Читать книгу Das Palmölsyndikat - Barbara Hainacher - Страница 11
9. Kapitel Genf – April 2025
ОглавлениеBevor er das Sprechzimmer betrat, um seinen letzten Patienten an diesem Tag zu untersuchen, hielt Dr. Trever Mac Shirley inne und blickte aus dem Fenster seiner Arztpraxis, um die Stimmung dieses Spätnachmittags auf sich wirken zu lassen. Zarte Schneeflocken rieselten in weißer Pracht vor seinem Fenster. Für einen Apriltag war es viel zu kühl. Draußen spielten Kinder, eingehüllt in dicke Jacken und Mützen. Sie versuchten, ein Iglu zu bauen. Der Schnee war hart. Es hatte in den letzten Tagen so viel geschneit, dass er dicht gepresst aufeinander lag. Ein schwieriges Unterfangen, fand Mac Shirley. Er grinste und musste an Uta denken. Wollte sie vielleicht ein Kind von ihm? Aber er war zu alt. Er war schließlich fünfzehn Jahre älter als sie. An der Türe klopfte es leise. Eine blonde adrette Frau in weißem Kittel sagte lächelnd: <Der ältere Herr wartet noch immer auf seine Untersuchung, Dr. Mac Shirley. Er scheint etwas in Eile zu sein.> Er drehte sich um und erwiderte ihr Lächeln. <Ja, danke Anja, einen Augenblick noch.> Der Arzt blickte noch einmal aus dem Fenster, dann begab er sich nach draußen ins Vorzimmer. Er blickte zur Uhr, die über dem Empfang hing. Hoffentlich würde die Untersuchung nicht zu lange dauern. Uta wollte um dreizehn Uhr zu ihm kommen, jetzt war es kurz vor zwölf Uhr.
Mac Shirley nahm die Akte des Mannes, die Anja ihm bereits zurechtgelegt hatte. Joseph Kinnley. Der Name sagte ihm nichts. Im Krankenblatt stand nichts, weder sein Alter noch seine Herkunft. Er wollte gerade Anja fragen, doch die schüttelte nur den Kopf. <Er wollte keine Angaben machen. Ich habe ihm gesagt, dass er erst alles ausfüllen muss. Aber er hat mir nur stumm das Formular überreicht und sah mich ganz seltsam an.> Der Arzt schüttelte den Kopf und ging in sein Büro. <Schicken Sie ihn herein!> sagte er seufzend. Anja würde die Formalitäten später mit dem Fremden ausfüllen. Jetzt wollte er ihn zuerst untersuchen. <Herr Kinnley, richtig?> fragte Mac Shirley den fremdländisch aussehenden Mann. <Ja, ich komme gleich zur Sache. Ich leide an keiner Krankheit. Ich arbeite bei Lochley & Lochley. Wie Sie wissen, wurde schon wieder ein großer Teil des brasilianischen Regenwaldes abgeholzt. Wir brauchen Sie. Die Zeit ist gekommen.> Das konnte doch nicht sein! Warum kam er zu ihm? Er war nicht mehr bei der Einheit, überlegte Trever angespannt.
Bevor er sich als Arzt profilierte, arbeitete er bei Lochley & Lochley, einer amerikanischen Firma mit Sitz in Genf, die sich auf die Herstellung von biologischem Dünger, Pflanzenschutzmittel und biochemischen Waffen spezialisiert hatte. Das Büro umfasste zehn Mitarbeiter. Sie arbeiteten für den Präsidenten der Vereinigten Staaten. Die Firma war nur eine Tarnung, der biologische Dünger und die Pflanzenschutzmittel waren nur zur Täuschung. Diese Firma war eine Spezialeinheit des Präsidenten.
Das Labor lag in Genf, aber sie hatten auch mobile Speziallabors in Afrika und anderen Ländern zur Verfügung. Unter den strengsten Geheimhaltungsvorschriften versteht sich. Die Bedingungen dort waren sehr gut, um die Viren an außergewöhnlichen Umweltsituationen zu testen.
Trever forschte an einem speziellen Virus, der die todbringendste Seuche hervorrief, die die Menschheit je erlebt hatte. Genauer gesagt war dieser biochemische Kampfstoff nur für den Notfall entwickelt worden, für den Krieg gegen das Palmölsyndikat. Es ging um die letzten Urwälder und Rohstoffe der Erde. Verbrechersyndikate hatten es auf die letzten wertvollen Bäume und auf die fruchtbaren Gebiete abgesehen, auf denen Palmöl wie Unkraut wuchs.
Diese Kriege mit biochemischen Waffen dienten nur zur Vernichtung des Syndikats und dem Erhalt der Weltordnung. Die Ressourcen gingen allmählich dem Ende zu und das auf der ganzen Welt. Die Menschheit war gewachsen und benötigte immer mehr. Strom, Nahrung, Wasser und Edelmetalle zur Herstellung von Computer und Handys.
Als Präsident von Amerika fühlte sich Gordon Howard genau wie sein Vorgänger für die gerechte Verteilung der Ressourcen auf der Welt zuständig. Die USA war immer schon die Weltpolizei, also auch für die verbliebenen Ressourcen und die gerechte Aufteilung verantwortlich. Irgendjemand musste sich ja darum kümmern.
Das Wachstum der Weltbevölkerung sowie die zunehmende Industrialisierung der Schwellenländer und deren immer höher werdender Lebensstandard zwangen Wirtschaft und Politik, die Nachfrage nach Erdöl und Edelmetallen zu befriedigen. Ein großer Kreis von einigen Leuten aus der Politik und der Wirtschaft Europas, aber auch der wachsenden Schwellenländer schlossen sich mit den Verbrechersyndikaten zusammen, um die letzten Rohstoffe und Urwälder für sich zu gewinnen. Somit konnten sie am Markt dominieren und hätten so alle Macht der Welt in Händen.
Und da nun bald keine Rohstoffe mehr vorhanden waren, war das nun eingetreten, was schwere Folgen haben würde. Der Kampf um die wenigen fossilen Brennstoffe und die letzten Urwälder, die noch verblieben waren, hatte begonnen. Wasser und Nahrungsmittel würden in den kommenden Jahren ein weiteres Problem darstellen.
