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Оглавление|8|1. Kapitel: Wie rationale Homines Oeconomici einen Vertrag schließen und was im Kleingedruckten des Vertrages steht
I. Einleitung
In diesem Kapitel möchte ich eine aktuelle Hauptströmung der deutschen Wirtschaftsethik, die ökonomische Ethik[3], mit einigen der wichtigsten und in den Debatten immer wieder verzerrten Kritikpunkten konfrontieren. Damit will ich den egozentrischen und den nationalen Wirtschaftszweck schwächen und so den utilitaristischen plausibler machen. Dass der egozentrische oder der nationale Wirtschaftszweck moralisch erlaubt seien, basiert wesentlich auf vertragstheoretischen Überzeugungen wie den folgenden:
1) Alles Handeln ist nur vernünftig, wenn es durch Maximierung von Eigeninteressen erklärbar ist.
2) Alles moralisch erlaubte Handeln muss vernünftig sein.
3) Der Zweck des Wirtschaftens muss moralisch erlaubt sein.
K) Alles moralisch erlaubte Handeln, inklusive des Zwecks des Wirtschaftens, muss durch Maximierung von Eigeninteressen erklärbar sein.
Daher schwächt es die besagten Zwecke, wenn man die Vertragstheorie und ihre Verbindung von Vernunft, Moral und Eigennutzen verwirft, in der die ökonomische Ethik verankert ist. Auch die Debatte um den homo oeconomicus (HO) war bislang durch ein „Aneinander-Vorbeireden“ geprägt, da verschiedene HO-Konzepte nicht voneinander unterschieden wurden. Daher standen zwei aufeinander aufbauende Thesen der ökonomischen Ethik nicht genügend im Zentrum der Debatte: 1) Die These, dass ein moralisch akzeptables Wirtschaftssystem auf die Zustimmung jedes Betroffenen angewiesen ist. 2) Die These, dass diese Zustimmung gerade in einer marktwirtschaftlichen Ordnung zu erwarten ist, weil die aufgeklärten Interessen |9|der Individuen darauf ausgerichtet sind, den Eigennutzen zu maximieren.
Ich will in diesem Kapitel begründen, dass 1) die von T. Hobbes stammende Vertragstheorie einen unzureichenden normativen Rahmen bietet, dass 2) gerade in einer Marktwirtschaft ein Konsens aller Betroffenen über diese Wirtschaftsform nicht besonders wahrscheinlich ist, selbst wenn die Menschen ihren Eigennutzen maximieren wollen und dass 3) die aufgeklärten Interessen der Individuen nicht automatisch mit denen eines Eigennutzenmaximierers zusammenfallen, weshalb „die Menschen“ auch unter Konkurrenz nicht automatisch ihren Eigennutzen maximieren. Das erschwert den Konsens über die Marktwirtschaft noch einmal. Zuletzt soll auch eine konstruktive Würdigung der ökonomischen Ethik stattfinden, um für die weiteren Kapitel Lehren aus dieser Theorie ziehen zu können.