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1 Zwischen Einfachheit und Vielfalt
Оглавление»Mittelalterliche Geschichten handeln von Rittern, Prinzessinnen, Drachen, bösen Widersachern, Riesen und Zwergen«, bemerkt Armin Schulz lapidar in seinen Analysen zur Erzähltheorie, doch obwohl höfische Romane und Epen dazu immer wieder schematisch von Aventiure und Konfrontation, von Kampf und Liebe erzählten, erreichten sie bemerkenswerte »Komplexitätssteigerungen«.1 Ein solcher Eindruck trifft einen zweischneidigen Sachverhalt. Wer sich mit mittelalterlichen Erzählungen beschäftigt, kann kaum bestreiten, dass diese tatsächlich aus einem begrenzten Vorrat grundlegender Sujets und hochfrequenter Erzählkerne schöpfen.2 Ihre Protagonisten scheinen »alles andere als komplexe Charaktere«.3 Romane stützen sich auf ›einfache Formen‹, die z.B. dem Märchen ähneln,4 Epen und Kurzerzählungen greifen gleichermaßen zu Mustern und Erzählschablonen.5 Explizite produktionsästhetische Normen zielen auf Integration: Wenn die hochmittelalterliche Schulrhetorik etwa Bearbeitungsroutinen des Erweiterns und Kürzens empfiehlt, dann weniger zur Erzeugung origineller Sinnvarianten als vielmehr zum »Vereindeutigen des bereits Vorhandenen«.6 »Mittelalterliches Erzählen orientiert sich in großem Umfang an vorausgehenden Erzählungen«, deren Tradition durch Erneuerung gepflegt, deren »Grundmuster« als »konstantes Set von Wahrheiten« wiederholt und im »kulturellen Gedächtnis« gesichert werden.7
Andererseits bevorzugen mittelalterliche Geschichten zwar stereotype Elemente und einfache Basisschemata, kombinieren und variieren diese jedoch zu durchaus komplexen Erzählstrukturen und Figurenentwürfen, die mitunter hybrid oder gar brüchig wirken.8 Je nach Perspektive (und Kunst des Interpreten) scheint mittelalterliches Erzählen in seinem Dispositiv des Wiederholens und Erneuerns oft genug zwischen Einfachheit und Vielfalt zu schwanken.9 Kürzende Textbearbeitungen können nicht nur pointierend vereinfachen, sondern ebenso neue Sinnvarianten erzeugen,10 einstimmige Wissensbestände können in »plural fokalisierte[m] Erzählen« zugleich vielstimmig aufgeteilt werden.11 Auch lyrische Texte zielen auf »programmatische Steigerung von Komplexität« durch performative »Vielfältigkeit«, während sie gleichzeitig von »Standardisierung« ihres Themenvorrats ausgehen.12 Insgesamt nährt dies den Eindruck: »Wiederholung und Abweichung« scheinen gleichermaßen »zentrale Aspekte« der »mittelalterlichen Kultur« zu bilden, die sich schwer aufeinander reduzieren lassen.13 Und es scheint gerade dieses komplexe Zusammenspiel von Einfachheit und Vielfalt zu sein,14 das oft zu ebenso schwankenden Bewertungen der Modernität volkssprachlicher Literatur des Mittelalters verführt.15
