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Die Pedantin

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Es ist erneut ein schöner Sommermorgen. Horst und Astrid durchqueren einen Skulpturenpark und stehen schließlich am Eingangstresen eines typischen Verwaltungsgebäudes.

»Guten Tag, mein Name ist Horst Feld und dies ist meine Kollegin Astrid Stein. Wir möchten gerne zu Frau Sabine Ott von der Schadensabteilung«, stellt sich Horst vor und zeigt seinen Dienstausweis.

»Guten Tag zusammen. Einen Augenblick bitte«, begrüßt ein freundlicher Herr die beiden Polizisten und greift zum Telefonhörer. »Frau Ott, hier ist Besuch von der Polizei für sie. Könnten sie Frau Stein und Herrn Feld bitte abholen?«

Nachdem er aufgelegt hat, legt er ein kleines Formular sowie einen Stift auf die Theke: »Bitte füllen sie das aus. Danach können sie dort in dem kleinen gläsernen Warteraum auf Frau Ott warten. Sie können sich gerne an dem Kaffeeautomaten einen Espresso oder Kaffee nehmen.

Kurze Zeit später schlürfen Horst und Astrid an ihrem Kaffee und schauen sich um. Am Ende der großen Eingangshalle nähert sich eine schlanke Frau in einem schwarzen Hosenanzug. Ihre weiße Bluse ist trotz der sommerlichen Temperaturen bis zum Hals geschlossen. In Kombination mit ihrem sehr kurzen dunklen Haar sowie ihre schwarze Vollrandbrille strahlt die Mittdreißigerin bereits aus der Entfernung eine gewisse Unnahbarkeit aus.

»Das muss sie sein. Mit diesem strengen Aussehen würde ich vorsichtig sein, einen überhöhten Schaden anzumelden«, flüstert Horst.

»Das habe ich gerade auch gedacht«, stimmt Astrid ihrem Kollegen zu, als sich die Tür öffnet.

»Mein Name ist Sabine Ott. Sie sind von der Polizei und wollen mich sprechen?«, schaut sie kurz in die beiden Gesichter. »Dauert es länger oder können wir hierbleiben?«

»Da sonst niemand im Raum ist, können wir das durchaus in diesem Raum besprechen, Frau Ott«, antwortet Astrid.

Die ungeschminkte, schwarz gekleidete Frau setzt sich hin, legt ihren Schreibblock ab, der exakt an der Tischkante ausgerichtet wird und positioniert ihren Kugelschreiber peinlich genau parallel zur Oberkannte des Blocks. Danach setzt sie sich kerzengerade hin und legt ihre Hände auf den Oberschenkeln ab.

»Was kann ich für sie tun?«, fragt die Schadenssachbearbeiterin.

»Wir ermitteln in einem Todesfall und sie haben die Person möglicherweise zuletzt lebend gesehen. Wann haben sie Herrn Jens Beyer das letzte Mal gesehen«, fährt Astrid fort.

»Herr Beyer ist tot?«

Astrid nickt.

»Das ist ja schrecklich. Ich habe Herrn Beyer nur vorgestern Nachmittag gegen drei Uhr hier sehr kurz getroffen. Ich muss mich korrigieren. Es war 7 Minuten nach drei. Er hat mir Unterlagen im Auftrag meines unzuverlässigen Kollegen Harry Bogener vorbeigebracht, der noch zum Vergnügen in China bleiben wollte, anstatt seine Arbeit zu machen. Ansonsten kenne ich Herrn Beyer lediglich aus unseren Versicherungsakten.«

»Hat Herr Beyer ihnen vielleicht zufällig gesagt, wo er im Anschluss hin wollte oder ist ihnen etwas aufgefallen?«, fragt Horst nach.

»Nein, er sagte nicht, wohin er wollte. Ich hatte jedoch eine kleine Auseinandersetzung mit seiner überkandidelten Begleiterin, welche draußen auf ihn wartete. Das war eine unverschämte Person«, merkt man Frau Ott immer noch die Verärgerung an.

»Können sie die Frau etwas näher beschreiben und was war so unverschämt?«, fragt Astrid.

»Es war eine Frau meines Alters mit blondem, langem Haar. Sie trug Handschuhe … im Sommer. Sie fotografierte permanent Herrn Beyer und mich. Ich ging zu ihr raus und bat sie, dass sie Fotos von mir sofort löschen möge. Schließlich gibt es das Recht auf das eigene Bild. Sie lehnte das mit recht unhöflichen Worten ab und nannte mich eine verklemmte Spaßbremse. Herr Beyer kam dazu und versuchte zu schlichten. … Da Herr Beyer sehr höflich war, habe ich das Ganze auf sich beruhen lassen«.

»Frau Ott, hat Herr Beyer die Frau mit ihrem Namen angesprochen?«, möchte Horst wissen.

»Lassen sie mich nachdenken. Es war ein eher gewöhnlicher Name. Irgendetwas mit U. … Uschi! Er nannte sie Uschi«, ist die Schadenssachbearbeiterin zufrieden, dass sie sich erinnern konnte. »Wenn sie keine weiteren Fragen haben, würde ich jetzt gerne wieder zu meiner Arbeit zurückkehren.«

Horst schaut fragend zu Astrid.

»Nein Frau Ott, das war es schon. Hier haben sie meine Karte, falls ihnen noch etwas einfallen sollte«, erhebt sich Astrid.

Auch Frau Ott steht auf und verlässt den Raum mit einem kurzen, fast roboterhaften »Auf Wiedersehen!«.

Astrid und Horst schauen ihr noch kurz hinterher.

»Wie ein hagerer Pinguin. Sogar die flachen Schuhe passen«, lästert Astrid, als Frau Ott außer Hörweite ist. »Ich hatte Schwierigkeiten, nicht zu lachen.«

»Aber wieder diese Uschi«, bleibt Horst sachlich. »Komm, lass uns zu diesem Escortservice fahren.«

Im Auge des Milans

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