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Luther und die Freiheit

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Das Stichwort der subjektiven Auffassung, der Lokalisierung der Rechtfertigung im höchstpersönlichen Gewissen (mit unverzichtbarer göttlicher Hilfe!), leitet über zur positiven Wertung Luthers als eines kulturgeschichtlich mächtigen Bringers von Freiheit, als eines Vorläufers der abendländischen Aufklärung. Für Georg Wilhelm Friedrich Hegel war Luthers Subjektivismus eine Weichenstellung: „Das Geschäft der Geschichte ist nur, dass die Religion als menschliche Vernunft erscheine, dass das religiöse Prinzip, das den Herzen der Menschen innewohnt, auch als weltliche Freiheit hervorgebracht werde.“ Nach Hegel’scher Auffassung ist die Geschichte eine dialektisch zu verstehende Entfaltung Gottes als des „Weltgeistes“, die mit dem Zielpunkt des Endes der Geschichte als einer endgültigen Ausfaltung der Harmonie in Gott (bzw. dem Weltgeist) versehen ist. Der Geist erkennt auf diesem Weg sich selbst immer besser, um es simpel auszudrücken. Da war das von Luther installierte Selbstbewusstsein, das keine Rücksicht mehr auf die überpersönlichen Vorgaben der etablierten Kirche nahm, ein wichtiger Schritt in der Selbsterkenntnis des von den Päpsten geknechteten Weltgeistes, der nach Hegels optimistischer Auffassung nicht nur chronologisch, sondern auch qualitativ fortschreitet.

Es ist klar, dass ein Katholik so nicht philosophiert hätte, auch wegen des Unterschiedes zwischen der Statik katholischen dogmatischen Denkens und der unbekümmert unorthodoxen Geist-Bewegtheit des Protestanten Hegel.

Die „Freiheit“ im Verständnis Luthers war ganz klar an religiöse Bezüge gebunden, keine etwa bei uns durch das Grundgesetz garantierte bürgerliche Freiheit ohne religiöse Voraussetzungen. Etwas in dieser säkularen Art entsprach nicht Luthers Vorstellungswelt. Dass er trotz der Einschärfung ernsthafter Frömmigkeit zum Katalysator einer für die Neuzeit entscheidenden geistigen Freiheit wurde, wird uns später noch beschäftigen. Zunächst ist genauer zu beobachten, wie er seine der Sache nach neue Kirche, auch wenn er aus religiösem Gewissen glaubte, nur die unverfälschte, wahre „alte“ Kirche wieder herzustellen, organisatorisch in der politischen Welt vertäute. Seine religiöse Schau ging einher mit weltlichem Realismus, der ins Konservative schlug, denn da ließ sich mehr und Dauerhaftes gestalten – wozu man als Beleg nicht einmal die Gegen-Figur des Thomas Müntzer braucht.

Was Luther angerichtet hat

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