Solches Schwanken ist der mediävistischen Literaturwissenschaft traditionell vertraut.16 Doch verdient es im Kontext kulturwissenschaftlicher Methodologie neue Aufmerksamkeit, insofern es auf grundsätzliche Schwierigkeiten der Kulturwissenschaften im Umgang mit historischen Texten verweist, deren Erzählformen zwischen Einfachheit und Komplexität changieren. Zu diesen Formen gehören nicht zuletzt auch Erzählmuster des Wettkampfs.17 Wenn höfische Romane geradezu obsessiv ritterliche Kämpfe umkreisen und dazu fortgesetzt Erzählschemata von Aventiure und Zweikampf durchspielen,18 erzeugen sie mittels einfachster Sujets und Erzählmittel oft Ergebnisse von schillernder Komplexität. Sie sind in ihren Voraussetzungen freilich reduktiv: Natürlich erzählen auch mittelalterliche Texte vom Zweikampf als Interaktion, bei der man gewinnt oder verliert; auch jenseits literarischer Inszenierung zielen z.B. mittelalterliche Gerichtskämpfe auf eindeutigen Ausgang der Wahrheitsfindung.19 Texte des hohen und späten Mittelalters stellen oft Zweikämpfe in den Mittelpunkt, deren Ausgänge irritierend offen bleiben, indem sie förmlich wuchern – und dies quer zu Sprach- und Gattungsgrenzen.20
Einen besonders eindrücklichen Fall dieser Art liefert in der deutschsprachigen Epik die Krone Heinrichs von dem Türlin (um 1230).21 Durch mehrdeutige Zugeständnisse ermutigt, hatte ein mysteriöser Ritter namens Gasozein die Königin Ginover zu vergewaltigen versucht, als die Aventiure zufällig den Musterritter Gawein zur Rettung herbeiträgt. Nach wenigen Reizworten fliegen die Ritter schemagemäß mit eingelegten Lanzen aufeinander: Beide mit gleichem zorn (V. 11872). Trotzdem bemühen sich die Aggressoren äußerst rücksichtsvoll umeinander. Nach dem ersten Waffengang pausieren Gawein und Gasozein einträchtig in ruowe miteinander (V. 11926), bis ihnen neue Kräfte zuwachsen. Sobald Gasozein sein Schwert entgleitet, lässt ihn Gawein bereitwillig die Waffe aufnehmen (V. 11958–11969) und hilft dem Gegner sogar wieder in den Sattel, als dieser entkräftet vom Pferd fällt (V. 11997–12006). Statt auf Sieg oder Niederlage zielt die Episode immer wieder auf Gleichstand: Jähzornig ersticht Gasozein sein ermüdetes Tier, woraufhin Gawein zum Ausgleich sein eigenes Pferd tötet (V. 12009–32). Wieder brechen beide erschöpft zusammen. Als Gawein schließlich als erster erwacht, eilt er sogleich Dâ hin, dâ sein geselle lak / Vnd noch seins slaffes phlak. / Den began er suoz wechen (V. 12212–12214). Obwohl Vergewaltiger und Beschützer also auf Zweikampfsieg und Niederlage des anderen zielen, suchen sie fürsorglich Symmetrie herzustellen. Dies nimmt geradezu intime Züge an (Gawein weckt Gasozein suoz) – und wird in auffälligen Wiederholungen erzählt. Insgesamt viermal brechen beide ohnmächtig zusammen und pausieren, sobald sich der Zweikampf asymmetrisch zu neigen droht, um sodann den Kampf fortzusetzen. Gawein und Gasozein verschlingen sich dabei in seltsamen Schleifen von Kooperation und Destruktion,22 welche die Kontrahenten im Widerstreit auf paradoxe Weise verbinden – in »strange loops«, wie man mit dem Kognitionswissenschaftler Douglas Hofstadter sagen könnte.23 Schon Heinrich von dem Türlin hebt hervor, wie schwer diese Dynamik für die Beteiligten zu verkraften ist: Ginover, die umkämpfte Dritte, treibt solche Unfähigkeit zur finalen Entscheidung schier zur Verzweiflung (V. 12272–12289). Offenkundig: Solche Zweikämpfe kennen kein Finale, sondern höchstens Erschöpfungszyklen. Sie verleihen dem einfach