Читать книгу K(L)EINE T.RÄUME - Band 3 aus dem speziellen Genre der Medizinischen Belletristik - Ben A. Deyval - Страница 10
ОглавлениеBuleleng Pemaron
„Den `Ölwechsel´ als Begriff für Sex kenne ich, aber was ist eine `Gummistunde´?“, lachte Carsten, beschwipst von der Sonne auf dem Dach und einer Flasche Bintang, die ihm Denise vom Markt mitgebracht hatte. „Klingt wie `ne Sextechnik. Oder wie die Anweisung des Sporttherapeuten Hergen in unserer guten alten Berliner Klinik. Weißt du noch?“
„Ja klar, das war damals, vor ganz, ganz langer Zeit. Vor ungefähr sechs Monaten.“ Jetzt kicherte auch Denise, denn sie lagen beide nackt in ihrem Doppelbett unter dem Moskitonetz, während der Ventilator an der Decke träge und so gut wie erfolglos mit leichter Unwucht vor sich hin eierte. Während Carsten einen Eiswürfel aus dem original bajuwarischen Bierhumpen neben sich angelte – den Krug und anderes Zeug hatten die Besitzer der Tauchschule dagelassen, als sie nach Berlin gingen – und damit der quiekenden Denise zwischen ihren Brüsten bis runter zur prallen Wölbung ihres Bauchnabels entlangfuhr, erzählte sie ihrem Geliebten vom Einkauf auf dem Markt. Er wusste, die Gesellschaft zu fremden Menschen war ihr Lebenselixier und er durfte es ihr nicht verbieten, mit dem Moped die gefährliche Strecke voll rasender ungesicherter Gefährte nach Singaraja zu fahren, um wenigstens einmal alle paar Tage durch die Straßen zu streunen. So wie sie den Rettungswagen der Berliner Feuerwehr fuhr, schnittig und rücksichtslos dominant, so liebte sie es, den Gasgriff ihres klapprigen kleinen Rollers aufzureißen, als wollte sie einen `Wheelie´ vorführen, nur um mit einer sportlichen Staubfahne hinter sich davonzubrausen. Carsten hatte ihr das Ding besorgt, aber als er sah, wie sie sich damit in die Kurve legte, bereute er es sofort. Der Kontakt des defekten Seitenständers mit dem unebenen Boden konnte sie das Leben kosten. Weil er ihr den Spaß nicht rauben mochte, hielt er die Klappe und schluckte seine Sorge herunter. Schließlich hatte er auch seine Macken und wollte nicht, dass sie zu viel nachfragte.
Der Eiswürfel war am Rand der Schambehaarung angekommen und Carsten stopfte ihn mit einer geschickten Bewegung in das Dreieck, das ihr Becken mit den Beinen bildete. Denise schrie auf. „Iiiiihhh, ist das kalt, du spinnst wohl!“, aber gleichzeitig kicherte sie wie irre, weil jede Abkühlung in der drückenden Abendluft dringend willkommen war. Siebenunddreißig Grad war es in ihrem Haus am Rand eines Reisfeldes an einer Flussmündung zum Meer, und das, obwohl die Sumatrahütten so gebaut waren, dass der Wind vom Meer durch das an beiden Seiten ausgezogene und offene Schilfdach blasen konnte und so das Schlimmste verhinderte.
„Hhmmmmm“, schnurrte sie nun, „das ist aber fein. Gibts noch einen Nachtisch?“
„Hmhm“, grunzte Carsten zurück und machte sich auf den Weg nach unten, „wollen wir doch mal gucken, wo der Eiswürfel hin verschwunden ist.“ Besorgt blickte er zu Denise hoch: „Meinst du, wir müssen aufpassen? Wegen dem Kleinen?“
„Wenn schon, dann wegen des Kleinen, Herr Oberstudienrat“, zog sie ihn auf. „Woher willst du wissen, dass es ein Er und keine Sie ist? Ich möchte lieber eine Tochter. Aber Hauptsache gesund, da geb´ ich dir recht. Wir müssen bald eine vernünftige Hebamme finden. Eine Gynäkologin scheint es auf der ganzen Insel nicht zu geben. Dieser ganze Amulettkram für die Weiber macht mich noch total wuschig. Was die einem alles andrehen wollen, damit die Geburt glatt läuft!“
Übergangslos, noch während sie redete, breitete Denise die Beine aus und drückte Carstens Kopf nach unten, dann nahm sie ihn mit den Oberschenkeln so in die Zange, dass er sie bequem lecken konnte. Für sie bequem natürlich. Schließlich hatte sie mit all den Nebenwirkungen einer Schwangerschaft unter ungewohnten klimatischen Bedingungen zu kämpfen, nicht er.
