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5. Kapitel Schweden - 30. April 2014

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Endlich war sie in Schweden angekommen. Der Aufenthalt in Uganda war sehr schön, aber sie freute sich auch wieder auf ihre alte Heimat und die Oma! Nach langer Zeit einmal Pause vom Studium! Anna streckte ihre Glieder von sich. Es war einfach himmlisch. Endlich war sie wieder hier in ihrer alten Heimat. Sie war mit ihrem Vater und ihrem Bruder gestern aus Uganda angereist. Ihre Mutter Swenja war bereits hier. In einer halben Stunde würde sie ihre beste Freundin Uta Fedderson wiedersehen. Sie war schon gespannt, wie Uta nun aussah. Sie hatten sich seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen, nur ab und zu Briefe geschrieben. Aber sie war keine Briefschreiberin. Auch Uta schrieb nur selten. Sie wusste nur, dass Uta in Amerika studierte und auch in diesen Ferien nach Schweden kam.

Der alte Fiat glänzte frisch geputzt vor dem Haus ihrer Großmutter, bei der sie nun die ganzen Ferien verbrachte. Ihre Eltern und ihr Bruder würden nur eine Woche bleiben. Sie mussten wieder zurück zu ihrem Möbelgeschäft. Annas Großmutter war für Anna wie eine Mutter. Ihre eigene Mutter hatte wenig Zeit für sie wegen dem Möbelgeschäft. Anna fühlte sich von ihrer Großmutter sehr geliebt. Sie hatten ein sehr inniges Verhältnis und Anna konnte ihr alles erzählen. Die Großmutter hatte ein sehr großes Haus, es lag in Värmland. Ein großer Garten mit Schafen umrundete das Anwesen.

In frühen Zeiten hatte ihr Vater mit der Familie ein Holzfloß gebaut und damit ließen sie sich an einigen wenigen Wochenenden auf dem ruhigen Fluss treiben. Unter der fachkundigen Anleitung ihres Vaters errichteten sie ein stabiles Floß mit Seilen und Rundhölzern. Doch sie, ihre Mutter und ihr Bruder durften nur die ganz leichten Aufgaben übernehmen, wie dem Vater das Werkzeug reichen. Ihr Vater war immer schon ein Perfektionist. Deshalb sah das Floß perfekt und besser aus, als jedes gekaufte. Alle Nachbarn wollten dann auch so eines haben und hatten bei ihrem Vater massenweise Flöße in Auftrag gegeben. Dann kamen Leute von anderen Städten, die auch welche kaufen wollten. Und so entstand neben dem Möbelgeschäft ein neuer Geschäftszweig, den ihr Vater ausbaute und sogar bis nach Amerika exportierte. Er war immer schon ein Geschäftsmann aus Leidenschaft. Leider blieb immer weniger Zeit für sie und ihren Bruder. Anna schüttelte bei dem Gedanken den Kopf und rief Colli. Colli war ein Welpe, ein Mischlingshund mit cognacfarbenem Fell. Er war Annas Liebling. Sie hatte ihn seit drei Monaten.

Colli hüpfte auf den Beifahrersitz des alten Fiats. Das frischpolierte Auto sah zwar alt aus, aber es ging noch gut. Anna öffnete die Türe des Fahrersitzes. Innen war er auch alt, grinste Anna. Sie schmiss die Tasche auf den Beifahrersitz. Alles war einfach himmlisch. Ihre Großmutter war noch so spritzig. Anna war begeistert, die Oma, die alte Heimat und die Umgebung zu sehen. Uta würde sie beim Klarälven treffen.

Der Klarälven war im Oberlauf ein Wildfluss, der durch einsame Wald-, Berg- und Hügellandschaften floss. Im Unterlauf war er ein zahmer Fluss, nur der letzte Abschnitt floss durch dichter bebaute Gegenden.

Der Klarälven war der letzte schwedische Fluss, auf dem noch Flößerei betrieben wurde. Als Erinnerung an diese Zeit gab es zwischen den Orten Branäs und Edebäck noch immer Floßfahrten für Touristen.

