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IV. Gegenläufige Tendenzen

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Die vorstehend behandelten Beispiele betrafen sämtlich Fälle, in denen das Völkerrecht den faktischen Veränderungen neutral gegenüberstand: Nach allgemeinem Völkerrecht ist die Sezession eines Staates grds. nicht verboten. Auch ein Regierungswechsel, selbst wenn er auf revolutionäre Art und Weise erfolgt, verstößt grds. nicht gegen das Völkerrecht. Die Entstehung neuen Völkergewohnheitsrechts ist völkerrechtlich ebenfalls nicht verboten, wenngleich die Staaten in einer Übergangsphase (d. h. vor Etablierung der neuen Gewohnheitsrechtsnorm) gegen das bestehende Völkerrecht verstoßen. Schließlich erlaubte das klassische Völkerrecht die Kriegführung zur Durchsetzung eigener Interessen, ein damit einhergehender Gebietserwerb war daher ebenfalls nicht rechtswidrig. All dies kann als Beleg für den traditionell wertneutralen Charakter des Völkerrechts angesehen werden.

Bereits eingangs wurde indes darauf hingewiesen, dass in neuerer Zeit eine wertmäßige Aufladung des Völkerrechts erfolgt ist. Damit stellt sich die Frage, wie sich das Völkerrecht gegenüber Situationen, die unter Verstoß gegen die genannten Rechtswerte zustande gekommen sind, verhält. Hier gewinnt nun die Maxime „ex iniuria ius non oritur“ an Bedeutung: In dem Maße, wie das Völkerrecht mit materiellen Werten aufgeladen wird, erfolgt zugleich eine Zurückdrängung des Effektivitätsprinzips. Dabei handelt es sich um einen Prozess, der gegenwärtig noch nicht abgeschlossen ist und den das bestehende Spannungsverhältnis zwischen Legalitäts- und Effektivitätsprinzip kennzeichnet.

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