Genau aus diesem Grund hatten die USA eine geheime Organisation mit dem Namen „Firungo“ zum Schutz der letzten Regenwälder, der fossilen Brennstoffe und der übrigen Ressourcen gegründet, um alles Verbliebene zu schützen und für die gerechte Verteilung zu sorgen. Mit dem Polar Orbit Dichtescanner konnten sie anhand von fünf vernetzten Satelliten geologische Abweichungen, das Abschmelzen der Polareiskappen, das Auffinden fossiler Brennstoffreserven und den Bestand der letzten Urwälder der Erde genau bestimmen. Und mit diesen Mitteln konnten sie sich einen Überblick über das Weltgeschehen zu jedem Zeitpunkt machen. In den letzten Monaten wurde wieder Urwald in Brasilien abgeholzt, die Verfärbungen konnte man deutlich auf den Monitoren mitverfolgen. Nur mehr einige vereinzelte Bäume waren übrig geblieben.
Vor allem die Urwälder lagen Trever persönlich sehr am Herzen. Deshalb war er auch auf das Angebot des Präsidenten vor Jahren, als er noch jung war, eingegangen und hatte in jahrelanger Arbeit einen Kampfstoff entwickelt, um diese Syndikate zu bekämpfen, deren einziges Ziel es war, auszubeuten und einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen, ohne Rücksicht auf Verluste.
Der Virus war nicht gerade die feinste Art der Kriegsführung, aber die wirksamste, wenn es um Verbrechersyndikate wie diese ging. Trever wusste, dass der Präsident nur im äußersten Fall zu solchen Mitteln greifen würde.
Die Menschen, die für diese Syndikate arbeiteten, hatten keine Skrupel. Sie waren Todesschwadronen. Deshalb wollte die Organisation auf alles vorbereitet sein. Zu viele Menschen waren schon durch die Hand der Syndikate gestorben.
Doch Trever war es leid, mit tödlichen Viren zu arbeiten. Dieser Virus hatte den Namen Firungo und war so todbringend, dass mindestens die halbe Weltbevölkerung sterben konnte. Aber sie hatten den Virus so manipuliert, dass sich nur Menschen durch direkten Kontakt mit dem Kranken oder Toten anstecken konnten. Falls ein Verbrechersyndikat Leute ausschickte, um Tropenhölzer in entlegenen Regionen zu schlagen, konnten sie den Virus gezielt bei diesen Leuten einsetzen. Diese Menschen würden sterben. Das Virus war so todbringend, die Inkubationszeit kurz, dass nur die am Abholzen beteiligten Männer sterben würden. Da diese Gebiete so abgelegen waren, würde sonst kein Kontakt mit der restlichen Bevölkerung stattfinden. Die Männer wären in kürzester Zeit tot. Die Organisation würde hinfliegen und die Toten so schnell wie möglich verbrennen, damit sich das Virus nicht ausbreiten konnte. Alles war perfekt organisiert. Somit würde das Virus nur diejenigen dahinraffen, die an der Abholzung beteiligt wären und wenn sie Glück hatten, deren Auftraggeber. Andere Glücksritter, die leicht für solche Arbeiten anzuheuern waren, würde das plötzliche Verschwinden der Männer im Wald abschrecken. Das Syndikat würde niemanden mehr finden, der ihnen die Tropenbäume fällen würde, so hoffte der Präsident.
Trever hatte sich aber gegen diesen Virus entschieden. Er wollte den Menschen lieber helfen, als sie zu vernichten. Deshalb spezialisierte er sich auf TCM, die traditionelle chinesische Medizin. Seine Praxis errichtete er nach den neuesten Standards, so energiesparsam wie möglich. Er war Umweltaktivist. So spendete er immer wieder viel Geld für die Wiederaufforstung verschiedener Tropenbäume in Uganda und anderen afrikanischen Ländern. Auf diese Weise wollte er seinem eigenen CO2-Ausstoß entgegenwirken. Leider wurden auch diese Bäume vom Syndikat abgeholzt. Und nun kam die Organisation auf ihn zurück.
<Warum ich?> fragte Trever gequält. Er hatte mit dem Präsidenten vor Jahren nach einer langen Aussprache eine Vereinbarung getroffen, dass er nur unter der Voraussetzung strengster Geheimhaltung ein neues Leben beginnen könne und dass er weder für eine andere Gesellschaft noch für ein anderes Land seine Fähigkeiten, einen Virus zu entwickeln, einsetzen dürfe. Der Präsident hatte Trevers neuem Leben nur mit äußerster Skepsis zugestimmt.
<Weil Sie eine Koryphäe auf dem Gebiet sind und den Virus entwickelt haben. Wir brauchen Sie. Der Befehl kommt von ganz oben.> sagte der Mann mit eisernem Gesichtsausdruck. <Sie sind nun mal die erste Wahl des Präsidenten.> <Ich brauche Bedenkzeit.> Der Arzt machte auf dem Absatz kehrt und hielt dem Fremden die Türe auf. <Morgen komme ich wieder!> entgegnete der Mann und ging schnurstracks auf den Ausgang zu. Anja rief ihm nach, er möge das Formular noch ausfüllen, aber der Arzt machte eine beschwichtigende Handbewegung. <Ist schon gut. Ich habe seinen Namen.> Dann ging er zurück in sein Büro und rief Anja noch zu: <Bitte sperren Sie ab. Ich gehe gleich bei der Vordertüre raus.> Anja überlegte noch, wer der seltsame Mann war. Ihr Chef ließ nie jemanden gehen, der das Formular nicht genauestens ausgefüllt hatte. Wie seltsam! Wer war dieser Fremde? Und was hatte ihr Chef mit dem zu schaffen?