„Läuft prima“, nuschelte Carsten von unten her, „keine Beanstandungen.“ Denise zuckte kurz zusammen und schnurrte vor sich hin. Er konnte eh nicht hören, was sie sagte, weil seine Ohren zwischen ihren Beinen klemmten.
Ein langes Weilchen später lagen sie aneinander gekuschelt und miteinander verklebt erschöpft auf dem Bett, betrachteten die lässig vor sich hin eiernden Rotorflügel und überlegten pragmatisch, welche Techniken beim Liebesspiel unproblematisch waren und auf was sie sicherheitshalber verzichten sollten.
„Ob der Oralverkehr dem Baby schadet?“, fragte Denise scheinbar leichthin, aber innerlich verunsichert. Ihr Freund wusste, dass sie vor allem vor einer Sache Angst hatte: Infektionen. Das war es, was dem Fötus am meisten schaden konnte, vor allem in den ersten drei Monaten. In den ärmeren Gebieten Asiens gab es keine Möglichkeit zur Fruchtwasseruntersuchung. Die drei Monate seit der Befruchtung waren längst um, aber bis jetzt hatte Denise noch keine Ultraschalluntersuchung gehabt. Für Frauen wie sie gab es in dieser Situation kein System, das ihr den Segen der westlichen Medizin auch in armen Teilen der Welt ermöglichte. Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen…
„Zumindest war der Eiswürfel aus Trinkwasser gemacht“, beschwichtigte Carsten, „und ich hab mir die Zähne geputzt. Noch kannst Du ja auf dem Rücken liegen, der… das Kleine ist noch nicht so groß. Und in der Seitenlage klappt es mit dem Liebemachen auch ganz gut, oder?“ Er mochte es, dass er mit seiner Freundin vollkommen natürlich und ohne Scham über die technischen Aspekte von Sex reden konnte.
„Wann wohl Nero kommt“, sinnierte Denise, „sie wollte sich um die Flüge kümmern. Es sind ihre letzten Wochen in der Klinik, bald geht sie in Rente und ist frei. Wenn sie hier wäre, bräuchte ich mir keine Sorgen mehr machen. Wir könnten sie einfach fragen. Mit ihrem Arztausweis hat sie hoffentlich auch international Zugang zu den Dienstleistungen der Kollegen, die unsereinem versagt bleiben. Dann brauchen wir auch nicht die Auslandskrankenversicherung zu bemühen, falls es teurer wird.“
„Bleibt sie denn hier bis das Baby geboren ist?“, fragte Carsten verblüfft. „Ich dachte, es geht nur um einen Urlaub deiner Kollegen aus der Berliner Klinik. Wär´ ja prima, wenn sie dich bis zur Entbindung begleiten könnte. Hatte Doktor… Nero das in ihrer letzten Mail so gesagt? Ich muss gestehen, dass ich auch selbst ein paar Fragen an einen… na ja… richtigen Arzt hätte. Wir haben uns vor der Reise zwar impfen lassen, aber was ist mit der Malariaprophylaxe? Du darfst doch gar nichts einnehmen. Und als du… als wir noch in Berlin geimpft wurden mit all diesen Cocktails von Wundstarrkrampf bis Gelbfieber und wie das Zeug heißt, wusstest du… wussten wir noch gar nicht, dass du ein Kind bekommst. Dass wir ein Kind bekommen.“ Er gab sich sichtlich Mühe, aber Carsten tat sich sehr schwer mit der Zweisamkeit, das war deutlich zu spüren und es tat Denise weh. Der noch verheiratete Zieh-Es! – mit Ausrufezeichen!, wie er betonte – war der geborene Einzelgänger und ließ sie die Distanz immer wieder spüren. Sie schluckte ihren Ärger und Schmerz herunter, denn sie mussten sich miteinander aussprechen. So wie jetzt konnte es nicht bleiben.
