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3. Entstehung von Völkergewohnheitsrecht

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Als ein weiteres Beispiel für das Effektivitätsprinzip im hier verstandenen Sinne können die Anforderungen an das Entstehen von → Völkergewohnheitsrecht gelten. Bekanntlich muss hierfür neben dem Vorliegen einer entsprechenden Rechtsüberzeugung (opinio iuris) eine im Regelfall länger andauernde und von der überwiegenden Mehrheit der Staaten praktizierte Übung (consuetudo) hinzutreten.

Durch das Erfordernis der consuetudo wird zunächst einmal gewährleistet, dass das Völkergewohnheitsrecht mit der Rechtswirklichkeit im Wesentlichen übereinstimmt. Die Nähe zwischen Recht und Wirklichkeit erscheint gerade in einer dezentral organisierten, nicht über eigenständige Rechtsdurchsetzungsorgane verfügenden Rechtsordnung wesentlich, da auf diese Art und Weise die praktische Wirksamkeit des Völkerrechts (im oben erstgenannten Sinne) befördert wird. Wenn der parlamentarische Gesetzgeber bei der Setzung von Recht zugleich dessen Realisierungschancen berücksichtigt, so tut er dies aus einem Gebot politischer Klugheit heraus; die Nichtbefolgung einer Norm in der Rechtswirklichkeit nimmt dem jeweiligen Sollenssatz jedenfalls nichts von seiner Rechtsverbindlichkeit. Da das Völkerrecht über keinen zentralen Durchsetzungsmechanismus verfügt, untergrübe die Statuierung von Normen des Völkergewohnheitsrechts, die von vornherein nicht auf eine zumindest regelmäßige Befolgung in der Staatengemeinschaft bauen könnten, die Verbindlichkeit des Völkerrechts insgesamt.

Darüber hinaus tritt mit dem Element der consuetudo wiederum das Publizitätskriterium in den Vordergrund. Ohne das Erfordernis einer verbreiteten Übung könnten in einer ungeschriebenen Rechtsordnung, welche nicht über ein zentrales Publikationsorgan wie das Bundesgesetzblatt verfügt, je nach den eigenstaatlichen Interessen Rechtsregeln behauptet werden. Demgegenüber trägt derjenige Staat, der eine bestimmte Rechtsregel des Völkergewohnheitsrechts behauptet, die Beweislast für dessen Existenz. Das dient zugleich der Rechtssicherheit, indem die Behauptung nicht hinreichend belegbarer Rechtsregeln abgewehrt wird, und damit in einem weiteren Sinne wiederum der Friedenssicherung.

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