strukturierten Erzählmuster vom Kampf auf Sieg und Niederlage durch paradoxe Verschlingungen eine Dynamik, die von keiner Figur mehr kontrolliert werden kann. Auch über die Szenenregie des Erzählers wächst sie hinaus. Zwar lenkt die Handlung die Freund-Feinde Gasozein und Gawein an den Artushof zurück, doch weder kann der offene Konflikt um Ginover gelöst werden, noch überhaupt stillgelegt werden. Ein unlösbarer Zweikampf verkettet sich dadurch mit einer Romanhandlung, die auch in vielen anderen Episoden schleifenförmig erzählt. Nicht nur für Richterfiguren wie König Artus werden dadurch Auflösungen schwierig. Auch ihrem Rezipienten verweigern solche Strukturen eindeutige Antworten, wie Justin Vollmann gezeigt hat:24 Wo solche Schleifen beginnen oder enden, wird schwierig zu ermessen, wenn Handlungsketten auf immer neue Wettkämpfe verweisen.25 Ausgestellt wird eine »reine Form: mehr oder weniger geordnete Zusammenhänge, die auf nichts verweisen außer auf sich selbst.«26
Die kooperierenden Feinde der Krone sind bekanntlich kein Sonderfall des spätmittelalterlichen Romans.27 Die nachfolgenden Analysen beleuchten, wie mittelalterliche Erzähltexte in verschiedensten Gattungs- und Diskurszusammenhängen paradoxe Kalküle des Wettkampfs gestalten, die vergleichbare Komplexitätsmuster hervortreiben. Aventiureromane entwickeln sie besonders häufig im Rahmen von Zweikämpfen. So führt etwa Hartmann von Aue den Gerichtskampf von Iwein und Gawein über mehrere Waffengänge und Pausen, die selbst dann noch fortwuchern, als der Gerichtskampf aus formaljuristischen Gründen bei Sonnenuntergang als entschieden gelten müsste:28 Tief im Herzen der Kämpfer aber treiben minne und haz unablässig Zuneigung und Aggression voran.29 Auch der Parzival Wolframs von Eschenbach verschränkt Aggression und Kooperation: vom Gruppenkampf der Artusritter gegen den tranceartig abwesenden Parzival über die Zweikämpfe Gawans auf dem Feld von Joflanze oder der unerkannten Brüder Parzival und Feirefiz bis zum alternierenden Wechsel umfangreicher Passagen, die bald Parzival, bald Gawan folgen.
Aber auch heldenepische Texte entwickeln ihre Kampfbeziehungen in dieser Spannung. Gemeinsam pausieren im Waltharius die Kontrahenten Gunther, Hagen und Walther miteinander, trinken, bespotten und rühmen sich gegenseitig für Verstümmelungen und andere Heldenleistungen; nach einer langen Sequenz von Siegen und Niederlagen balanciert die Erzählung damit einen Zustand aus, der Sieg und Niederlage aufschiebt.30 Selbst wenn Heldenepen ihre Antagonisten holzschnittartig gegenüberstellen, führt sie die Erzählung von Dietrichs Flucht in eine »Endlosschleife« von Kämpfen, die weder Anfang noch Ende zu haben scheinen.31 Ihre Dynamik treibt im Rosengarten zu Worms eine Duellserie voran, die aufwändige Bindungen zwischen Helden herstellt und zugleich tiefgreifend zerstört.32 Nicht immer wird diese Spannung textfüllend entfaltet, sondern kann ebenso episodisch zugespitzt werden. Zu solchen Situationen zählen nicht zuletzt höfliche Grußrituale, mit denen Helden noch den unbeherrschtesten Widersachern Runde um Runde entgegentreten.33 Wettkämpfe zeigen sich dabei als einfaches Muster mit komplexer Verkettungsstruktur, episodisch geschlossen und strukturell offen zugleich. Das reizt vielfach auch die Erzählinstanzen zu besonderen Übertragungen: Während etwa Sivrit den Jagdwettkampf in der 16. Aventiure des Nibelungenliedes triumphal beendet, habe die Jagd auf ihn selbst gerade erst begonnen – Daz jagt was ergangen und ouch niht gar.34
