß ich wie so oft mit meiner Tante zusammen bei meiner Oma. Ich erzählte ihr, dass da zu Hause ein Mann war, der mich ärgerte.

„Wo war der Mann?“, wollte sie interessiert wissen.

„Nachts im Schlafzimmer.“

„Dein Papa?“

„Nein, nicht mein Papa!! Ein Mann! Den kenne ich nicht!“

Da wurde sie still und reagierte nicht mehr so recht.

Sie sagte: „Frag doch mal Deine Mama.“

Als ich dann von meiner Mutter abgeholt wurde, versuchte ich es erneut. Ich bat sie, den Mann fortzuschicken. Ich sagte ihr, da sei nachts immer ein Mann, der mich ärgert. Aber sie schaute mich nur verständnislos an und reagierte nicht auf das, was ich sagte. Jeder, den ich um Hilfe bat, schaute mich nur verständnislos an und antwortete nicht.

Da erkannte ich verzweifelt, dass mir niemand helfen konnte und niemand verstand, wovon ich redete. Es sollte für lange Zeit das letzte Mal sein, dass ich offen darüber gesprochen hatte.

Es gelang mir mittlerweile sehr einfach, meinen Körper zu verlassen und dort hineinzugleiten. Irgendwann hörte ich auf, diese Ebene zu besuchen und kämpfte schweißgebadet dagegen an, bis ich nicht mehr dort hineinglitt. Ich blockierte nun nach Möglichkeit jede sensitive Wahrnehmung, denn ich fühlte seine Anwesenheit und seine nun auf mich angsteinflößend wirkende Präsenz.

Ab diesem Zeitpunkt konnte ich nur bei Licht beruhigt einschlafen, wenn ich alleine war oder in einer fremden Umgebung Manchmal las ich deswegen die ganze Nacht in einem Buch.

Der Tag, der nie war... 2. Auflage

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