Читать книгу Völkerrecht - Bernhard Kempen - Страница 136

3. Bestimmung der Staatszugehörigkeit juristischer Personen

Оглавление

Sollten bei der Bestimmung der Staatszugehörigkeit juristischer Personen (→ Staatsangehörigkeit/-zugehörigkeit) die Gründungs- und die Sitztheorie zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist umstritten, welcher Theorie der Vorzug zu geben ist. Der IGH hat im Barcelona Traction-Fall (Case Concerning the Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited [Belgium v. Spain], ICJ Reports 1970, 4) beide Theorien als Kriterien zur Bestimmung der Staatszugehörigkeit einer Gesellschaft gleichermaßen anerkannt.

Der ILC-Entwurf hat in Art. 9 die Grundsätze aus der Entscheidung des IGH aufgegriffen und eine Kompromisslösung gewählt. Demnach soll als Grundregel auf die Gründungstheorie abgestellt werden. Die Anwendung der Gründungstheorie wird hingegen in den Fällen als nicht sachgerecht empfunden, in denen die Gesellschaft im Gründungsstaat keine nennenswerte geschäftliche Tätigkeit ausübt und die Anteilseigner aus anderen Staaten als dem Gründungsstaat stammen. Unter diesen Umständen ist gemäß Art. 9 ILC-Entwurf entsprechend der Sitztheorie der Staat zur Ausübung diplomatischen Schutzes berechtigt, in dem die Geschäftsführung ihren Sitz unterhält und von dem aus die finanzielle Kontrolle der Gesellschaft ausgeübt wird. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Fehlt eine der Bedingungen, dann bleibt es bei der Grundregel, dass der Staat der Gründung der Gesellschaft zur Ausübung diplomatischen Schutzes berechtigt ist.

Zu unterscheiden von der Ausübung diplomatischen Schutzes zugunsten von Gesellschaften ist der diplomatische Schutz von Anteilseignern. Angesichts der grundlegenden systematischen Unterscheidung zwischen Gesellschaften einerseits und deren Gesellschaftern andererseits wird die Möglichkeit der Staaten, zugunsten von Anteilseignern zu intervenieren, grundsätzlich abgelehnt, sofern lediglich eine Verletzung der Gesellschaft vorliegt. Dies gilt selbst dann, wenn die gesamten Anteile einer Gesellschaft von einem Gesellschafter eines dritten Staates gehalten werden. Aufgrund einzelner Entscheidungen des IGH sowie der Bestimmungen im ILC-Entwurf ist als Ausnahme weitestgehend anerkannt, dass der Heimatstaat von Anteilseignern dann zur Gewährung diplomatischen Schutzes berechtigt ist, wenn die Gesellschaft aufgelöst wurde und nicht die Auflösung selber als Verstoß gerügt werden soll (vgl. Barcelona Traction, Art. 11 lit. a ILC-Entwurf). Darüber hinaus kann der Heimatstaat der Anteilseigner aufgrund völkervertraglicher Vereinbarungen zur Ausübung diplomatischen Schutzes berechtigt sein, wie es beispielsweise oftmals in Investitionsschutzverträgen (→ Investitionsrecht, internationales) vereinbart wird.

Völkerrecht

Подняться наверх