Bis in die 1990er Jahre wurde der Fluss im unteren Bereich zum Transport von Holz benutzt. Dabei wurden die Baumstämme einfach ins Wasser geworfen und bei Karlstad wieder herausgenommen und zu Papier weiterverarbeitet.

Die Großmutter stand an der Türe und winkte Anna zu. <Anna!> ertönte plötzlich die Stimme ihrer Mutter laut. <Ja,..> sagte Anna leise. Sie befürchtete, dass ihre Mutter wieder etwas benötigte. Am liebsten wollte sie so tun, als hörte sie sie nicht. Doch in dem Augenblick kam sie zur Türe heraus. <Anna, kannst Du bitte noch für Oma einkaufen gehen und den Müll rausbringen!> Die Großmutter winkte ab. <Nein, das kann ich doch erledigen! Lass Anna doch ihre Freundin treffen! Sie freut sich doch schon so!> <Oh, Ma! Ich treffe mich doch mit Uta in einer halben Stunde. Ich muss jetzt losfahren, sonst komme ich nicht mehr rechtzeitig zum Klarälven! Kann das Einkaufen nicht Swen übernehmen?> <Anna, Du weißt doch, dass Swen heute noch mit Vater Tennis spielen geht! Er hat keine Zeit.> <Ich kann ja später für Großmutter einkaufen gehen!> damit startete sie den Motor. <Anna, wir benötigen aber jetzt ein paar Lebensmittel, damit wir das Essen zubereiten können!> <Ok, ich rufe Uta an. Hoffentlich ist sie nicht schon losgefahren!> schnaubte Anna wütend. Immer musste sie herhalten. Ihr lieber Bruder wurde wieder verschont! Anna knurrte. Colli stimmte sofort mit ein. Da musste Anna von Herzen lachen. Die Großmutter lachte auch und schüttelte den Kopf. Anna winkte ihr zu, dann wandte sie sich an Colli <Ja, mein Lieber, mit Dir ist die Welt viel schöner!> damit streichelte sie Colli den Kopf. Dieser japste vor sich hin und drückte den Kopf an Annas Hand. Anna gab dem Welpen einen Kuss und holte ihr Handy hervor. <Hallo Uta, ja, Du ich muss noch einkaufen! Meine Mutter, Du weißt schon! Ich komme ein paar Minuten später!> <Ok, alles klar. Treffen wir uns um 12.00 Uhr beim Parkplatz?> <Ja, super, bis dann!> Anna war froh, dass Uta so verständnisvoll war.

Am Parkplatz in der Nähe des Klarälven stieg Uta aus ihrem Auto aus und betrachtete die Färbung des Blätterwaldes. Alles war so schön in ihrer alten Heimat! Der Parkplatz lag mitten in einem sehr einsamen Waldstück, das nur die wenigsten kannten.

Endlich war sie wieder in Schweden. Das Geständnis über ihr Sexualleben lag noch nicht so lange zurück. Sie wäre jetzt eine Knochenfrau. Doch diese Vereinigung war ihr zuwider! Sie hatte es geschafft, sich von ihnen zu trennen. Sie hatte Angst vor ihnen, Angst, dass diese noch etwas Schlimmeres von ihr verlangten, das sie später bereuen würde. Kurz nach der Abdankung bei den Bonesman, wurde sie vom Präsidenten höchstpersönlich zu einem Gespräch gerufen. War der etwa auch ein Bonesman? Sie hoffte nicht! Doch im Gegenteil. Er hatte von ihrer Umweltdemonstration gehört und dass sie gegen die Palmölplantagen war und deshalb unterbreitete er ihr ein Angebot, dass sie nicht ablehnen konnte. Eine Anstellung nach ihrem Studium bei der CITES in Genf! Genf, wo Trever wohnte!