Carsten hob das Moskitonetz an und wollte sich darunter hindurch schieben. „Vielleicht sollten wir mal im Netz nachgucken, was wir tun müssen?“, schlug er vor. „Ich könnte mal die Facebook-Community fragen.“
Denise jedoch packte ihn kräftig am Handgelenk und zog ihn energisch auf das Bett zurück. „Nicht jetzt!“, befahl sie, „wir müssen endlich mal reden. Gründlich reden. Du kannst nicht immer ausweichen und davonlaufen! Was wird aus uns, wenn unser Kind geboren wird? Hast du dafür schon einen Plan? Wir können die Tauchschule so nicht weiterführen, Vertrag hin oder her! Ich schaff´ das niemals bis zur Geburt, wenn ich nicht bald zu einer Vorsorgeuntersuchung gehen kann. Wir müssen die Schule irgendwie loswerden. Ist doch sowieso Regenzeit und nix mehr los.“
Carsten schwieg. Schade, die entspannte Stimmung nach anregendem Sex war im Eimer. Nach einer endlosen Pause, die nach Vorwurf klang, brummte er missmutig: „Was sollen wir machen? Wir haben den Vertrag im August für ein Jahr unterschrieben. Ein Jahr! Es ist noch nicht einmal die Hälfte um seit unserem Umzug hierher, und wir sind schon in Schwierigkeiten. Wo, bitteschön, soll ich jetzt einen Plan herzaubern? Aus dem blauen Himmel, von den blauen Bergen? Glaubst du denn, ich hätte kein Heimweh nach Europa? Einen Tropenkoller habe ich! Dieses Klima geht mir auf die Nerven. Ich fange an, überall Gespenster zu sehen. Lange halt´ ich das hier nicht mehr aus. Ich dreh noch durch – all dieses Modrige, Feuchte hier, die Wärme. Und diese Verwesung. Die Klamotten ständig nass, nichts trocknet richtig. Es gibt keine Klimaanlagen. Alles ist billig zu haben, gut, aber die Lebensqualität ist mies. Wir haben nichts, rein gar nichts, müssen alles selbermachen! Wie sollen wir hier jemals ein Kind bekommen?“ Er wusste, er war ungerecht, denn schließlich hatte er genauso begeistert wie seine neue Geliebte darin eingewilligt, auf Bali ein Sabbatical zu machen und für ein Jahr ihr Hobby – das Tauchen – zum Beruf zu machen.
Im letzten Sommer hatten sie in der Laune ihrer feurigen Liebeslust, die sie füreinander entdeckt und miteinander ausprobiert hatten, alle beruflichen Pflichten über Bord geworfen und über Facebook Kontakt mit einem sympathischen Auswandererpaar aufgenommen, das einen Tausch vorgeschlagen hatte: Helen und Tom wollten endlich mal Urlaub in Deutschland machen. Sie vereinbarten, für ein Jahr den Wohnort zu tauschen. Denise kündigte ihre Wohnung und organisierte den Wechsel `Berlin gegen Bali´, wo das nette Pärchen seit zehn Jahren lebte und eine kleine Tauch- und Surfschule betrieb. Der Kontakt fand ausschließlich über Skype statt, der Vertrag wurde altmodisch gefaxt. Es war eine verrückte Idee, ein Blind Date vom Feinsten: Urlaub in Berlin im Tausch gegen eine freakige Auszeit auf Bali, das kam allen Vieren vor einem halben Jahr perfekt vor. Und nun saßen sie hier auf Bali fest, Carsten und Denise, die sich in der Klinik Berlin Süd überfallartig kennen und lieben gelernt hatten, er als Patient, sie als Rettungswagenfahrerin. Dann gab es noch den verrückten Kenny, den irren Iren, den Tausendsassa, neben dem Carsten zufällig im Krankenhaus lag. Der ihm die Telefonnummer der kleinen quirligen Feuerwehrfrau besorgt hatte. Der Streuner wollte unbedingt mit nach Bali und bestand darauf, einen herrenlosen Hund als `intelligenzbegabten Partner für alle Eventualitäten´ mitzunehmen auf die Trauminsel der Yoginis, der Hippies und Aussteiger. So schlugen Harvey und Kenny, Carsten und Denise auf der seltsamen kleinen Vulkaninsel auf, waren prompt entsetzt über die Einfachheit der Wohnräume – und in dem ganzen Trubel war völlig untergegangen, dass Denise seit Juli keine Regelblutung mehr hatte. Mit nunmehr hübschen vierzig Jahren.
„Zurück können wir jedenfalls nicht“, meinte Denise trocken. „Nicht bevor das Jahr um ist. Nicht bevor wir die Tauchschule losgeworden sind. Es sei denn, wir verschwinden heimlich, du ziehst zu deiner Frau und ihren Kindern zurück und ich such mir `nen neuen Freund, bei dem ich einziehen kann. Willst du das?“ Sie meinte es im Scherz und hatte doch Angst vor der Antwort. Ihre Beziehung war noch so… jung. So unerprobt und dieses Abenteuer hier war zwei Nummern zu groß für sie beide. `Nein, drei´, korrigierte sie sich innerlich und seufzte.
