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Der Plan des Buches:

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Das ökonomische Denken ist in einigen fixen Vorstellungen gefangen: Diese Vorstellungen müssen ergänzt oder ausgetauscht werden. Ökonomische Rationalität rechtfertigt häufig egozentrische und nationale Zwecksetzungen. Das ist insbesondere so, seit J. Buchanan Vertragstheorien von der Art verteidigte, wie sie T. Hobbes hinterlassen hat (Buchanan 1975/1984). Viele Wirtschaftswissenschaftler haben sich seit V. Pareto auf Wege beschränkt, die es erlauben, pareto-optimale Zustände zu erzeugen und bauen ihre Methodik wesentlich auf den Homo Oeconomicus[2] auf. Inhaltlich vertreten sie die Marktwirtschaft und das hinter dieser stehende Wachstumsparadigma: Wirtschaft muss wachsen oder zugrunde gehen. Auf Ebene der Unternehmen wird das mit M. Friedmans „The business of business is business.“ übersetzt (Friedman 1970, 32f.).

Diese Paradigmen ökonomischen Denkens sind zu überwinden: Die Vertragstheorie und die auf ihr beruhenden Zwecksetzungen sind unmoralisch, das Pareto-Prinzip sollte durch einen humanen Utilitarismus (Gesang 2003) ergänzt werden. Das Prognoseinstrument des Homo Oeconomicus (HO) stellt ein Verhalten als unumgänglich dar, das man verändern kann und muss. Wachstum muss nachhaltig werden oder es gefährdet zahllose Leben in Gegenwart und Zukunft. Auf Ebene der Unternehmen brauchen wir ein moralisches Leitbild, und das sollte sich an den Menschenrechten orientieren. Diese Ideen will ich durch eine bestimmte Variante des Utilitarismus begründen. Damit ist das Programm des Buches kurz beschrieben.

Eine Standardposition der heutigen Ökonomie will ich aber hier nicht herausfordern. Auch ich glaube, dass eine marktwirtschaftliche Ordnung angesichts der Aufgabe, die Bedürfnisse in Massengesellschaften zu koordinieren, derzeit als alternativlos gelten kann, denn wo wären Konzepte für eine völlig neue Organisation des Wirtschaftens?

|5|Selbst moderne Varianten des Ökosozialismus legen sich häufig auf eine mixed economy oder einen market socialism fest, welche Schlüsselindustrien vergesellschaften wollen, staatliche Kontrolle und Mitarbeiter-Mitbestimmung groß schreiben oder ein bedingungsloses Grundeinkommen fordern, aber den Markt als Koordinationsinstanz beibehalten (z.B. Arndt und Rogall 1983/1984, 496f.; oder als Beispiel für eine anarchistische Form des Anti-Kapitalismus: Chartier und Johnson 2011). Jedenfalls scheint es derzeit kaum ein Wirtschaftssystem zu geben, das völlig auf den Markt verzichtet und ich werde alle Systeme als „Marktwirtschaften“ bezeichnen, welche den Markt beibehalten, aber unterschiedlich stark eingrenzen. Wie stark ich selbst meine, den Markt politisch eingrenzen zu müssen, zeigen die Kapitel drei und fünf. Allerdings versuche ich soweit wie möglich in den Grenzen des Durchsetzbaren zu bleiben. Wenn im Sozialismus also Enteignungen von Unternehmen und Branchen gefordert werden, kann dies z.B. in Bezug auf Banken ein richtiger Gedanke sein, der aber so weit von den derzeit realisierbaren Optionen entfernt ist, dass ich meine Konzeption nicht darauf aufbauen möchte.

Die Kritik des egozentrischen und des nationalen Wirtschaftszwecks soll in diesem Buch nicht im Vordergrund stehen, gleichwohl werden beide Zwecke im ersten Kapitel kritisiert. Die dominierende Wirtschaftsethik in Deutschland, die sogenannte Ökonomische Ethik, macht sich den egozentrischen Ansatz zunutze. Obgleich ihr schon häufig widersprochen wurde, soll ihr hier mit neuen Argumenten widersprochen werden. Im zweiten Kapitel wird der Utilitarismus vorgestellt und das von vielen Ökonomen verfochtene Verständnis von Optimierung als Pareto-Optimalität kritisch beleuchtet, denn es stellt die Möglichkeit eines Utilitarismus in Frage. Beide Kapitel sind hilfreich, um den in diesem Buch vorgestellten Entwurf hinreichend gegen andere Konzepte abzuheben. Im weiteren Verlauf des Buches soll dann Neuland beschritten und geklärt werden, welche Wirtschafts- und Unternehmensethik sich ergibt, wenn man eine utilitaristische Perspektive einnimmt. Diese Perspektive fehlt im Konzert der wirtschafts- und unternehmensethischen Positionen derzeit häufig, wie Jones und Felps (Jones und Felps 2013) feststellen. Das ist ein guter Grund, sie zu ergänzen.