Doch der eigentliche Hintergrund dieser Anstellung war, dass er sie als CIA Agentin ausbilden wollte. Eine Agentin, die, alibimäßig für die CITES arbeitete. Diese Organisation war für den Artenschutz verantwortlich. Doch im Geheimen würde sie im Kampf gegen das weltweite Palmölsyndikat arbeiten, um diese zur Strecke zu bringen. Eine gute Tarnung, fand Uta. Somit konnte sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die Ereignisse in Amerika überschlugen sich geradezu. Vor ihrer Ausbildung als CIA-Agentin neben ihrem Studium, wollte sie noch eine kurze Auszeit. Deshalb besuchte sie jetzt in den Ferien ihre alte Heimat Schweden. Anna hatte ihr geschrieben, dass auch sie nach ihrem Ugandaurlaub nach Schweden kommen würde und so hatten sie für heute ein Treffen vereinbart.

Da wurde sie plötzlich von einem lauten Motorengeräusch aus ihren Gedanken gerissen, in der Ferne sah sie ein Fahrzeug, das sich allmählich näherte. Sekunden später konnte Uta Anna erkennen, die in einem spritzigen blauen alten Fiat saß und knatternd in den Parkplatz einbog. <Uta!> rief Anna laut und mit vollem Mund, als sie die Türe mit einem Quietschen aufstieß und raushüpfte. Hinter ihr sprang ein kleiner, flauschiger Hund aus dem Auto. <Hallo! Hey, gut siehst Du aus! Oh, das hier ist Colli. Ich hab ihn erst seit einem halben Jahr. Hey, es ist so schön, dass wir uns endlich wiedersehen!> Die beiden lagen sich stürmisch in den Armen. Uta hielt Anna eine Armlänge von sich fern. <Na, lass Dich mal ansehen! Du siehst auch sehr gut aus, Mädel! Wie geht’s Dir denn so? Du musst mir alles erzählen!> Uta kraulte Colli den Kopf. Dann drückten sich die beiden Mädchen wieder ganz fest.

<Komm, lass uns den Fluss entlang spazieren!> sagte Uta nach einer Weile. Dann holte Anna einen Muffin und ein paar Kekse für Colli aus ihrer Umhängetasche. <Colli, komm her! Nicht in den Wald!> rief Anna. <Nun erzähl mal Anna, wie geht’s Dir so? Wie ist es in Österreich, in Wien?> fragte Uta voller Enthusiasmus. Anna gab nicht sofort eine Antwort. Doch als Colli endlich kam, wurde sie ernst.

<In Österreich ist es toll, ja wirklich. Mir geht’s auch sehr gut! Ich werde sehr von meinen Eltern verwöhnt. Mit meinem Psychologiestudium geht es gut voran. Aber ich vermisse die Heimat und Dich! Wir haben in Wien ein schönes Haus mit Garten, da kann Colli herumtollen. Du musst uns endlich besuchen!> rief Anna enthusiastisch und warf Colli ein Stöckchen hin. Colli brauste davon und wirbelte Staub auf. Es schien ihm sichtlich Spaß zu machen. <Ja, ich habe es mir schon oft vorgenommen, aber nun da ich in Amerika studiere… Übrigens, wie geht es Deinen Eltern und Deiner Großmutter? Wohnt Ihr jetzt bei ihr in den Ferien?> <Ja, der Großmutter geht es gut. Sie ist immer noch rüstig für ihr Alter! Und meine Eltern! Hm, immer dasselbe! Du kennst sie ja. Voll im Geschäft, für alles andere haben sie keine Zeit. In ein paar Tagen reisen sie schon wieder nach Wien. Dann hab ich wenigsten die Omi für mich! Aber, da rede ich immer nur von mir. Du musst mir unbedingt alles von Dir erzählen!> <Mir geht’s gut! Ich bin die beste unseres Studiengangs. Stell Dir vor, bei einer Demonstration, die ich organisiert habe, wurde ich verhaftet!> <Wie bitte?> fragte Anna entsetzt. <Ich war einen halben Tag im Gefängnis von New Haven und dass kurz nach meiner Inskription!> <Sag mal, gegen wen hast Du denn demonstriert? Etwa gegen die Waffenlobby oder etwas Ähnliches?> <Nein, gegen Umweltzerstörung! Gegen die Pflanzung von Palmöl!