Trever verließ seine Praxis durch die Vordertüre. Er hegte den Gedanken, schnurstracks nach Hause zu gehen, doch dann besann er sich eines Besseren. Es war noch Zeit. Er ging zu den Kindern und half ihnen den Iglu zu bauen. Nach einer halben Stunde war er körperlich ausgepowert. Schön langsam beim Heimgehen konnte er seine Gedanken wieder klar formulieren. Durch den Schnee stapfend ging er die Optionen durch. Hatte er überhaupt eine Wahl? Schließlich war es mehr oder weniger ein Befehl des neuen Präsidenten. Der alte Präsident, für den er gearbeitet hatte, hatte dem neuen Präsidenten das Amt übergeben. Nun kümmerte er sich um die letzten Urwälder und die anderen Ressourcen. Andererseits war er nicht mehr bei der Organisation! In diesem Moment wünschte er, er könnte Uta alles erzählen! Sie würde sicher dagegen sein, dass er den Virus freisetzte. Leider durfte er mit niemandem darüber sprechen.
Uta Fedderson betrat das Anwesen von Trever Mac Shirley durch ein schmiedeeisernes Tor. Sie schritt die Allee, die zu dem Anwesen führte, hinauf. Das große Haus mit dem mehreren Hektar umfassenden Garten stand in einem Vorort von Genf auf einem Hügel und gehörte zur nobelsten Villengegend, die die Stadt zu bieten hatte. Die Baumallee leuchtete in der Mittagssonne. Der riesige Garten schloss an die Allee an und erstreckte sich rund um das Haus. Er war mit vielen exotischen Bäumen und Pflanzenarten gesäumt, die dem Garten geradezu ein tropisches Flair verliehen. Nachdem Uta den Garten durch eine Glastüre, zu der sie den Schlüssel besaß, betreten hatte, liefen ihr schon mehrere Perlhühner entgegen.
Die Wintergarten-Umrandung spannte sich über den ganzen Garten wie ein Spinnennetz und bot bei Sonnenschein ein geradezu tropisches Klima. Die Anlage sah aus, wie ein riesiges Tropenhaus in viktorianischem Stil erbaut, so wie man es von botanischen Gärten her kannte. Solarpaneele hingen rund um das Glashaus und sorgten so für die nötige Wärme, wenn die Sonne einmal schien.
Versetzt standen stattliche Bäume, wie Mahagoni, Timber, dunkle afrikanische Harthölzer, Teak, sogar Merbau sowie alle möglichen Obstbäume zu denen sogar Mango, Mandel, Pfirsich, Avocado und Kiwi zählten. Bananenpflanzen wuchsen hoch hinaus und trugen ihre Bananen in Hülle und Fülle.
Trever hatte so lange alle möglichen Kerne von exotischen Früchten in die Erde seines Gartens eingesetzt, bis die verschiedensten Bäume wie ein Mango Bäumchen und ein Avocado Stämmchen aus den Kernen gewachsen waren, dachte Uta und musste bei dem Gedanken daran lächeln. Trever war ein leidenschaftlicher Gärtner, der, statt einen Kern wegzuwerfen wie jeder normale Bürger, ihn stattdessen in die Erde seines Grundstücks steckte. In seinem Riesenglashaus glückte die Nachzucht immer öfter.
Diese Bäume standen nun stattlich mitten im Garten. Am südlichen Ende des Gartens hatte Trever eine Pergola selbst gebaut. Weinreben rankten wild um die Holzverstrebungen herum.
Sie kannte Trever nun schon einige Jahre. Sie war sehr glücklich mit ihm. Die Zeit war wie im Flug vergangen. Sie liebte sein Hobby, das Gärtnern. Immer, wenn er andere Länder bereiste, nahm er heimlich einige Pflanzen oder Samen von selten gewordenen Bäumen mit und versuchte, diese in seinem Garten anzupflanzen. Er hatte sogar einen riesigen Teich mitten in der Gartenanlage angelegt, der von einem Wasserfall gespeist wurde. Die Technik ließ sich Trever von einem Bekannten installieren. Alles basierte auf Solarstrom, was leider nicht mehr so gut funktionierte, weil die Abnahme der Sonnenflecken in den letzten Jahren die Sonnenaktivität extrem eingeschränkt hatte.
Begrenzt wurde der Teich auf der einen Seite von einem riesigen Bambushain, der an den Wasserfall anschloss. Auf der anderen Seite stand ein Gazebo auf einem Holzsteg. Das Gazebo hatte sich Trever aus Indonesien schicken lassen. Das Holz hierfür stammte von einer Kokospalme. Auch Steinfiguren aus Lavagestein zierten den Garten und gaben der Umgebung ein exotisches Flair. Utas Lieblingsplatz war ein Bereich, der an den Schwimmteich angrenzte, eine große sandige Liegefläche. Zwei Teakchairs standen auf dem Sand und ein lustiger bunter Sonnenschirm vollendete das Urlaubsflair.
Verschiedene Fische und auch Wasserschildkröten tummelten sich in dem kristallklaren Wasser und streckten ihre Hälse in die Luft. Es war ein Paradies, in dem es sich wohnen ließ. Uta musste immer lachen, wenn Kaninchen, Gänse und verschiedene Schildkrötenarten um ihre Füße herumwanderten. Immer wenn Uta bei Trever war, wollte sie nicht mehr weggehen. Denn außerhalb des Tropengartens erwartete sie eine nie dagewesene Kälte, die Europa fest im Griff hielt. Die kleine Eiszeit. Niemand hatte damit gerechnet. Aber nun war sie da. Dafür war es im Rest der Welt ziemlich warm und trocken geworden.
Plötzlich streifte sie ein zahmer Gepard an der Hand. Uta musste lachen. Trever war sehr leidenschaftlich, was die Umwelt betraf. Er versuchte sogar, exotische Tiere, die kurz vor dem Aussterben waren, bei sich zu Hause unterzubringen. Leider waren schon sehr viele Tierarten mittlerweile ausgestorben. Aber er hatte einige Exemplare gerettet und sogar der Nachwuchs war schon bei mehreren Arten geglückt. Dafür hatte er eigene Bereiche in seinem Garten angelegt, die den verschiedenen Tierarten einen Lebensraum boten. Da der Garten sehr groß war und weit abgelegen von Genf, konnte er sogar ein riesiges Gewächshaus mit tropischem Flair sein Eigen nennen, wo die verschiedensten Vogelarten im Warmen lebten. In dem Gewächshaus floss ein Wasserfall umgeben von tropischen Pflanzen. Unten war ein kleiner Teich, wo sich sogar Krokodile tummelten. Es war alles sehr großzügig arrangiert und er hatte alles mit viel Liebe selbst angelegt. Trever konnte es sich leisten, denn er war reich. Seine Großmutter hatte ihm ein beachtliches Vermögen hinterlassen.
