Читать книгу Der Tag, der nie war... 2. Auflage - Aynara Garcia - Страница 6

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Ich bin nicht tot!

An diesem Tag startete ich mit Freunden eine Urlaubsreise nach Schottland. Ich hatte eine neue Beziehung und er hatte überlegt, sich anzuschließen, aber er meldete sich nicht und so starteten wir ohne ihn. Ich fühlte nur etwas Komisches, das ich jedoch ignorierte. Sensitive Wahrnehmung kann mitunter sehr subtil sein. Vor allem, wenn man sich darauf ausgerichtet hat, gegen diese Impulse zu arbeiten.

2 Wochen später

Unsere Schottlandreise neigte sich dem Ende zu. Wir befanden uns am Hafen und warteten auf den Einstieg in die Fähre, die uns für die Nacht nach Amsterdam bringen sollte. Ich rief meine Mutter an, um ihr zu erzählen, dass wir bald auf die Fähre gehen würden. An ihrer Stimme hörte ich, dass etwas nicht stimmte. Zögernd erzählte sie mir von seinem Unfall.

Mir stockte der Atem. Meine Gedanken rasten, während ich versuchte zu realisieren, dass ich ihn nun endgültig verloren hatte. Mein Blick trübte sich und bald kniete ich weinend im Gras.

In solchen Situationen fühle ich mich immer besonders empfindlich. Wie eine Antenne auf Überspannung. Ich hatte vor diesem Tag oft das Gefühl, es sei jemand im Raum und konnte bei früheren Todesfällen in ähnlichen Situationen oft nur mit eingeschaltetem Licht schlafen.

Dieses Mal ging das nicht. Mein Freund und ich würden im Schiff unser Zimmer mit zwei anderen Freunden aus der Reisegruppe teilen und ich konnte niemandem zumuten, bei eingeschaltetem Licht zu schlafen. Mir graute vor der Nacht.

Die Nacht kam und es kam der Moment, in dem sich das Schiff leerte. Die Fähre fuhr ruhig auf dem Meer. Mein Freund und die anderen wollten schlafen gehen. Alle Läden hatten geschlossen und das geschäftige Treiben auf dem Schiff wich leeren und beleuchteten, stillen Gängen. Ich fühlte mich zusehends wie ein Tiger in einer Sardinenbüchse. Aber für eine einsame Tour durch das Schiff hatte ich keinen Bedarf. Und so begleitete ich die anderen widerwillig in unser Zimmer.

Das Licht wurde ausgeschaltet und ich legte mich neben meinen Freund ins Bett.

Meine Gedanken rasten und kreisten um den verlorenen Freund. Ich lag mit einem Kribbeln in meinem Rücken zur Ausgangstür. Die Spannung war unerträglich und ich lag steif im Bett. Nach einer Weile fiel ich trotz rasender Gedanken in einen Halbschlaf. Aber sobald ich mich der Schwelle zum Traum näherte, sah ich plötzlich den Raum, als hätte ich die Augen nicht geschlossen.

Es war dunkel und das Zimmer war nur durch ein Notlicht über der Tür erhellt. Ich drehte mich um, so dass mein Gesicht Richtung Tür schaute und schloss erneut meine Augen. Augenblicklich sah ich immer noch den Raum. Unter dem Notlicht vor der Tür stand eine dunkle Gestalt, deren Umrisse ich nur durch das schwache Licht erkennen konnte.

Erschrocken öffnete ich die Augen. Kalter Schweiß trat mir durch die Poren. Aber niemand war zu sehen. Ich wusste sofort, dass diese dunkle Gestalt Kj war. Aber die Elektrizität im Raum war unerträglich.

Ich schloss wieder meine Augenlider. Sofort war es so, als hätte ich die Augen nicht geschlossen und sah wieder die Gestalt unter der Tür stehen.

Ich wälzte mich einige Stunden im Bett, bis ich schließlich aufgab. Ich stand auf, verließ das Zimmer und betrat den Gang. Meine Armbanduhr zeigte zwei Uhr früh morgens. Hinter mir öffnete sich erneut die Tür. Mein Freund trat auf den Gang.

„Ich kann nicht schlafen“, sagte ich, „ich will durch das Schiff laufen.“

Er sagte nichts und begleitete mich. Egal wo ich hinging, die Spannung verfolgte mich. Die Einsamkeit auf dem Schiff machte die Ablenkung davon fast unmöglich. Wir liefen schweigend durch die Gänge. Niemand von uns, sagte ein Wort.

Irgendwann musste ich auf Toilette gehen. Ich öffnete die Tür und sah zögernd in den hell erleuchteten, viel zu still wirkenden Raum, den ich alleine betreten würde… ein mulmiges Gefühl machte sich breit. Es blieb mir nichts anderes übrig. Ich gab mir einen Ruck, betrat den Raum und hinter mir fiel die Tür zu. Mein Freund blieb draußen.

Die Spannung um mich herum schien zu steigen und war nun unerträglich, so dass ich fast rückwärts wieder aus dem WC fliehen wollte. In meinem Kopf schrie es förmlich:

„Ich bin nicht tot!“ Aber es half alles nichts, also gab ich mir erneut einen Ruck und ging auf Toilette. Als ich die Tür der Kabine schloss, intensivierte sich die Spannung im Raum weiter und in meinem Kopf gellte immer wieder der gleiche Satz: „Ich bin nicht tot, ich bin nicht weg, ich bin noch hier!“ Ohne weiter darüber nachzudenken, brüllte ich fast:

„Kj, ich weiß, dass du noch da bist, aber bitte verschwinde und lass mich in Ruhe!“

Augenblicklich ließ die Spannung nach und ich fühlte, dass er weg war. Sofort tat es mir leid und ich bedauerte, dass ich ihn einfach so weggeschickt hatte.

Ich verließ die Toilette und betrat den Gang, wo mein Freund auf mich wartete. Ich war es gewohnt, über das, was ich sah oder hörte, zu schweigen und dachte keine Sekunde darüber nach, meinem Freund davon zu erzählen. Wir hatten die ganzen Stunden kein Wort gesagt. Und so liefen wir weiter schweigend durch das Schiff, bis mir irgendwann die Füße wehtaten. An einem kleinen Tisch ließen wir uns nieder und starrten vor uns hin. Plötzlich sagte mein Freund: „Ich konnte gar nicht schlafen. Ich habe dauernd gedacht, da steht jemand an der Tür.“

Der Tag, der nie war... 2. Auflage

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