Ich hab mir selbst ein Bild davon gemacht, was die Brandrodung in Ländern wie Afrika, Indonesien und am Amazonas für einen Schaden anrichtet. Ganze Landstriche, riesige Flächen sind kahl und verwüstet. Es existiert kein Leben mehr! Egal, ob in Afrika oder Indonesien. Es ist überall dasselbe. Und viele Gebiete wurden abgeholzt, um die wertvollen Bäume an reiche Industriestaaten zu verkaufen und die abgeholzten Flächen wurden dann in Palmölplantagen umgewidmet, wie in Indonesien und Brasilien. Auch Thailand, Malaysia und viele andere Länder werden für den Palmölanbau von den Syndikaten missbraucht. Nach einer kurzen Reifezeit wird dann das Palmöl aus diesen Palmen gewonnen und unter dem Decknamen „Bioheizmittel“ nach Europa exportiert. Rapsöl wäre genauso effizient, aber es ist wesentlich teurer als Palmöl. Aber auch große Lebensmittelkonzerne wie Nogi und so weiter verwenden Palmöl für ihre Produkte. Du musst mal die Inhaltsstoffe bei den Schokoriegeln, Schokocremen, fertigen Suppen, Kosmetikprodukten, Waschmitteln, et cetera durchlesen!> <Ach, das wusste ich gar nicht! Da muss ich mal bei uns in Wien nachsehen, ob da auch Palmöl verwendet wird!> sagte Anna entsetzt.

<Aber ich weiß, was Du meinst, Uta. Das mit dem Tropenholz ist auch furchtbar! Ich hab meinem Vater gesagt, dass ich gegen die Verwendung von Tropenhölzern bin. Und ich werde niemals welche importieren, falls ich mal die Firma eines Tages übernehme, das sag ich Dir!> sagte Anna wütend und schüttelte ihre roten langen Haare nach hinten. <Es ist einfach schrecklich! In unserer Werkstatt kann jedes Holz verarbeitet werden. Kannst Du Dich noch an die Holzschüssel erinnern? Die aus Hartholz, die dunkle?> fragte Anna traurig. <Ja, die habe ich nie vergessen. Die war so schön! Einzigartig! Die stand in eurem Möbelgeschäft gleich neben dem Eingang.> <Genau die! Aber das ist Holz, das in Urwäldern wächst. Ich war gerade mit meinem Vater und Swen in Uganda. Unser Vater hat uns sehr viel gezeigt. Auch schon in früheren Jahren lernten wir alles über Tropenhölzer und ihre Eigenschaften, die Namen, den Härtegrad. Alles was man so wissen muss.

Mein Vater will jetzt auch noch mit Uganda einen Tropenholzhandel aufbauen! Wir haben uns wieder gestritten!> <Furchtbar Anna! Und Du und Swen, streitet Ihr auch noch immer wie früher? Oder hat er sich Dir schon unterworfen?> <Du bist gemein!> lächelte Anna ihre Freundin liebevoll an und zog eine Grimasse. <Du bist noch genau wie früher! Nein, wir streiten nur mehr wenig. Er geht seine Wege, ich meine! Irgendwie ist er auch vom Geld besessen, wie meine Eltern. Er arbeitet schon seit zwei Jahren in der Firma!> <Wirklich Anna, wie alt ist er denn?> <Er ist jetzt achtzehn. Er wollte nicht mehr in die Schule gehen. Jetzt macht er eine Lehre bei uns in der Firma.> sagte Anna und gab ihrer Freundin ein Stück von dem Muffin.