Trever und sie hatten sich wiedergefunden, als sie nach ihrer Doktorarbeit und ihrer Ausbildung zur CIA-Agentin eine Anstellung bei der CITES bekam.
Sie lebte schon seit einiger Zeit in Genf und ließ sich wegen ihrer Gelenke untersuchen. Sie hatte schon alle möglichen Ärzte aufgesucht. Doch sie hatte weiterhin starke Schmerzen. Deshalb versuchte sie es mit TCM, da ihr ein paar Kollegen zu diesem Arzt geraten hatten. Uta konnte es kaum glauben, dass sie der Zufall wieder zueinander geführt hatte. Trever war überglücklich, Uta wiederzusehen. Nachdem er keine Partnerin hatte, traf er sich wieder öfter mit Uta und seither waren sie ein Paar. Er war mittlerweile schon 55 Jahre und Uta 30 Jahre alt. Aber das war für beide kein Hinderungsgrund.
Trever fand heraus, dass Uta einige Stoffe, wie Kalium und Kalzium fehlten. Mit der richtigen Ernährung brachte sie die Gelenkschmerzen vollständig weg. Neben Medizin hatte Trever auch einen Doktortitel in Chemie. Er hatte Chemie und Medizin in Harvard studiert und seine Doktortitel in beiden Fächern mit summa cum laude bestanden.
Was Trever nicht wusste war, dass der Präsident der Vereinigten Staaten neben seiner Organisation eine Abteilung zur Verbrechensbekämpfung gegen das Palmölsyndikat gegründet hatte und dass Uta für diese arbeitete. Trever wusste nicht mal, dass diese Abteilung der CIA überhaupt existierte. Diese Abteilung hieß Gula, die 6. Todsünde.
Uta war dem Umweltverbrechersyndikat schon eine Zeit lang auf der Spur. Viele Male war sie versucht, Trever alles über sich und ihre Organisation zu erzählen, aber sie hielt sich an die Vorschriften. Trever erzählte sie nur über ihre Arbeit in der CITES. Trever war kein argwöhnischer Mensch. Er glaubte Uta einfach alles und er liebte sie sehr. Er hatte ihr nie sein Geheimnis erzählt, dass er einen der tödlichsten Viren kreiert hatte und als Koryphäe jetzt vom Präsidenten rekrutiert wurde. Aber sie wusste über Trevers frühere Tätigkeit Bescheid. Und sie wusste auch, dass der Präsident ihn für die Freisetzung des Virus wollte. Leider konnte sie ihn nicht darauf ansprechen. Sie wusste, dass er innerlich litt und bis morgen für diese Entscheidung Zeit hatte.
Sie war froh, dass er sich für das Arzt sein entschieden hatte. Sie hoffte, dass er nun auch die richtige Entscheidung treffen würde!
Uta konnte sich früher nie vorstellen, dass sie jemals etwas für einen Mann empfinden würde, aber als sie Trever kennenlernte und sein Intellekt auf sie wirkte, da verspürte sie so etwas wie eine Seelenverwandtschaft auf allen Ebenen. Sie waren liebende Partner, sowohl intellektuell als auch körperlich. Beide waren sie durchtrainiert, gesundheitlich fit und mit einer guten Portion Humor ausgestattet. Und sie hatten beide das Herz am rechten Fleck, dachte Uta bei sich und lächelte. Sie hatte nun den Eingang zum Haus erreicht. Die Villa war zweistöckig und aus Lärchenholz erbaut. Innen wie außen vermittelte sie den Eindruck von Wärme und Behaglichkeit.
Trever stand gelassen an der offenen Türe des Herrenhauses, bekleidet mit weißem Hemd, das sich über seine Muskeln spannte und über seiner Lewis hing und blickte Uta mit festem Blick an. <Hallo, mein Schatz!> sagte er mit seiner tiefen Stimme und blickte ihr liebevoll in die Augen. Dann drückte er Uta fest an sich. Sie küssten sich einige Minuten leidenschaftlich.
Trever war ein graumelierter, in die Jahre gekommener attraktiver Mann. Gut, sein Haaransatz war ein bisschen zurückgegangen, aber es stand ihm. Es ließ ihn männlicher und noch entschlossener wirken. <Dein Parfüm riecht betörend!> sagte er mit weicher Stimme und küsste Uta am Hals. Uta grinste und zwinkerte Trever zu. <Extra für Dich, mein Lieber!> <Ich möchte Dir meine Überraschung zeigen! Komm!> Trever packte sie an der Hand und führte Uta hinter das Haus, von wo aus sie Genf und den Genfer See in all seiner Pracht in der Ferne sehen konnten. Schnee bedeckte die Stadt unter ihnen. Der See war zugefroren. Die Sonne schien zart durch den behangenen Himmel hindurch und tauchte die Landschaft in ein weiches Licht. Uta blickte nach unten. <Was ist denn nun das Geheimnis? Ich muss gestehen, Deine SMS hat mich neugierig gemacht. Hast Du neue Tiere oder Pflanzen, vielleicht ein paar Kerne eingesetzt?> Trever lachte. <Ich wusste, dass Dich ein Geheimnis anlocken würde!> <Nein, mein Geliebter, Du bist es, der mich anlockt. Aber ich muss gestehen, dass ich Geheimnisse liebe. Also los, was ist es? Hast Du etwas beim Weinberg machen lassen?> <Du bist wirklich eine Schmeichlerin und noch dazu die ungeduldigste Frau, die ich kenne.> Uta verschränkte die Arme und zog einen Schmollmund. <Ich kann auch ganz langweilig und desinteressiert sein! Hättest Du es gerne anders?> Trever lachte. <Nein, lass nur, ich liebe Dich, so wie Du bist! Also an dem Weinberg habe ich nichts verändert.>
Trever hatte vor einem Jahr einen Weinberg anlegen lassen, der sich auf dem ganzen Berghang hinter dem Haus erstreckte. Der Berghang war nicht sehr steil, aber die Anlage des Weinberges dauerte einige Wochen.
