Читать книгу Was Luther angerichtet hat - Bernd Rill - Страница 10
Hutten und Sickingen
ОглавлениеIn der deutschen Öffentlichkeit hatte seit dem hohen Mittelalter schon immer ein anti-römischer Affekt gewirkt, der nun auch publizistischen Widerhall fand. Da war der fränkische Adlige und Literat Ulrich von Hutten, der humanistische Studien betrieb, den Kaiser Maximilian I. zum poeta laureatus beförderte und dessen wortgewaltiger und gedruckter Widerwille gegen die römische Kirche sich zu nationaler Eindringlichkeit steigerte.
Hutten war froh, in dem Reichsritter Franz von Sickingen einen Gesinnungsgenossen zu finden. Der war zwar ein Feldhauptmann des Kaisers, hatte Luther aber nach dessen Auftritt in Worms zu sich auf seine Ebernburg (bei Bad Kreuznach) eingeladen, um ihn vor allfälliger Gefangennahme zu bewahren. Luther hatte gut daran getan, diese Einladung abzulehnen und sich stattdessen von den Leuten seines Kurfürsten Friedrich entführen zu lassen. Denn Franz von Sickingen gehörte zu dem vielfach frustrierten Stand der Reichsritter: Herren mit geringem Grundbesitz auf ihren Burgen, die sich der Vereinnahmung durch die Staatsgewalt der nachbarlichen Fürsten schlecht und recht erwehrten.
Der Ritterstand sympathisierte nur wenig mit der Reformation. Sickingen aber nahm sie sehr ernst, weshalb Ulrich von Hutten dessen Ebernburg als „Herberge der Gerechtigkeit“ besang. Leopold von Ranke steigert an dieser Stelle seine auch sonst erlesene Prosa: „In der Tat, es wäre kein schlechter Bund gewesen, wenn der Mönch, den die Nation wie einen Propheten verehrte, seinen Wohnsitz bei dem gewaltigen Rittersmann genommen und ihn mit der Macht seines Wortes unterstützt hätte.“ Doch dann: „Aber Luther hatte den großen Sinn, sich von allen politischen Verbindungen fernzuhalten, keine Gewalt versuchen, einzig der Macht der Lehre vertrauen zu wollen.“
Franz von Sickingen scheiterte schnell. Er tat sich mit einem nicht unerheblichen Teil der Reichsritterschaft zusammen und begann, Trier zu belagern, die Residenz des von ihm gehassten „Pfaffen“, des dortigen geistlichen Kurfürsten. Die ritterliche Hilfe kam nicht, Sickingen musste sich auf seine Burg Nanstein zurückziehen, wurde von dem belagernden Fürstenheer zusammengeschossen und kam selbst um (7. Mai 1523).