<Aber diese Palmölplantagen sind wirklich schlimm, Uta. Als ich mit Martin letzten Sommer in Sumatra auf Urlaub war, wollte mir die Reiseleiterin doch tatsächlich diese Palmölplantagen als Touristenattraktion verkaufen!> Uta hob die Augenbrauen. <Du warst mit Martin auf Urlaub? Wer ist denn das und wie alt ist er? Und wie war es? Erzähl mal! Du hast mir gar nichts darüber geschrieben!> beschwerte sich Uta. <Ja, ich wollte ja, aber nun kann ich es Dir ja erzählen. Es war schon cool, hm! Aber er ist sechs Jahre älter und er wollte ständig Sex.> <Na, das hört sich doch gut an!> grinste Uta breit. <Schon, aber er wollte dann keine Ausflüge mehr machen, sondern nur mehr im Zimmer bleiben, um ständig Sex zu haben. Dann war er noch ziemlich eifersüchtig, wenn ich mich mit den Indonesiern unterhalten habe.> <Ok, das hört sich nicht so gut an. So wahnsinnige, eifersüchtige Typen mag ich gar nicht! Männer, die einen an der Waffel haben, wie furchtbar!> kommentierte Uta. <Wie sieht denn Dein Liebesleben aus?> fragte Anna schnell. <Da gibt es nicht viel zu berichten. Ich konzentriere mich ganz auf mein Studium. Die Jungs interessieren mich nicht wirklich! Die sind alle so kindisch oder wollen nur das eine! Für so etwas hab ich gar keine Zeit!>

Dann pfiff Uta plötzlich durch ihre Zahnlücke und sagte mit tiefer Stimme. <Stell Dir vor, ich habe ein Angebot von der CITES in Genf bekommen. Nach meinem Studium kann ich dort anfangen.> <Was, Uta, das ist ja großartig! Hast Du Dich dort schon beworben?> fragte Anna erstaunt. <Naja, jemand hat mich empfohlen! Sagen wir es mal so, mehr kann ich Dir leider nicht darüber sagen!>

Anna staunte. <Ich wusste gar nicht, dass Du so gute Beziehungen hast und so eine Kämpferin für die Umwelt geworden bist, Uta! Echt, das finde ich genial! Und was Du alles weißt! Toll! Du studierst das Richtige! Man muss etwas unternehmen! Ich weiß nur, dass die Orang-Utans auch im malaysischen Teil von Borneo sehr bedroht sind. Hier wurde der Regenwald noch mehr abgeholzt und abgebrannt und es wurden Palmölplantagen angebaut, genau wie auf der indonesischen Seite! Das hat mir Martin erzählt, der dort früher einmal auf Urlaub war. Er hat sich die Orang-Utan Aufzuchtstation angesehen! Es ist einfach unmenschlich, Tiere so zu behandeln, als haben sie kein Recht auf dieser Welt zu sein!> <Ja, es ist schlimm! Schrecklich! Was hat die Reiseleiterin dann zu dem Palmöl gesagt? Erzähl weiter!> sagte Uta.

<Also, ich hab ihr gesagt, dass ich diese Plantagen auf keinen Fall besuchen möchte. Schon alleine das Vorbeifahren würde reichen! Dann hab ich sie gefragt, wie die Bevölkerung dazu steht. Tatsächlich bekommen die Menschen in den Dörfern auch etwas von dem Palmöl ab, das sie zum Kochen und für die Stromerzeugung für ihre Häuser verwenden, für ein paar indonesische Rupien! So macht man der in Dörfern und Städten lebenden Bevölkerung die Vernichtung ihrer Heimat schmackhaft! Doch was sagen ihre Kinder in der Zukunft dazu, dass es keine Wälder, keine Tiere und kein normales Klima, dafür aber viel verschmutze Luft, verschmutztes Wasser und kahle Landschaften ohne Tiere geben wird?> <Und was sagte sie dann?> fragte Uta erstaunt. <Na, da ist sie gar nicht drauf eingegangen. Sie sagte nur, dass wir in Europa das gar nicht verstehen können. Wir verdienen ja alle zirka 4000 Euro im Monat. Das hat ihr ein Schweizer Gast erzählt!> <Was, der geht es wohl nicht gut!> rief Uta erstaunt.