Unten am Berghang funkelte der Genfer See. Es war endlich wieder ein schöner Tag mit ein paar Sonnenstrahlen! dachte Uta. Sie blickte nach unten.
Ölhandelsfirmen hatten sich noch vor ein paar Jahren hier angesiedelt. Manche dieser Firmen hatten ihre Angestellten von London und anderen Städten nach Genf übersiedelt, weil Genf sich zum finanziellen Nervenzentrum des Erdölhandels für internationale Rohwarenfirmen entwickelt hatte. Diese Firmen schätzten den diskreten Charme der Rhone Stadt.
Ein Drittel aller weltweiten Erdöl-Transaktionen lief 2015 noch über Genf, das waren rund 700 Millionen Tonnen im Jahr.
Die Finanzierung von Handelsgeschäften war das, was die Rhone Stadt anderen Städten voraushatte. In diesem Bereich galt Genf weltweit als Nummer eins. Neben London, Singapur, Houston und New York war die Stadt zu einem der wichtigsten Umschlagplätze für Erdöl geworden.
Etwa ein Viertel des physischen Erdölgeschäfts des in der Schweiz gehandelten Rohöls, zirka 20 Mio. Fass pro Tag wurde 2015 noch über Genfer Banken finanziert. Die Finanzinstitute am Lac Léman waren darauf spezialisiert, mit den Risiken im Geschäft mit dem schwarzen Gold umzugehen.
Die Finanzindustrie anderer Länder hingegen beklagte sich über immer strengere Regulierungen und steigende Steuern.
Doch nachdem das Öl immer knapper wurde, mussten viele der Ölmagnaten aufgeben und sich eine neue Spielwiese suchen.
<Hier, sieh mal!> sagte Trever mit Stolz in der Stimme und zeigte in Richtung Garage. Uta wandte den Kopf und hielt inne. <Das ist ja …>.
<Möchtest Du eine Runde drehen?> fragte Trever und blickte zu seinem neuen X500, den er sich erst vor zwei Tagen gekauft hatte. <Ich muss nur schnell die Schildkröten füttern, dann bin ich fertig.> <Ja, unbedingt Trever. Lass uns Genf unsicher machen!>
Uta ging mit Trever ums Haus in den Garten und half ihm, die Tiere zu füttern. Uta fühlte sich hier so wohl. Die Tiere liefen wild durcheinander. Ein Hase huschte durch ihre Füße hindurch, sodass Uta fast stolperte. Perlhühner gackerten wild durcheinander während sie auf zwei Geparden zusteuerten. Die Geparde waren beide behindert. Einer war blind und einer hatte einen verkrümmten Fuß. Trever hatte sie aus den Fängen von Wilderern befreit und mit viel Aufwand bekam er die Erlaubnis der Regierung von Ghana, diese bei sich zu halten und zu pflegen.
Uta ging den Garten entlang an Trevers Seite, der ganz fasziniert auf die Teichanlage zuging und dabei die Geparden im Vorbeigehen streichelte. <Sieh mal, ich habe Eier bei den Karettschildkröten entdeckt. Die werden bald schlüpfen!> Uta musterte ihren Lebensgefährten. Er konnte einen mit seiner Tierliebe regelrecht anstecken. Alle Tiere durften frei herumlaufen. Die Pflege war sehr aufwendig, aber Trever schien das nichts auszumachen. Er liebte die Abwechslung zu seinem Beruf. Die Entscheidung, ob er den Virus freisetzen würde oder nicht, dürfte er ganz beiseitegeschoben haben. Jedenfalls merkte sie ihm nichts an. Er schien sehr entspannt zu sein.
Dann gingen sie zu seinem neuen X500. Uta zog ihre Jacke eng um sich, denn im Freien war es bitterkalt. Trever öffnete Uta die Türe. Er stieg auf der Fahrerseite des ultramodernen silbernen Gefährts ein. Es war die neueste Entwicklung, die auf dem Markt erhältlich war. Bisher hatte die Automobilindustrie schon sehr lange an dieser Lösung gearbeitet, doch jetzt erst war es so weit. Trever hatte sich sofort den neuesten PKW mit Brennstoffzellen gekauft. <Erzähl mal>, sagte Uta, als sie die Allee von Trevers Anwesen entlang fuhren. <Wie funktioniert nun so ein Brennstoffzellenauto?>
<Also diese Fahrzeuge fahren komplett ohne schädliche Emissionen, denn Brennstoffzellen erzeugen aus der chemischen Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff Strom. Dabei entsteht lediglich reiner Wasserdampf. Sie eignen sich dank ihrer größeren Reichweite und ihrer kurzen Betankungszeiten auch für Langstrecken, da sie den Fahrstrom mithilfe von Wasserstoff selbst an Bord erzeugen. Es wird natürlich immer noch Strom aus der Steckdose benötigt, aber wesentlich weniger als noch bei vielen anderen Elektroautos.
Weißt Du noch, mein letzter PKW, der Kombi e-tronic, der hatte eine Spitzenleistung von 102 PS und schaffte über 130 km/h. Über einen Generator lud er die Batterie wieder auf und sorgte so für eine zusätzliche Reichweite von 2000 Kilometern. Und der hier übertrifft das noch bei weitem, und zwar ganz „sauber“ und fast ohne Strom!> <Genial!> sagte Uta. <Ich hab schon davon gelesen, dass man endlich etwas erfunden hat, was gar kein CO² mehr ausstößt und fast keinen Strom benötigt. Dass Du dieses Fahrzeug schon gekauft hast, verschlägt mir die Sprache!> Trever blickte Uta mit einem traurigen Blick von der Seite an.