Allerdings hätte man damit zwar die ethischen Stimmen in der Partitur des Musikdramas „Wirtschafts- und Unternehmensethik“ vervollständigt, aber dieses klänge deshalb nicht besser, sondern immer noch nach Donaueschingen im Jahr 1970. Was nützt es dem Politiker, |6|Unternehmer oder Manager, wenn er liest, dass er als Kantianer a, als Utilitarist b und als Vertragstheoretiker c tun soll? Wie ordnet man einen völlig dissonanten Orchesterklang, so dass Harmonie entsteht? Sollen Politiker und Unternehmer selbst normative Ethik betreiben, sich also die Vor- und Nachteile der Modelle klar machen, um einen eigenen Standpunkt zu beziehen? Im Idealfall wäre das gefordert, aber de facto führt es häufig dazu, dass Praktiker sich überfordert von der Ethik abwenden.

Das eigentlich gute Vorhaben, sich für Ethik zu interessieren, fällt dann zusammen wie ein Kartenhaus. Daher wird im fünften Kapitel dieses Buches eine Konsensposition formuliert, der Kantianer, Utilitaristen, Mitleidsethiker und andere Moralphilosophen weitestgehend zustimmen können. Diese Position ist aber utilitaristisch begründet und zeigt, dass der Utilitarismus imstande ist, viele Forderungen aus anderen Positionen zu übernehmen, weil sie seinem Ziel der Glücksmaximierung zuträglich sind. Daher ist er ein besonders guter Ausgangspunkt, um eine Konsenslösung zu entwerfen. Ein Baustein für diese Lösung sind die Menschenrechte, da sie von vielen Theoretikern, Menschen in der Praxis und westlichen Unternehmen anerkannt werden, die nach wie vor tonangebend auf der Welt sind. Das heißt, das Buch soll im letzten Kapitel einen Kanon von Pflichten für Unternehmen und Staaten ausformulieren, der auf den Menschenrechten fußt, und der lediglich um einige weitere Forderungen ergänzt wird, die zwischen den am Konsens beteiligten Ethiken weitgehend unstrittig sind.

Im dritten Kapitel wird der Frage nachgegangen, wie man die aus der Perspektive des Utilitarismus größten ethischen Probleme unseres vorherrschenden Wirtschaftssystems bekämpfen kann: globale Armut und Raubbau an zukünftigen Generationen. Dabei werden Postwachstumsökonomie, Green New Deal sowie Kontraktions- und Konvergenzansätze kritisch beleuchtet. Es zeigt sich, dass die utilitaristische Perspektive erneut zu Schlussfolgerungen führt, die von vielen anderen ethischen Konzepten geteilt werden:

Wenn wir uns mit fehlenden Ressourcen und Kapazitäten des Planeten, Schadstoffe aufzunehmen (Senken), befassen, wird klar: Wir können nur eine Wirtschaft verantworten, die den Naturverbrauch nach naturwissenschaftlichen und ethischen Vorgaben beschränkt (Cap). Für verbleibende Restmengen, die verbraucht werden dürfen, bietet sich ein Handelssystem (Trade) an. Dieses Handelssystem muss nicht auf einen Emissionshandel beschränkt gedacht werden, sondern kann viele knappe Größen einbeziehen. Die armen Menschen dieser Welt |7|müssen als Verkäufer von Zertifikaten, die zum Verbrauch knapper Größen ermächtigen, von dem System profitieren. Wenn eine solche Wirtschaft wächst, wächst sie in den durch das Cap fest definierten absoluten Grenzen, daher nenne ich sie Absolute Border Economy (AB-Economy). Damit löst man sich von der vorherrschenden Fixierung auf die Frage, ob die Wirtschaft der Zukunft noch wachsen darf. Innerhalb absoluter Grenzen ist ein Wachstum harmlos und der Markt, nicht die Politik entscheidet, ob es stattfindet.

Die Durchsetzung, nicht die normative Begründung einer AB-Economy, ist das eigentliche Problem. Das wird uns im vierten Kapitel zu Fragen wie der führen, ob die heutige demokratische Ordnung noch „Zukunft kann“ und nicht verändert werden müsste, um dies zu leisten. Hier wird der Ruf nach einer demokratisch legitimierten Reform unserer Institutionen laut, die gerade dann unausweichlich ist, wenn man Ökodiktaturen eine Absage erteilen will.

Die fünf Kapitel leisten eine Kritik des ökonomischen Denkens und sie gehen darüber hinaus, indem sie neue Wege bahnen und auch einen Kanon praxistauglicher Prinzipien für Unternehmen formulieren.

Danksagung: Für interessante Diskussionen und Anmerkungen zu diesem Buch muss ich mich bei vielen Menschen und Auditorien bedanken. Besonders hervorheben möchte ich: Vuko Andric, Gerhard Bronner, Karl Homann, Peter Graf Kielmansegg, Stefan Mann, Matthias Neumann, Mathew Rendall, Julius Schälike, Bryan Scheler, Jonathan Schmitt, Max Schormair, Bill Shaw, Elias Strehle, Roland Vaubel und Florian Wettstein.

Für Korrekturarbeiten und hilfreiche stilistische Hinweise bin ich Nina Fahr-Rühland, Sinah Döhren, Barbara Guckes, Sandra Göhl, Franziska Ludwig, Jonathan Schmitt, Birgit Schulte-Kloke und Annerose Eichenlaub dankbar. Nicht zuletzt gebühren dem Mohr Siebeck Verlag und der Lektorin Stephanie Warnke-De Nobili mein Dank.

Wirtschaftsethik und Menschenrechte

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