<Leider gibt es immer weniger Gebiete, wo Tiere und die indigenen Völker leben können.> <Hm, ich hab neulich gelesen, dass ein Drittel aller Tierpopulationen von 1970 bis jetzt von unserem Planeten verschwunden ist!>

<Das ist so traurig! Wenigstes gibt es ab und zu Mal Gerechtigkeit. Ich hab da etwas über eine Palmölgesellschaft gelesen,> sagte Uta ernst. <Ein Gericht in der Provinz Aceh im Norden von Sumatra, Indonesien hat die Palmölfirma PT Saluga Alam aufgrund der illegalen Brandrodung der Regenwälder zu einer Geldstrafe von mehreren Millionen US Dollar sowie zu einigen Millionen für die Wiederaufforstung des zerstörten Tripa-Torfwaldes verurteilt!

Der Regenwald von Tripa an der Westküste von Aceh, musst Du wissen, ist einzigartig!> sagte Uta. <Er wächst auf einem meterdicken Torfsumpfboden, einem mächtigen Kohlenstoffspeicher. In diesem Wald finden Orang-Utans so viele Früchte wie in keinem anderen. Deshalb leben die Menschenaffen hier sehr dicht zusammen. Sie pflegen, anders als die Bergaffen, soziale Kontakte und benützen Werkzeuge.

Doch ihre Zahl ist innerhalb von 20 Jahren von 3000 auf unter 200 gesunken. Ist das nicht furchtbar! Stell Dir vor, 70 Prozent des einstigen Regenwaldes von Tripa sind zerstört. An seiner Stelle stehen jetzt Ölpalmen. Dabei wäre der Sumpfregenwald mehrfach geschützt. Er gehört zum Ökosystem Leuser, das weite Teile von Aceh umfasst und UNESCO-Weltnaturerbe ist. Es gibt verschiedene nationale Wald- und Tierschutzgesetze, die seine Abholzung verbieten! Aber die halten sich einfach nicht daran! 1,5 Millionen Menschen haben Onlinepetitionen für den Schutz von Acehs Regenwäldern unterschrieben. Ich übrigens auch.> Uta atmete schnell. Die Umwelt lag ihr sehr am Herzen und die Tiere, die sie so sehr liebte.

<Außerdem wohnen ja Menschen in diesen Wäldern! Viele von ihnen werden von den Todesschwadronen der Syndikate getötet, weil sie sich gegen die Regenwaldzerstörung wehren! Stell Dir das vor! Wo sind da die Menschenrechte?> fragte Anna erzürnt. Colli hüpfte glücklich zwischen ihnen hin und her.

Uta grinste und streckte ihr Kinn hervor. <Hey, ich wusste gar nicht, dass Du auch so leidenschaftlich bist wie ich! Aber, jetzt haben wir uns so lange nicht gesehen und dann sprechen wir nur über solche Probleme! Jetzt erzähl mal, hast Du wieder einen Freund?> fragte Uta grinsend. Dann biss sie bei ihrem Muffin ab.

Die beiden Studentinnen spazierten entlang dem tosenden Fluss. Der Wald war sehr dicht, die Landschaft idyllisch. In Schweden war die Welt wenigstens noch in Ordnung, dachte Uta verträumt. Sie war froh, dass sie und Anna in Schweden aufgewachsen waren.