„Warum hast du nicht vor dem Umzug bemerkt, dass deine Regel ausgeblieben ist?“, maulte Carsten genervt.
„Das haben wir doch wieder und wieder durchgekaut, Zieh-Es.“ Indem sie ihn bei seinem Spitznamen aus Jugendzeiten rief, wollte sie ihn besänftigen. Ein Beschwörungsritual. `Fang ich auch schon mit dem magischen Denken an´, dachte Denise, `das Voodoozeugs hier ist wirklich ansteckend. Muss am Luftdruck liegen.´ Laut sagte sie: „Weil ich unter Stress im Nachtdienst immer schon ausgesetzte Blutungen hatte. Ich seh nicht so aus, aber ich bin empfindlicher als die Leute denken. Und weil ich wohl unbewusst irgendwie dachte, ich sei zu alt, um noch Kinder zu kriegen. Nenn es Verdrängung oder Abspaltung, das volle Programm.“
Es war eine Zeit besinnungsloser Sommerliebe gewesen, Musik, Sex, Ekstase, wahrhaft hippiesk. Damals. Vor einem halben Jahr. Im Rausch der Verliebten, im Höhenflug des zweiten Frühlings.
„Ich weiß, ich weiß“, sagte Carsten plötzlich milde gestimmt. Verdammte Gefühlsschwankungen. Selbst guter Sex konnte den unbegreifbaren Triebdruck, der über allem zu liegen schien, nicht lindern. „Vielleicht wolltest du ja doch unbewusst ein Kind und das geht jetzt in Erfüllung. Und vielleicht hätten wir doch abtreiben sollen.“
„Und du? Warum haben wir kein Kondom benutzt, häh, mein Lieber? Wer wollte das nicht von uns beiden? Wir haben ES doch erst hier auf Bali realisiert, weil wir vorher einfach nur beschäftigt waren, unseren Private Reset zu planen. Als wir hier endlich ankamen, war es zu spät. Das weißt du genauso gut wie ich. Wir wollten etwas Neues wagen und das haben wir jetzt. Etwas ganz krass Neues. So neu, dass ES noch nicht einmal einen Namen hat. Kein Gesicht, denn es gibt keinen Ultraschall, keinen Namen, weil du einen Sohn möchtest und ich eine Tochter.“
„Und nun? Wollen wir uns ewig darüber streiten?“
„Warten wir auf Nero. Sie wird uns sagen, was wir tun sollen, zumindest medizinisch. Dann wären wir schon einen guten Schritt weiter.“
„Warten auf Godot.“
„Wie bitte?“
„Ach nix. Tidak apa apa. Alles wird gut. Hoffentlich.“
Denise streichelte unwillkürlich ihren Bauch, als sie einen kleinen Tritt von innen spürte.
„Na, kämpft er… sie… ES wieder gegen dich?“, fragte Carsten neugierig. „Lass mich auch mal fühlen. Tut das weh?“ Denise nahm seine Hand und legte sie rechts unten auf die Kugel, die das Ungeborene im Bauch bildete:
„Hier. Warte. Gleich macht sie es noch einmal. Ich weiß, dass es ein Mädchen wird, keine Ahnung warum. Ich weiß es einfach. Wir kennen uns gut, wir haben eine Verbindung.“ Denise lachte, sie hatte den Streit schon vergessen. „Muss an der Inselmagie liegen, hier darf man sowas sagen, ohne gleich als Esoteriker schief angeschaut zu werden… Jetzt! Spürst du es? Sie ist lebhaft.“
„Vielleicht will sie raus, ihren Vater sehen, dem die Mutter so viel Ärger und Glück bereitet?“, grinste er. Und sagte zur Bauchkugel: „Nee, meine Kleene, jetze noch nich. Bist noch viel zu winzig und musst´n bisschen zunehmen.“ Er blickte Denise in die Augen und überlegte laut: „Wenigstens gibt es viel frisches Obst und Gemüse. Reis ist ebenso gesund, auch wenn du kein scharfes Curry mehr darfst seit du… seit du…“
„Seit wir zu dritt sind“, ergänzte Denise entspannt.