Wenn höfische Romane und Heldenepen diese Kampfdynamik von Schließung und Öffnung besonders häufig mit Signalen von Kooperation und Verweigerung verbinden, lässt sich dahinter eine feudale Distinktionspraxis erkennen, in der Gewinn und Verlust von Ehre grundsätzlich auf wechselseitiger Anerkennung beruhen. Dagegen zeigen die vielfältigen Wettkampfszenarien religiöser Textsorten, dass paradoxe Schleifen keineswegs auf die soziale Logik adliger Selbstdarstellung beschränkt sind. Auch Märtyrerlegenden erzählen so zum Beispiel in unendlichen Kreisläufen von Glaubensdisputen, Foltern und Auferstehungen,35 in denen Heilige und ihre Widersacher sich nicht bloß auszuschalten suchen, sondern gegenseitig immer wieder Spielräume für Machtdemonstration eröffnen. Auch Legenden erzählen in vielen Fällen mittels agonaler ›loops‹ von Kooperation und Destruktion, die vermeintlich einfache Heilserwartungen in riskanter Weise aufs Spiel setzen.36 In vergleichbarer Weise stellen auch Wissensdiskurse des Spätmittelalters epistemische Ordnungen in Gestalt von Wettkämpfen zur Debatte, die weniger auf stabile Lösungen als vielmehr auf fortgesetzte Dynamik zielen.37 Die Beispielliste ließe sich jenseits narrativer Textsorten rasch weiter verlängern.38
Zwischen Einfachheit und Vielfalt eröffnen Wettkampflogiken dadurch Spielräume, die Grenzen und Möglichkeiten ihrer Kontexte experimentell zur Debatte stellen. Antikenromane wie der Eneasroman Heinrichs von Veldeke etwa entfalten im Rahmen von Kampf- und Liebesdarstellungen ein »konkurrierende[s] Nebeneinander von himmlischer und irdischer Handlungsmotivation«, das die Gründungsgeschichte römischer Herrschaft um Geschichten alternativer Liebesformen, religiöser Instanzen und politischer Stile erweitert.39 Ausgangspunkt der Untersuchung bildet dabei die Beobachtung, dass derartige Spielräume nicht schon von Konfliktsujets wie Krieg oder Zweikampf allein begründet werden. Sie entstehen in besonderem Maße, wenn ihre erzählerische Organisation erkennbar an konkurrierenden Darstellungsmodi arbeitet, die wie im Falle des Eneasromans etwa Motivationsarten, Semantiken und Diskurse umfassen. Vielfalt entsteht selbst in solchen agonalen Erzählarrangements, die Schwert und Lanze mit keinem Wort erwähnen. Wettkampf wird somit nicht bloß als Frage nach Motiven und Semantiken, sondern auch nach narrativen Formen von Interesse. Was aber sind dies für Erzählformen, die sich weniger dafür interessieren, wer gewinnt oder verliert, stattdessen aber von Wettkämpfen in unabschließbaren Schleifen sprechen?40 Welcher Kultur entspringen literarische Gegner wie Gawein und Gasozein, die einander im Zweikampf auszuschalten suchen, gleichzeitig aber bis zur Erschöpfung fördern und unterstützen?
