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Vorwort

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Die Zeit von den Reformen der Gracchen bis zur Dictatur Sullas hat als Epoche in der Forschung zur Alten Geschichte keinen ‚guten Ruf‘. Zu klar scheint der Ausbruch der Krise der republikanischen Ordnung in dieser Periode zu liegen. Die Ereignisse zwischen 134 und 78 v. Chr. haben den bitteren Beigeschmack, den Anfang vom Ende eines erfolgreichen Gesellschaftsmodells darzustellen, das schließlich an seiner eigenen Unfähigkeit zur inneren Erneuerung zugrunde ging. Und doch, als Prüfungsthema sind die Entwicklungen dieser Phase der römischen Geschichte sehr beliebt. Dies liegt wohl einerseits an den grundsätzlichen Fragestellungen, die sich dem Betrachter angesichts der Probleme eines über Jahrhunderte hinweg stabilen und erfolgreichen Gemeinwesens aufdrängen: Worin lagen die Ursachen für die Krise der Republik, was hielt diesen Staat solange zusammen und war der Untergang dieser Staatsform unvermeidlich? Andererseits faszinieren auch die markanten Einzelpersönlichkeiten, die uns in dieser Zeit entgegentreten und die sich durch ihr eckiges, scheinbar nicht an den kollektiven Normen der Aristokratie orientiertes Erscheinungsbild auszeichnen. Insbesondere die oft als heroisch handelnd beschriebenen Gebrüder Gracchus, die sich in der Sicht vieler Autoren für die notwendigen Reformen des alten Gemeinwesens aufopferten und gerade mit ihrem tragischen Tod ein Zeichen für wahren Bürgersinn gaben, üben bis heute mit ihrem kurzen, aber bewegten Leben eine ungebrochene Anziehungskraft auf alle aus, die sich mit der Alten Geschichte beschäftigen.

Dieses rege Interesse sieht sich jedoch mit dem schwerwiegenden Problem konfrontiert, dass die Informationslage in den antiken Quellen zu dieser Epoche äußerst kompliziert ist. Vor allem fehlt uns eine ausführliche antike Gesamtdarstellung zu den Vorgängen. Stattdessen besitzen wir nur sehr verstreute Informationen zu dieser Zeit, die zudem nicht immer ein einheitliches Bild der politischen und gesellschaftlichen Abläufe zeichnen. Diese Vielschichtigkeit der Rekonstruktion setzt sich ungebrochen in einer umfangreichen Forschungsliteratur fort, in der eine große Zahl von Detailproblemen ausführlich und zumeist sehr kontrovers diskutiert wird.

Das Kernanliegen dieses Buches ist es, einen weiten Überblick über diese spannende Epoche für historisch interessierte Leser in gut lesbarer Form zu bieten. Dabei soll die Zeit des ausgehenden zweiten und beginnenden ersten Jahrhunderts v. Chr. jedoch nicht unter dem Blickwinkel eines Überganges zu Krise und Untergang einer Staatsform betrachtet werden, sondern es wird vielmehr versucht, die Kreativität und Produktivität, die diese Periode trotz der einsetzenden Gewalttätigkeiten im öffentlichen Raum auszeichnete, herauszuarbeiten. Daher sollen neben den Krisenerscheinungen auch vielfältige Neuansätze, die damals entwickelt wurden, aufgezeigt und auf diese Weise verdeutlicht werden, dass die Zeit von den Gracchen bis Sulla nicht eine Initialphase für das kollektive Siechtum der Republik war, sondern durch die komplexe Suche nach neuen Organisationsformen bestimmt war. So ist es das Ziel des Buches, die Offenheit der Entwicklung, die nicht durch zwangsläufige Prozesse bestimmt war, darzustellen und damit der Eigenständigkeit dieser Epoche im Rahmen der römischen Geschichte klarere Konturen zu verleihen.

Glücklicherweise musste der vorliegende Band nicht in splendid isolation abgefasst werden. So bleibt mir noch die angenehme Pflicht denen Dank zu sagen, die mich dabei unterstützten. Zu erwähnen wären zunächst Martin Jehne und Rene Pfleilschifter aus Dresden, die das Manuskript eingehend gelesen haben und die Fertigstellung durch kritische Einwände konstruktiv begleitet haben. Die intensiven Diskussionen, die ich über mehr als 10 Jahre mit meinen Dresdner Kollegen führen durfte, prägten die Darstellung der Römischen Republik in grundlegender Weise. Ihnen allen sei an dieser Stelle noch einmal für ihre Langmut und Geduld gegenüber meinen Denkansätzen und ihrer lebhaften Vertretung in den gemeinsamen Gesprächen gedankt. Die vielfältige Unterstützung durch meine früheren Chemnitzer Mitarbeiter Frau Liebscht, Frau Rosenbaum und Herrn Ketscher war in der Endphase des Projektes eine wertvolle Hilfe. Auch ihnen gilt mein herzlicher Dank. Desgleichen möchte ich Kai Brodersen für die Anregung zu diesen Buch und den Mitarbeitern der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft für die umsichtige Betreuung des Projektes danken.

Gewidmet sei das Buch meiner Familie, die die Grundlage von allem ist.

Bochum, im Sommer 2011 Bernhard Linke
Die Römische Republik von den Gracchen bis Sulla

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