Unter den Holzplanken, die den Boden der Hütte bildeten, also unter ihrem Bett polterte und rumpelte es heftig. „Die Hunde schon wieder! Das nervt. Soll ich Harvey reinholen und die anderen wegscheuchen?“, fragte Carsten und schickte sich erneut an, den Schutz des Moskitonetzes zu verlassen, nackt wie er war. „Nicht dass er sich noch die Tollwut holt von den Affen, Flughunden und all dem Gesocks.“
Toms und Helens einfache, offene Sumatrahütte stand auf Stelzen im Reisfeld an der Mündung eines Gebirgsbaches zum Meer hin, sie war damit recht gut vor Überschwemmungen geschützt, aber das Wasser war gelegentlich mit Colibakterien oder Öl verseucht. Meistens tobten Tiere im Schutz der Dunkelheit unter den Häusern herum. Vögel und Geckos suchten nach Insekten. Katzen suchten nach Ratten, Hunde jagten Katzen. Wenn man Pech hatte, fielen Affen über das Haus her und plünderten die Vorräte. Aber das kam nur selten vor. Die aggressiven Meerkatzen lebten vor allem in den Tempelbereichen und fraßen die reichhaltigen und nahrhaften Opfergaben.
„Nein, lass gut sein, bleib lieber und erzähl mir was. Hast du gehört, wann Kenny aus Ubud wieder hier sein will? Ich hoffe, er organisiert uns ein paar bequemere Möbel, auch die Tauchschule braucht neue Bänke.“
„Du kennst doch unseren Iren, der hat bestimmt was Verrücktes erlebt und ist irgendwo hängen geblieben“, lachte Carsten. „Hoffentlich wird er nicht mit Drogen erwischt, darauf steht in Indonesien die Todesstrafe! Mehr als deutlich einschärfen kann man es ihm nicht, er ist schließlich erwachsen.“
Beim Gedanken an den schrägen Freund musste auch Denise herzhaft lachen. „Ich bin gespannt, wen oder was er anschleppt, wenn er wiederkommt. Bestimmt bringt er uns ein ganzes Gamelan-Orchester mit, weil er die balinesischen Jungs so niedlich findet.“
Mit einem Schlag wurde Carsten nachdenklich: „Apropos Gamelan… Wie lange reicht unser Geld eigentlich noch? Hat deine Mutter uns schon was überwiesen? Hast du versucht, eine größere Summe abzuheben, damit wir die Möbel bezahlen können?“
„Weiß nicht“, erwiderte sie, „ich komme immer noch nicht an meine Bankdaten ran. Die Sparkasse meldet mir nur, dass jemand versucht, aus dem Ausland per Internet auf mein Konto zuzugreifen. Sie verstehen nicht, dass ich selbst es bin. Telefonisch bin ich auch noch nicht weitergekommen, ich lande immer in der Dauerschleife bei der Bank und das wird teuer. Auf meine Mails hat keiner geantwortet. Ich hoffe, dass Mutter sich drum kümmert, heute Vormittag konnte ich in Singaraja jedenfalls noch fünfhunderttausend Rupiah abheben.“
„Ein paar Dollar in Reisechecks habe ich ja auch noch in Reserve für den Notfall. Wir dürfen sie uns bloß nicht klauen lassen.“
„Sind die nicht versichert?“, fragte Denise. „Da kann doch wenig passieren. Und was ist mit deiner Frau? Kann die dir nicht was schicken? Ihr habt zwar ein gemeinsames Konto, aber es ist doch auch dein Geld! Du könntest einfach mit der Kreditkarte bezahlen, dann brauchst du die komplizierten Dollarreiseschecks nicht.“
„Mein Gott, was waren wir naiv“, stöhnte Carsten. „Wir kamen uns so weltgewandt vor und jetzt sind wir abhängig von unseren Muttis!“
„Nix gegen die Muttis, bitte, ohne die läuft gar nichts auf diesem Planeten…“
„`Tschuldige bitte. Aber wärest du hierher gegangen, wenn du gewusst hättest, dass wir alle drei Monate ausund wieder einreisen müssen, um ein neues Visum zu bekommen? Dass ein Stempel im Reisepass über Gefängnis oder Freiheit entscheidet, hätte ich mir nie träumen lassen. Und die ganzen Bestechungsgelder dazu, damit man uns arbeiten lässt…“
„Tja, wir dummen Berliner Beamten, wir haben wohl gedacht, dass es überall so ordentlich zugeht wie im bundesdeutschen Finanzamt. Das haben wir nun davon.“
Beide seufzten synchron. Und schwiegen.