<Bei den Elektroautos ist es noch schlimm, weil sie sehr viel Strom fressen! Naja, ich hab mich jedenfalls immer sehr für umweltfreundliche PKWs interessiert und viele Fachzeitschriften gelesen.> sagte Trever stolz.
<PKWs boten früher zu wenig Platz, um den Strom für Elektroautos zu speichern. Vor allem aber waren Verbrennungsmotoren erheblich leistungsstärker und billiger. Aber nun hatte sich mittels jahrzehntelanger Forschungen diese Entwicklung durchgesetzt.> <Das finde ich brillant!> Lass uns doch irgendwo eine Flasche Champagner kaufen, eine Runde spazieren fahren und den Champagner bei Dir zu Hause im Garten beim Teich trinken! Was hältst Du davon?> fragte Uta und zwinkerte Trever zu. <Geniale Idee! Nutzen wir den Nachmittag für eine Spazierfahrt.> Auf dem Weg hielt Trever bei einem Supermarkt und kaufte den besten Champagner der Woche, den A.Margaine, Cuvée Tradition le Brut.
Nach einer halben Stunde Fahrt bogen sie auf einen kleinen Feldweg, der zu einer großen Naherholungswiese führte. <Hier könnten wir ein Picknick machen! Gefällt es Dir hier? Ich hab vorhin nämlich Aufstrich Karamell mit Meersalz, BIO Hanfnüsse ganz ungeschält, ein paar Lilienknospen in Essig und ein gutes knuspriges Baguette dazu gekauft.> <Hm, das hört sich vielleicht lecker an! Aber mir gefällt es bei Dir zu Hause im warmen Garten besser, als hier im Schnee!> rief Uta entsetzt. Trever lachte von Herzen. Er liebte es Uta aufzuziehen. Und das bei jeder sich bietenden Gelegenheit. <Aber dass Du mir nicht alles wegisst!> grinste Uta frech und pfiff durch ihre Zahnlücke. <Das würde ich doch nie!> empörte sich Trever und grinste süffisant. Nach den ganzen Jahren, in denen sie schon zusammen waren, turtelten sie immer noch wie ein frisch gebackenes Liebespaar. Hätte er nur nicht diese Sorgen wegen dem Virus! Es könnte alles so schön sein! Uta blickte ihn an. <Was hast Du?> fragte sie scheinheilig. <Nichts, alles ok, ich musste nur an etwas denken.> <Willst Du es mir nicht erzählen?> fragte Uta leise. <Ach, es ist nichts! Ich hab nur so nachgedacht!>
Nach einer Stunde kehrten sie zu Trevers Anwesen zurück. Die Wiese war angenehm warm. Uta breitete eine Decke, die sie im Schrankraum im Haus gefunden hatte, aus und strich die Seiten glatt. Sie liebte Trevers Organisationstalent. Sie beugte sich wieder nach unten, um zwei Gläser auf der Decke zu platzieren. <Hm, ich liebe es, wenn Du Deinen schönen Körper nach unten beugst. Du bringst mich einfach immer wieder zum Glühen!> <Trever, Du bist unmöglich!> Er senkte seine Lippen auf ihren Nacken und küsste sie leidenschaftlich. <Habe ich Dir schon einmal gesagt, wie unwiderstehlich du riechst?> <Das ist nur das neue Parfüm!> <Nein, es ist Dein Eigengeruch, der mich um den Verstand bringt!> Uta stutzte. Dann drehte sie sich zu ihm um. <Was genau soll das hier werden?> Spontan gab er ihr einen Kuss auf den Mund und sah ihr tief in die Augen. <Na, wonach sieht es denn aus?> fragte Trever keck. Er fuhr mit seinen Händen über ihre Schultern und dann die Hüften hinab. Trevers Hände wanderten weiter über ihren Po, während er begierig ihren Hals küsste. Dann hielt er plötzlich inne. <Uta, möchtest Du noch Kinder?> <Was, wie kommst Du denn auf so was? Du hast doch schon welche.> grinste Uta frech und deutete auf die vielen Tiere. <Na, wenn das Deine einzige Sorge ist! Ich würde auch unsere Kinder füttern!> <Na, dass Dir dann nicht alles zu viel wird, mein Großer!> lachte Uta und packte Trevers Hand. Dann küssten sie sich wieder leidenschaftlich. Trever suchte erneut Utas Lippen. Der Kuss stieg ihr zu Kopf und machte sie willenlos. Uta spürte, wie sie in seinen Armen zerschmolz. Langsam öffnete Trever Utas Rock und zog ihr das T-Shirt über den Kopf.
Sein muskulöser Körper drückte sich ganz eng an sie. Die Härchen auf Utas Unterarmen standen zu Berge. Ihr war kalt, aber sie drückte sich ganz eng an Trever. Sie konnte jeden Muskel, jedes Detail seines drahtigen Körpers spüren. Entspannt ließ Uta alles mit sich machen.
Nach einer halben Stunde gingen sie zum Teich und setzten sich gemütlich auf die Deckchairs und verzehrten ihr Picknick. Trever hatte den Gedanken an die Entscheidung, ob er nun den Virus freisetzen sollte oder nicht, ganz beiseitegeschoben. Aber der Gedanke drängte nach den zwei schönen Stunden wieder in sein Unterbewusstsein. Schließlich würde sich dann alles ändern. Er wäre nicht mehr derselbe Mann. Würde ihn Uta noch lieben, wenn er den Virus freisetzen würde? Trever schüttelte den Kopf, als wolle er die Gedanken verdrängen.
<Was hast Du mein Lieber? Bedrückt Dich etwas?> Uta hatte die Frage absichtlich gestellt. Sie wollte ihn endlich aus der Reserve locken.
<Hm, ich habe nur so nachgedacht. Wäre doch alles auf dieser Welt so schön, wie gerade eben!> sagte Trever ernst.