Die Beschreibung der einzelnen Motive, die zu diesen Fragen gehören, mutet einfach an: Es geht um Regeln und Akteure agonaler Spiele in feudalen, religiösen und urbanen Erzählkontexten. Und auch an sozialtheoretischen Begründungen für die Exzessdynamik von Kampfformen fehlt es nicht.41 Doch scheinen mir die Schwierigkeiten bereits diesseits motivgeschichtlicher oder literatursoziologischer Einordnungen zu beginnen, sobald sich das Interesse überhaupt auf Spielräume der Vervielfältigung richtet. Sie verschärfen sich gerade in kulturwissenschaftlichen Beobachtungslagen, die sich disziplinärer und gegenstandsbezogener Pluralisierung verdanken. Das klingt zunächst wenig eingängig. Sind kulturwissenschaftliche Untersuchungen nicht besonders dafür sensibilisiert, Texte als Knotenpunkte pluraler Zeichenensembles zu begreifen, die auf Optionalität und Selektivität angelegt sind?42 Wenn die gegenwärtigen Kulturwissenschaften die Gegenstandsgrenzen von Einzeldisziplinen ebenso wie die methodischen Grenzen von Paradigmenfolgen weit hinter sich gelassen haben, gilt die »Tendenz der Kulturwissenschaften zum Pluralismus« heute als unhintergehbar.43 Kulturen wie Kulturwissenschaften, könnte man daher vereinfachend sagen, sind nur unter pluralistischen Vorzeichen zu haben.44
Immer deutlicher zeichnet sich jedoch ab, dass damit Gewinne und Schwierigkeiten zugleich erkauft sind. Als fruchtbar erwiesen sich kulturwissenschaftliche Öffnungen, wenn damit nicht nur Grenzen überschritten, sondern Beobachtungszonen angereichert wurden. Problematisch erwies sich diese Vervielfältigung, sofern nicht im selben Maß reflektiert wird, inwiefern die Gegenstandsbereiche solcher Pluralisierung standhielten. Dadurch wuchsen blinde Flecke zwischen Forschungsoptik und Gegenständen, die nicht nur die Beschreibungsleistungen kulturwissenschaftlicher Forschung ermöglichen, sondern auf unbehagliche Weise auch einschränken. Sie bilden den allgemeinen Anlass und die Ausgangslagen (Kap. I.3–5) der vorliegenden Studien.
Dass vormodernes Erzählen einfach und komplex zugleich erscheinen kann, ist also nicht bloß ein Spezialproblem für Mediävisten, sondern könnte nicht zuletzt auch mit Beschreibungsproblemen grundsätzlicher Art zu tun haben. Zumindest können jüngere Theoriediskussionen der Mediävistik den Eindruck nähren, dass kompakte Begriffe wie etwa das ›Leitkonzept der Alterität‹ diese Schwierigkeiten eher verdeckten als analytisch erhellten.45 Auch ließen sich gängige Merkmale komplexer Texte wie Reflexivität und Polyvalenz häufig nur unter deskriptiven Verwerfungen oder negativen Vorbehalten auf mittelalterliche Erzähltexte anwenden.46 Galten besonders komplexe Texte dementsprechend als ›Frühformen‹ von Reflexivität,47 als herausragende Beispiele der ›Dekonstruktion‹48 kultureller Spielregeln oder als literarische Arbeit ›vor dem Zeitalter der Literatur‹,49 so mussten solche Perspektiven mühsam gegen ästhetische Normen und literarhistorische Modernisierungsthesen anschreiben,50 die Komplexität eher zum Argument von Wertzuschreibung als zum Werkzeug präziser Textbeschreibung machten.51
Die folgenden Überlegungen stellen sich dieser Herausforderung im Kontext von Historisierungsschwierigkeiten, welche die kulturwissenschaftliche Mediävistik mit methodischen Prämissen der Pluralisierung übernimmt. Schwierig sind sie, weil sie keineswegs oberflächlich eingehandelt und insofern leicht verzichtbar wären, sondern gewissermaßen zur Arbeitsgrundlage mediävistischer Textwissenschaften gehören. Meine Arbeitshypothese ist demgegenüber einfach: Wenn mittelalterliche Erzählungen einfach und komplex zugleich erzählen, könnten Typen der Vervielfältigung in den Blick treten, die in diesem präzisen Sinne als nicht-kulturförmig zu betrachten wären, insofern sie einen spezifisch modernen Pluralismus des Kulturellen nicht teilen. Doch mit emphatischen Abgrenzungen dieser Art ist natürlich wenig gewonnen: Wie kann man solche Erzählungen zwischen Einfachheit und Vielfalt beschreiben, ohne dafür den Umweg über Negationen zu nehmen? Die komplexen Formen mittelalterlicher Wettkampferzählungen könnten hierzu exemplarische Anregungen liefern, um Pluralisierungsannahmen der mediävistischen Kulturwissenschaften zur Debatte zu stellen. Wie Kulturwissenschaften sich jenen Objekten stellen, die sich kulturwissenschaftlicher Pluralität widersetzen, könnte dann auch über die Mediävistik hinaus zu einer weniger unbehaglichen, dafür aber brisanteren Frage werden.52