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3. Mitfreude (muditā)

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Sie ist das beste Gegenmittel gegen Depressionen. Wer oft depressiv oder missgestimmt ist, leidet in Wahrheit nur an der Unfähigkeit zur Mitfreude. Aber wir neigen ja dazu, den Grund für unser Leiden in den Umständen zu suchen, die uns entweder zustoßen oder mangeln. Natürlich wäre es töricht zu erwarten, dass wir selber pausenlos Erfreuliches erleben. Aber jeder kennt genügend Menschen oder hat die Chance, welche kennen zu lernen, mit den heutigen Kommunikationssystemen sogar weltweit, denen irgendetwas Freudiges widerfahren ist. Auch hier: Wenn wir die Grenzen fallen lassen zwischen uns und anderen und uns als Teil eines Ganzen fühlen, können wir, wie des anderen Leid, auch seine Freude als unsere eigene empfinden. Das verkleinert unser Ego.

In Nordostthailand besuchte ich einmal ein kleines Dorf; an dessen Tempel ist eine besondere Glocke angebracht, die nur geläutet wird, wenn einer im Dorf etwas Erfreuliches erlebt hat, zum Beispiel eine gute Ernte, die Geburt eines Kindes, ein günstiges Geschäft, einer hat sein Dach neu gedeckt. Was immer es sein mag, worüber sich einer freut: Er geht diese Glocke läuten. Und alle Bewohner – es ist ein sehr kleines Dorf, jeder kann die Glocke hören – kommen aus ihren Häusern und sagen sādhu! sādhu! sādhu! das heißt gut gemacht! Derjenige, der die Glocke geläutet hat, hat gutes Karma gemacht, weil er den anderen Grund zur Mitfreude bot. Und die, die sādhu rufen, haben gleichfalls gutes Karma gemacht, weil sie sich mit ihm gefreut haben. Das ganze Dorf hat also Anteil an dem Glück, das einem von ihnen zufällt.

Hierzulande gibt es solche Glocken nicht. Wir müssen unsere eigenen Glocken läuten: uns erinnern. Und das ist auch die Funktion eines Lehrers: zu erinnern. Alles, was ich sage, weiß man sowieso; wäre dieses Wissen nicht in uns, stünde es uns so fern wie zum Beispiel eine Fremdsprache, die zu erlernen uns zu schwer vorkommt. Die Herzenssprache ist keine Fremdsprache. Die Herzenssprache ist jedem eigen, jeder kann sie verstehen, ganz gleich, welche andere Sprache er spricht. Aber wir müssen erinnert werden. In der Hitze des Gefechts vergessen wir immer all das, was wirklich wichtig ist. Weil wir nicht genügend Achtsamkeit haben. Achtsam sein heißt nicht nur, auf sich selber aufzupassen, sondern auch zu verstehen, was man mit sich anfangen soll.

Der ferne Feind der Mitfreude ist Neid; der nahe Feind Heuchelei. Sie ist üblich in unserer Gesellschaft. Wir sagen nicht immer, was wir denken, und bilden uns noch ein, wir seien glaubwürdig, der andere merke es nicht. Der merkt es sehr wohl! Man erkennt nämlich die Schwingungen, die einer »sendet«. Man muss es uns nicht eigens sagen, wir erfassen sofort, wenn jemand wütend ins Zimmer kommt; wir spüren, ob einer liebevoll neben uns sitzt oder ständig auf einem Ärger rumkaut. Nicht nur für andere, auch für uns selber ist unsere Heuchelei durchsichtig, wenn wir es nur wissen wollen; wir ertappen uns dann selber bei einer Lüge – wieder einmal waren wir nicht zuverlässig.

Nehmen wir einmal an, unser Nachbar habe den Hauptgewinn in der Lotterie gewonnen. Wir gehen ihm gratulieren, das gehört sich schließlich. Wir kommen an seiner Garage vorbei – zwei Mercedes und ein Boot, Donnerwetter! Kaum öffnet unser Nachbar die Wohnungstür, stechen uns nagelneue Möbel und kostbare Teppiche in die Augen. Neid steigt auf: »Der braucht das viele Geld doch gar nicht! Warum passiert mir sowas nie?« Dabei schütteln wir ihm die Hand und gratulieren ihm »herzlich« zu seinem großen Glück.

Ein Elefantentrainer klagte einmal dem Buddha: Wenn er es mit Elefanten zu tun habe, wisse er genau, was die vorhaben. Die Menschen aber, mit denen er es zu tun habe, machten das Gegenteil dessen, was sie sagen.

Der Buddha gab ihm Recht: »Der Elefant lebt körperlich im Dschungel, aber der Mensch lebt im geistigen Dschungel.«

Buddha ohne Geheimnis

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