<Aber, … ich habe neulich einen Witz in meiner Praxis gehört: Streiten sich zwei Wissenschaftler über den Klimawandel, einer noch zynischer als der andere. Sagt der eine: Also ich bin fest davon überzeugt, dass in 300 Jahren Mr. Kirk und Mr. Spock vom Raumschiff Enterprise ins 21. Jahrhundert zurückfliegen und alle inzwischen ausgestorbenen Pflanzen, Bäume und Tierarten reimportieren. Und das auf der "Arche Enterprise".> Trever lachte und umarmte Uta stürmisch. Uta musste auch lachen. Trever konnte so lustig sein! Wenn es die Problematik mit der Umwelt nicht geben würde, wäre es einfach himmlisch!
<Weißt Du, die Problematik der Elektroautos ist deutlich spürbar.> Trever wurde wieder ernst. <Der Energieverbrauch stieg seit seiner Einführung um ein vielfaches. Kohle als Energieträger ist erschöpft. Obwohl ich dieser Energiequelle nicht nachweine. Sie hat uns viel Schmutz hinterlassen. Und die kleine Eiszeit in Europa gab dem Ganzen noch den Rest. Deshalb sind die fossilen Brennstoffe nun beinahe erschöpft und wir von Amerika gänzlich abhängig!>
Uta machte sich ebenfalls wieder Gedanken zum Thema Umwelt. Es lag nun auf der Hand. Die knappen Regenwälder mit ihren noch letzten wertvollen Baumbeständen waren zum Objekt des Palmölsyndikats geworden. Diese hatten sich weltweit zusammengeschlossen und ihr Sitz lag tatsächlich in Genf. Das hatte sie erst kürzlich herausgefunden. Wo früher noch Ölmagnaten am Werk waren, präsentierte sich nun ein ganz neuer Zweig. Alles war vorhanden, um auch noch steuergünstig zu agieren. Die Banken, die früher das Erdöl gehandelt hatten, machten nun ihre Geschäfte mit dem Palmöl.
Denn nun war der Preis für Palmöl und die wertvollen tropischen Riesenbäume ins Unermessliche gestiegen. Der Kampf hatte begonnen, dachte Uta traurig. Und das vor ihrer Haustüre. Aber sie hatten noch nicht genügend Beweise und auch wer hinter dem Ganzen steckte, war noch nicht klar. Sie war dem Syndikat auf der Spur, aber es fehlten noch viele Puzzleteile, erst dann konnten sie zuschlagen.
<Wir hatten gestern wieder eine Umweltkonferenz in der CITES zum Thema Einsparungen …>, begann Uta und strich sich ihre Haare aus dem Gesicht. <Es ging um das Thema, wie man die Menschen in den Industriestaaten zum Einlenken bringen könnte.
Alle Jahre ein neuer Computer, alle vier Monate ein neues Handy, dann noch die iPads, E-Books, Elektroautos und die ganzen neuen Errungenschaften! Alles Stromfresser! Sogar Kleinkinder haben schon Handys und I Pads. Für die meisten Menschen in den Industrieländern ist das ganz normal.> sagte Uta. <Dass der Elektroschrott noch dazu oft illegalerweise in Entwicklungsländer exportiert wird, davon wissen nur die wenigsten. Auf einer Müllkippe in Zaire fotografierte Hans Jörg, mein Mitarbeiter, Frauen, Männer und Kinder, die zwischen Feuern und giftigen Dämpfen die wertvollen Rohstoffe aus den Geräten holten.
Wir hatten eine kritische Auseinandersetzung, bei der es um die Folgen unseres Konsumverhaltens ging. Aber wir kamen auf keine Lösung des Problems. Der Fortschritt ist nicht mehr aufzuhalten, und solange sich die Menschen in den Industriestaaten alles leisten können, würde kein Einschränken möglich sein.> <Für die Menschen ist ein Handy und ein i Pad ein Statussymbol und sieh mal in die Entwicklungsländer. Dort hat auch schon jedes Kind ein Handy.> sagte Trever traurig.
<Hm, stimmt. Deshalb müssen die Menschen umdenken. Die Edelmetalle, die für die Handyherstellung notwendig sind, sind ziemlich erschöpft. Handys bestehen aus einem bunten Materialmix. Zu den Hauptbestandteilen zählen Acrylnitril-Butadien-Styrol-Polycarbonat (ABS-PC), Keramik und Kupfer. Hinzu kommen Zinn, Blei, Kobalt, Aluminium, Wolfram, Gold, Palladium, Mangan, Lithium-Verbindungen, Chromoxid, Flüssigkristalle, Beryllium, Phosphor und Molybdän.
Diese Stoffe sind zu großen Teilen nicht natürlich abbaubar, die Inhaltsstoffe sind vielerorts über den Boden in das Grundwasser und über die Atmosphäre in die Umwelt gelangt und hatten die Menschen so krank gemacht, dass viele daran gestorben sind. Und die Umwelt wurde vielerorts katastrophal vergiftet!> <Das ist wirklich schrecklich!> sagte Trever.
<Hm, nun hat man auch in Ländern wie Uganda alle Kupferminen und Kobaltvorkommen restlos ausgebeutet und es sind die Kosten für die wenig verbliebenen Edelmetalle, sprich letzten Endes die Preise für Handys und Computer enorm gestiegen. Auch die Preise für alle anderen Rohstoffsektoren haben sich in den letzten fünf Jahren um ein Vielfaches erhöht.> erzählte Uta weiter.
<Und trotzdem können sich die Kunden jedes Quartal ein neues Handy leisten!> <Ich dachte, Ihr beschäftigt Euch nur mit dem Artenschutz bei der CITES, Uta? Wieso seid ihr nun auch wegen der Edelmetalle so besorgt?> fragte Trever interessiert.
<Na, weil fossile Energieträger fast erschöpft sind, weil der Bedarf an Primärenergie aber um 75% in den letzten zehn Jahren gestiegen ist. Und die rasch wachsenden Schwellenländer etwa für zwei Viertel dieses Anstieges verantwortlich sind und China und Indien für den Rest.
