Читать книгу Testen und Bewerten fremdsprachlicher Kompetenzen - Barbara Hinger - Страница 16
4.2.2 Washback
ОглавлениеDas Konzept des WashbacksWashback eines Tests trägt dem Umstand Rechnung, dass Sprachtests nicht abgekoppelt von einem gegebenen Kontext existieren oder entwickelt werden. Sprachtests haben reale Auswirkungen und Funktionen, sowohl auf der Makroebene (Schulsystem und Gesellschaft) als auch auf der Mikroebene (Unterrichtsklasse und Individuen) (vgl. Bachman & Palmer 1996; Wall 1997). Diese Auswirkungen können positiv oder negativ sein (Brown & Hudson 2002) bzw. als solche wahrgenommen werden (Alderson & Wall 1993) und sowohl Individuen (LernerInnen, LehrerInnen, …) als auch Systeme betreffen. Sprachtests entscheiden bspw. über Zugang zu tertiärer Bildung (Abitur, Reife- oder Diplomprüfung), Zulassung zu Arbeits- und Studienmöglichkeiten im Ausland (z.B. Pearson Academic Test of English (PTE Academic), Test of English as a Foreign Language (TOEFL), International English Language Testing System (IELTS), Occupational English Test (OET) etc.) oder auch über Einwanderungs- und Einbürgerungsbescheide (McNamara & Roever 2006).
Auswirkungen von Tests auf Institutionen, größere schulische oder politische Systeme oder die Gesellschaft als Ganzes werden gemeinhin als ImpactWashback: Auswirkungen eines Tests auf den Unterricht, das Lernen und Lehren sowie die involvierten Personen bezeichnet. Als Washback (oder auch BackwashBackwash) wird speziell der Rückkoppelungseffekt benannt, den Tests auf das Lehren und Lernen von Sprachen, also den Schulunterricht, haben (Hughes 2003)Impact: Auswirkungen von Tests auf das soziale oder politische System und auf das Bildungssystem. Was Teil eines Tests ist, wird im Allgemeinen als wichtig, lern- und unterrichtenswert wahrgenommen. Testinhalte und -praktiken wirken daher oft in verschiedenen Formen auf den Fremdsprachenunterricht. Dies ist sogar wünschenswert, denn Lehren, Lernen und Testen sollten nicht abgekoppelt voneinander oder isoliert betrachtet werden, sondern als gegenseitige Ergänzung und damit integriert gesehen werden (s. Kapitel 10). Es gilt dabei für LehrerInnen, den Balanceakt zwischen solider Testvorbereitung und dem zu Recht kritisch gesehenen teaching-to-the-testteaching-to-the-testTeaching-to-the-test: Unterricht, der ausschließlich auf Testvorbereitung ausgerichtet ist zu meistern. Cheng (2008) hält fest, dass Tests häufig beeinflussen, was gelehrt wird, aber nur bedingt, wie unterrichtet wird (s. auch Alderson & Wall 1993; Cheng 2005), was damit zusammenhängen mag, dass Inhalte einfacher zu gestalten, zu ändern und umzusetzen sind als Unterrichtsmethoden, die meist auf langjähriger Praxis beruhen.
Das Kriterium des erwarteten positiven Washbacks wird von vielen als derart wichtig eingestuft, dass es mittlerweile auch als Basis einiger prominenter Validierungsmodelle fungiert. Bachman & Palmers (2010) assessment use argument geht beispielsweise davon aus, dass der Start- und Endpunkt jeglicher Testkonstruktion und -verwendung die Frage nach den erwünschten Konsequenzen sein muss. Während die Auswirkungen von Tests bereits in früheren Validitätskonzeptionen mitgedacht wurden (vgl. Messick 1989; Weir 2005a), baut Bachman & Palmers Ansatz deutlich stärker auf diesem Kriterium auf und stellt es gewissermaßen über die anderen Prinzipien. Eine Fokussierung auf die Frage nach dem „Warum“ des Testens ist zwar wünschenswert, dennoch birgt eine solche Schwerpunktsetzung durchaus Probleme in sich, da Konsequenzen nur selten abzuschätzen und klar zu bewerten sind (Bailey 1996; Fulcher 2014). McNamara (2000) hält fest, dass WashbackWashback nicht nur von einem Testinstrument selbst, sondern auch von zahlreichen anderen Faktoren wie den lokalen Bedingungen in einer Klasse, den etablierten Lehr- und Lerntraditionen, der Motivation der Beteiligten und der Interaktionsdynamik in einer Lerngruppe abhängig sein kann. In diesem Sinne ist es wichtig, die individuellen und sozialen Konsequenzen von Tests zu berücksichtigen und ggf. auch entsprechend zu hinterfragen.
Hughes (2003) schlägt Fremdsprachenlehrenden folgende Strategien vor, um positiven Washback für den Unterricht zu erwirken:
Überprüfen Sie die sprachlichen Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen, die Sie fördern wollen, anstatt das zu überprüfen, was sich leicht überprüfen lässt.
Testen Sie direkt und authentisch, um die Kongruenz zwischen Unterrichtszielen und Testschwerpunkten zu erhöhen.
Stellen Sie sicher, dass LernerInnen mit dem Test, seinen Formaten und Anforderungen vertraut sind.
Bewerten Sie kriterienorientiertkriterienorientierte Bewertung anstatt normorientiertnormorientierte Bewertung, um den LernerInnen ein klares Bild über ihre Erfolge und Entwicklungen zu ermöglichen, unabhängig von der Performanz anderer.
Tauschen Sie sich mit FachkollegInnen über Tests und Bewertungsmethoden aus.
Wall & Alderson (1993), Cheng, Watanabe & Curtis (2004) sowie Cheng (2008) merken jedoch in ihren Studien und Analysen an, dass ein Washback-Effekt nicht zwangsläufig entstehen muss. Vielmehr obliegt es LehrerInnen und TestexpertInnen systematisch zu untersuchen, ob ein solcher Effekt vorhanden ist und wie dieser zu interpretieren ist.