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Verstorbene Geschwister
ОглавлениеEine Geschwisterverbindung ist immer da, ganz gleich, ob das Geschwister mit einem verbunden ist, ob man sich zerstritten hat oder ob es gestorben ist. Selbst, wenn man gar nichts von ihm weiß, z.B. wenn es nur eine kurze Zeit im Mutterleib gelebt hat oder wenn es in der Familie totgeschwiegen wird, ist man unbewusst mit ihm verbunden. Alle sind sie Teil des Familienverbundes, meist mehr, als wir denken.
Diese Kontakte sind nicht ganz so eng wie die mit einem Zwilling, aber meine Kontakte mit verstorbenen Geschwistern geben Aufschluss darüber, auf welch vielfältige Weise auch sie in unser Leben hineinwirken können.
Eine Klientin kam zu mir, weil sie räumlich in die Nähe ihrer alten Mutter zurückgezogen war. Sie kümmerte sich auch liebevoll um sie, merkte aber, dass sie sich überverantwortlich verhielt und sich innerlich nicht genügend abgrenzen konnte.
Dafür gab es mehrere Gründe. Einer war, dass ein Geschwister, ein Bruder, vor ihr mit der Nabelschnur um den Hals geboren wurde und zwei Tage später starb. Die Mutter traute sich aber, noch einmal schwanger zu werden. Wie fast immer floss jedoch die Angst der Mutter vor einem erneuten „Unglück“ in die Schwangerschaft mit ein. In diesem Falle gab es schon im Mutterleib so etwas wie eine Zuschreibung der Mutter an das werdende Kind im Sinne von: „Du darfst mich nicht auch noch verlassen.“
Während sie davon erzählte, fragte ich nach dem Namen des Bruders. Sie erinnert sich gleich an den zweiten Namen. Er war Leo, der Löwe. Ich musste lächeln, denn die Klientin hatte eine rote Löwenmähne. Sollten die beiden vielleicht doch enger verbunden sein als gedacht? Sie berichtete, dass sie sich nach einer Familienaufstellung einen etwas männlich wirkenden Ring gekauft habe als Verbindung zu ihm.
Da tauchte Leo auf, ohne dass wir ihn explizit darum gebeten hatten. Er war einfach schon da und zeigte sich jetzt. Er wirkte jung und lebensvoll und machte deutlich, dass er eigentlich hatte leben wollen. Aber er war nicht wütend darüber, dass es ihm nicht gelungen war. Dann wandte er sich seiner Schwester zu und sagte: „Ich gebe dir von meiner Löwenkraft, wenn du sie haben willst und sie brauchst.“
Er bot es an, ließ sie aber vollkommen frei. Er selbst wirkte aufrecht, abgegrenzt und frei. Damit war er eine gute Hilfe für ihre Abgrenzung und Freiheit im Bezug zu ihrer Mutter.
Die Klientin und ich machten uns nun daran, die in das Embryo eingeschriebene Botschaft der Mutter „Verlass mich nicht auch noch!“ aufzulösen.
Da schaltete Leo sich ein. Ich sah ein sehr klares Bild, wie er ein Seil aus dem Embryo herauszog. Es schien ganz leicht zu gehen.
Ich schaute ganz erstaunt, lehnte mich zurück und die Arbeit wurde für mich getan. Und ich wusste: es ist die Angst seiner Mutter, die aus seinem eigenen Tod entstanden ist, die er nun aus seiner Schwester entfernt.
So wurde ich erstmalig Zeugin, wie ein Verstorbener etwas in einer Lebenden heilt.
Wir beschlossen die Stunde in großer Dankbarkeit.
Es ist gut, sich an verstorbene oder ungeborene Zwillinge und Geschwister zu erinnern, ihnen einen Platz in der Familie zu geben und offen zu sein dafür, dass sie vielleicht noch etwas von uns brauchen oder dass sie eine Botschaft für uns haben. Auch gibt es, wie wir gesehen haben, das Angebot der Unterstützung für das lebende Geschwister.
Hierfür könnte ich eine Reihe von Beispielen anführen. In ihnen stand jedoch der Kontakt mit dem verstorbenen Geschwisterkind nicht im Vordergrund. Es kam aber immer wieder vor, dass eines sich einschaltete, um der jeweiligen Klientin in einem schwierigen Prozess Unterstützung zu geben.