Читать книгу Anleitung zum Diätwahnsinn - Bernhard Ludwig - Страница 11
Gewichts-Vorbild Barbie
ОглавлениеSchuld an der heute weit verbreiteten Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper ist also nicht zuletzt Barbara Millicent Roberts, auch unter dem Namen Barbie bekannt. Die kleine Puppe ist zwar mit ihren mittlerweile mehr als 55 Jahren wahrscheinlich schon jenseits der Wechseljahre, doch auf dem Plastik finden sich weder Orangenhaut noch Falten. Auch das Modell »Burnout-Barbie mit Hängebrüsten« wird man vergeblich suchen. Eine reale Frau Roberts wäre übrigens kaum lebensfähig: Fast 2,20 Meter müsste sie groß sein. Aufgrund des fehlenden Fettgewebes hätte sie weder Menstruation noch Eisprung, sodass sie sich nicht fortpflanzen könnte, auch wenn sie sich mit Ken zusammen noch so sehr bemüht. Bei den umgerechneten Maßen 99–46–84 wären die inneren Organe zusammengequetscht. Barbie litte unter Fehlstellungen in Knie und Hüfte, Bandscheibenproblemen und hätte ein Überbein dank der High Heels, die sie ständig trägt.
Übrigens hatte Barbie im Jahr 2003 kurz mal zugenommen. Die »Curvy Barbie« erweiterte das Sortiment und sah erstmals ein wenig realistischer aus. Rumpf und Beine waren kürzer, die Hüften breiter. Aber da er sah, dass es für den Umsatz nicht gut war, schuf der Schöpfer Mattel am sechsten Tage aus einem Haufen Plastik wieder eine Barbie nach dem Ebenbilde essgestörter Models. Denn vor die Wahl gestellt, entscheiden sich die jungen Kundinnen immer noch für die klassisch verbaute Barbie im Bikini. Auch wenn Eltern ein wertvolles Ich-bin-ich-Stoffwesen als geschlechtsneutrale Identifikationsfigur bevorzugen: Unsere Kinder machen eh, was sie wollen. Und das ist auch gut so.
Übrigens hat das Magazin »Brigitte« 2010 die Initiative »Ohne Models« ins Leben gerufen, um, wie es hieß, der Schönheit die Natürlichkeit zurückzugeben. So lichtete man eine Zeitlang statt überaus schlanker Models Menschen wie du und ich ab. An sich ein lobenswerter Versuch, der jedoch zum einen vermutlich den Anzeigenkunden sauer aufgestoßen ist, die ihre Produkte nun mal an stereotypische Schönheitsideale geknüpft haben wollten, zum anderen überraschenderweise von der Leserschaft nicht goutiert wurde. Eine Begründung: »Wenn schon die Frau von der Straße auf den Fotos in der ›Brigitte‹ so schön aussieht, bekommt man ja Minderwertigkeitskomplexe.« Wer hätte gedacht, dass die Sache mit den Komplexen derart komplex ist.