<Nein, zurzeit habe ich keinen Freund! Es gibt da ein paar nette Jungs, aber so richtig verliebt war ich schon länger nicht mehr! Und Du?>

<Also nein, ich möchte Karriere machen, Jungs interessieren mich wirklich nicht.> Uta sah mit vorgestrecktem Kinn zur Seite. <Ach was, das kann ich mir gar nicht vorstellen! Du bist doch sehr hübsch, da werden sie doch Schlange stehen!> Anna blickte ihre Freundin liebevoll an. Uta war wirklich sehr hübsch mit ihren langen blonden Wimpern, den blonden Haaren, der kleinen Nase, den großen Augen und der Zahnlücke, die irgendwie sexy wirkte, konnte ihr schon in der Volksschule kein Junge wiederstehen. <Hm, ja, aber das interessiert mich nicht! Bis auf einen! Ein Amerikaner, den ich in Australien kennengelernt habe. Aber der lebt in Genf!> <Ja, was hast Du denn in Australien gemacht?> <Oh, wir haben dort die tasmanischen Teufel gerettet! Zumindest einige davon!> <Und dieser Amerikaner? Wie alt ist er und wie sieht er aus?> <Er ist ein bisschen älter und sieht sehr gut aus! Aber jetzt mache ich erst mein Studium fertig! Und wenn ich dann bei der CITES in Genf arbeite, vielleicht kommen wir dann zusammen!>

<Hey, das wäre ja super!> Anna kannte Uta schon seit Ewigkeiten, aber über Jungs sprach sie nie gerne. Dieser Amerikaner musste etwas Besonderes sein!

Sie marschierten eine Weile schweigend nebeneinander her, beide in Gedanken versunken. Colli tollte um sie herum und schleckte Anna die Hand ab. Anna streichelte ihm liebevoll den Kopf und deutete mit der Hand auf den Wald neben ihnen. <Wie schön dieser Wald doch ist. Sieh mal, dort vorne sind Elche. Die sieht man nicht so oft, oder?> fragte Anna. <Nein, früher gab es noch mehr!> <In Wien sieht man Tiere nur im Zoo.> sagte Anna traurig.

Als sie so spazierten, beäugte Uta Anna von der Seite. Ihre Freundin war rundlicher geworden. Doch das machte nichts. Es passte Anna irgendwie. Sie war um einen Kopf kleiner als sie, doch das glich sie mit engen Hosen und selbst gestrickten Pullis aus. Sie war immer bunt gekleidet und ihre Sommersprossen waren noch immer auf ihrer Nase. Uta war traurig, dass Anna solche Sorgen hatte. Sie vermisste sie oft sehr. Sie kannte ihre Freundin und deren Eltern schon so lange! Die Mutter kümmerte sich früher neben dem Geschäft auch um das große Haus und den Garten. Beziehungsweise hatten sie einen Gärtner und eine Putzfrau angestellt. Annas Mutter war für Uta immer eine gepflegte, feine Dame der gehobenen Gesellschaft. Sie war immer elegant gekleidet, sprach eine sehr feine Sprache, man merkte ihr die Nobles des Geldes an. Sie war immer höflich, aber auch sehr distanziert. Im Gegensatz zu ihrer eigenen Mutter, die sehr burschikos sein konnte, umgab Annas Mutter immer eine undurchdringliche Mauer. Frau Mikal fuhr früher immer nach Afrika mit, doch mittlerweile wollte sie diese unfeinen, schmutzigen Länder nicht mehr besuchen. Das wusste sie von Annas Briefen.

Eine gewisse Kälte spürte Uta immer bei Annas Eltern. Doch auch Liebe und Hoffnung. Annas Mutter gab Anna immer Dinge auf, die sie zu erledigen hatte und das schon als Kind. Sie musste für die Mutter einkaufen gehen, Verantwortung für ihren Bruder übernehmen, der jünger war, als Anna. Anna hasste ihn dafür, dass sie oft auf ihn aufpassen musste. Als Anna gerade zehn Jahre alt war, kurz bevor sie nach Wien zogen, begann sie Alkohol aus der Hausbar ihrer Eltern zu nehmen. Zuerst nahm sie die Flaschen, die bunt aussahen wie Liköre und Blue Curacao, dann griff sie auch zu Schnäpsen und allem Möglichem. Uta wollte sie immer davon abhalten, aber Anna war sehr stur in diesem Alter und setzte ihren Willen durch. Die Eltern waren immer so in ihre Arbeit vertieft, dass sie die Alkoholprobleme ihrer Tochter gar nicht bemerkten.