Und nun versucht man, die letzten Rohstoffe und Edelmetalle zu finden. Diese vermutet man in den letzten verbliebenen Regenwäldern und Nationalparks. Von den Tieren, die schon vom Aussterben bedroht sind, ganz zu schweigen! Also hat man einen so hohen Bedarf an den letzten Regenwäldern, dass die Preise ins Unermessliche gestiegen sind, sodass das Palmölsyndikat diese zu ihrem Metier gemacht hat!> seufzte Uta. Nun hatte ein brutaler Kampf um die letzten verbliebenen Urwälder begonnen!
Vor Utas geistigem Auge tauchten Bilder auf von dunkel gewandeten Männern in den Hinterzimmern der Luxushotels dieser Welt, von raffgierigen Glücksrittern, von korrupten Bürokraten in exotischen Ländern, vom unzimperlichen Kampf der Weltmächte um die letzten Urwälder und vom unermesslichen Reichtum, den die Palmöldollars versprachen. Sie hatte in den letzten zehn Jahren so viele dieser Menschen gesehen und verfolgt, dass sie oft von ihnen träumte. Es waren jedes Mal Alpträume. Nächte, in denen sie schweißgebadet aufwachte. Und erst kürzlich kam sie dahinter, dass Bangkok die zentrale Drehscheibe dieser skrupellosen Händler und Genf Standort dieser Palmölmagnate war.
Die Rhone Stadt war früher nach London der zweitgrößte Handelsplatz für Erdöl in Europa. Doch nun hatten sich ganz wenige dieser Firmen zu Palmölspezialisten entwickelt. Sie hatten Morde auf dem Gewissen. Ohne Skrupel und ohne Reue. Doch diese liefen noch unter dem Namen erdölhandelnder Firmen. Deshalb war ihnen bisher noch niemand auf die Spur gekommen. Schließlich gab es noch ganz wenige Erdölfelder in der Arktis, um die sie öffentlich kämpften. Doch vom Palmölsyndikat wusste nur Uta Bescheid. Für die Bevölkerung wie auch für Trever waren die Ölmagnate keine Scheinfirmen, sondern erdölhandelnde Riesen, die legal ihren Geschäften nachgingen.
<Es ist für uns so wichtig, Maßnahmen zum dezimierten Gebrauch von Handys, Computer, und allen anderen Stromfressern, dazu gehören auch die PKWs, zu schaffen, damit nicht auch noch die letzten Regenwälder mit diesen wertvollen Pflanzen und Tieren von unserem Planeten verschwinden!> sagte Uta erhitzt und strich sich eine Strähne aus der Stirn. <Ja, das ist gut! Aber ich glaube nicht, dass ihr die Menschen zum Einlenken bewegen könnt!> kommentierte Trever.
Wenn Uta wüsste, was für einen Job er noch vor fünf Jahren hatte und dass es genau um diese Palmölproblematik und das Verbrechersyndikat gegangen war. Er dachte wieder an das Gespräch mit dem Mann in seiner Praxis. Morgen würde er wiederkommen. Könnte er Uta doch alles erzählen!
Er liebte sie für ihr Engagement der Umwelt zu Liebe sehr. Ihr diplomatisches Geschick, das sie sehr gut bei Verhandlungen mit den Regierungen sämtlicher Länder einsetzte, berührte ihn. Sie war sein Gegenpol, sein Pendant. Er wollte mit ihr sein ganzes Leben verbringen. Er würde sie so gerne in alles einweihen. Auch über seine frühere Arbeit.
Er hatte ihr nur von den Ängsten erzählt, die ihn plagten. Seine Ängste betrafen die Welt. Die Überpopulation und deren Folgen verfolgten Trever bis in seine tiefsten Träume. Er würde so gerne etwas ändern, sodass wieder mehr Platz auf der Welt wäre. Platz für Regenwälder, Platz für Tiere, Platz für den Menschen selbst. Aber er wollte nicht zu einem biologischen Kampfstoff greifen.
Uta sah Trever von der Seite an. Er war in Gedanken, das konnte sie sehen. Sie war heilfroh, dass sie mit ihm liiert war und dass er sich für seine Arztpraxis und gegen die Entwicklung von biochemischen Waffen entschieden hatte. Sie wusste über ihn schon seit Anfang ihrer Beziehung Bescheid. Seine frühere Organisation war Uta deshalb bekannt, weil sie Zugang zu allen Geheimdienstakten hatte. Als sie Trever kennenlernte, wollte sie alles über ihn wissen, auch seine dunkelsten Geheimnisse. Sie war es nicht gewohnt, unvorbereitet in die Arbeit zu gehen, genauso wenig wollte sie unvorbereitet in eine Beziehung schlittern. Aus diesem Grund machte sie sich schlau über Trever. Es wunderte sie sehr, dass Trever für diese Organisation früher arbeitete. Aber er hatte sich für das Leben und gegen den Virus entschieden!
Durch seine Liebe zur Umwelt und zu Tieren verband sie eine Menge. Kein anderer Mann würde verstehen, was in ihr beim Thema Umwelt und Tiere vor sich ging. Und doch stand ihr Geheimnis zwischen ihnen. Denn Uta durfte ihm nichts von ihrer Mission erzählen.
Nachdem Trever und Uta eine Zeit lang in den Deckchairs in Decken gewickelt beim Teich saßen und ihr Picknick genossen und über die Umweltproblematik gesprochen hatten, gingen sie durch den Garten und beobachteten die Tiere. Es war endlich ein halbwegs sonniger Tag, die Temperatur war auch unter Glas etwas kühl, aber sie fühlten sich trotzdem sehr wohl in der Sonne. Trotz des ruhigen Tages, den sie miteinander verbrachten, konnte Uta Trevers Unruhe nun immer mehr spüren. Alle fünf Minuten hüpfte er unruhig von seinem Deckchair hoch und holte etwas oder fütterte die Tiere. Sonst war er sehr entspannt und ein Genießer, aber heute wirkte er äußerst unruhig. Sie würde ihm gerne sagen, alles ok, Du kannst Dich gegen den Virus entscheiden. Du hast eine Wahl! Aber sie durfte es nicht!