<Ach, Uta, das Psychologiestudium ist toll. Ich möchte mal Psychologin werden! Aber meine Eltern, Du weiß ja, unser Geschäft! Ich würde es ja gerne übernehmen, aber nicht unter diesen Voraussetzungen, sondern nur mit heimischen Hölzern!

Was soll ich nur machen? Meine Eltern und ich hatten wieder einen heftigen Streit. Nun, da die großen Konzerne uns die Kunden strittig machen, wäre ich da ziemlich in der Klemme, wenn ich das Geschäft übernehmen würde. Die Nachfrage nach Tropenholz ist groß und unsere Kunden wollen alle diese edlen Hölzer aus Afrika und Asien. Mein Vater wird immer böse, wenn ich davon anfange, dass wir keine Tropenhölzer hernehmen dürfen. Er schimpft mich dann immer, es wäre schließlich mal meine Firma, er hätte nicht alles umsonst aufgebaut und ich müsse umdenken, um zu überleben. Aber nun will er, dass Swen die Firma übernimmt. Ich soll Psychologie studieren und mich nicht mehr um das Geschäft kümmern! Ach, Uta…> <Ja, ich verstehe Dich!> sagte Uta traurig, doch Anna redete einfach weiter.

In der Zwischenzeit stand die Sonne senkrecht. Es war Mittagszeit. Die Sonnenstrahlen spiegelten sich im Fluss wieder, der mit brausendem Getöse neben ihnen her stob. Anna standen die Schweißperlen auf der Stirn, obwohl es gar nicht warm war. Das Gespräch über ihre Eltern und ihren Bruder regte sie sehr auf. Sie band ihre roten langen Haare mit einem Gummiband zu einem Zopf zusammen.

<Ein bisschen Geld genügt in Ländern wie Afrika oder Indonesien, um die Behörden zu bestechen. Und meine Eltern unterstützen diesen Tropenholzimport im großen Stil! Wir haben schon sehr viel darüber gestritten, aber sie begreifen es einfach nicht! Mein Vater hat in Uganda eine sowohl freundschaftliche wie auch geschäftliche Beziehung zu einem Ugander aufgebaut, der ihnen bei den Geschäften mit Tropenholzimporten hilft.>

Anna schob sich den letzten Bissen des Muffins in den Mund. Sie sah sehr lustig aus mit den Hamsterbacken und den Sommersprossen, die auf ihrer Nase im hellen Sonnenlicht leuchteten, dachte Uta. Nur die tiefe Stirnfalte passte nicht zu dem rothaarigen Mädchen. <Deine Eltern sind eine andere Generation. Vielleicht denken ältere Generationen einfach nicht mehr weiter. Doch junge Menschen in unserem Alter sollten umdenken!>

<Ja, Du hast Recht! Aber auch Swen macht da mit! Und auch viele junge Leute möchten solche Couchtische aus Ebenholz, Schränke aus Hartholz, Tische aus Mahagoni und so weiter kaufen. Es wird ein großer Betrag für Möbel gezahlt, die edel aussehen. In Österreich ist es besonders schlimm! Ich gebe ja zu, dass mir diese Möbel auch sehr gefallen, aber ich kann genauso gut einen tollen Schrank aus unseren einheimischen Hölzern kaufen! Man muss sich selbst auch bei der Nase nehmen und umdenken! Aber nun lassen wir das!>

Die restlichen Ferien trafen sie sich noch drei Mal, dann musste Uta wieder nach Connecticut. Anna studierte Psychologie in Wien. Sie beneidete Uta um ihre Auslandserfahrung und wünschte sich manchmal auch ein Studium im Ausland, wo sie weit weg von ihren Eltern und dem Möbelgeschäft wäre.

Das Palmölsyndikat

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