Читать книгу Befreiung erdgebundener Seelen - Bettina Hausmann - Страница 5
Vorwort
ОглавлениеWas für ein arroganter Titel und was für ein überhebliches Unternehmen! Das denke ich selbst so manches Mal.
Ich habe nie danach gestrebt, mit Verstorbenen zu arbeiten. Außerdem hatte ich mit den Lebenden und ihren Problemen genug Arbeit.
Aber die wunderlichsten Geschehnisse im Leben sind die, die man nicht gesucht hat und die dann zu einer Herausforderung werden, der man nicht ausweichen kann.
Also habe ich mich ihr gestellt und wurde reichlich belohnt.
Immer schon haben mich Bücher fasziniert, die sich mit der Grenze zwischen Leben und Tod beschäftigten, Berichte von Nahtoderlebnissen und die Forschungen und Erkenntnisse von Elisabeth Kübler-Ross. Immer war ich auch begierig, von Angehörigen erzählt zu bekommen, wie ihr Familienmitglied gestorben, den Weg hinübergegangen war, wenn sie es denn mit mir teilen mochten. Die meisten Menschen sprechen eigentlich gerne darüber, um diese besondere Zeit – wie immer sie war – zu teilen, zu verarbeiten, den Verstorbenen noch dabei zu haben oder aus anderen Gründen.
Aus den Erzählungen anderer und aus den Sterbebegleitungen, die ich inzwischen selbst erlebt habe, weiß ich, dass manche Menschen in Frieden gehen, andere im Übergang noch kämpfen und andere wiederum verbittert und unbefriedet dieses Leben verlassen. So war es mir immer deutlich, dass manche Verstorbene ihre Beziehungen nicht geklärt, ihre Kreise hier nicht geschlossen, ihre Aufgaben nicht erfüllt haben. Ich weiß, dass dies ihren Sterbeprozess beeinflusste, aber ich wusste damals noch nicht, wie sehr dies auch in der Phase nach ihrem Tod noch wirksam war.
Bei manchen Erzählungen über das Sterben naher Angehöriger kam auch manchmal zaghaft eine Bemerkung, dass der oder die Tote in der ersten Zeit einmal oder mehrfach aufgetaucht sei, im Traum, in einem unerwarteten Moment bis hin zu einem Klingeln an der Tür.
Auch Elisabeth Kübler-Ross berichtet von solchen Erscheinungen.
Ich nahm offen alles in mir auf und hielt vieles für möglich.
Ich war mir immer dessen bewusst, dass wir nur sehr wenig wissen über die großen Zusammenhänge und Dimensionen, über all das, was mit unserem begrenzten Verstand nicht zu erfassen ist. Die Naturwissenschaften forschen mit ihren Möglichkeiten in die Weite des Kosmos und in das Innere der kleinsten Teilchen und sie bestätigen auf ihre Weise, dass alles mit allem zusammenhängt und sich im kleinsten Teilchen das Ganze holographisch spiegelt.
Ich war begeistert, obwohl ich im Einzelnen nichts davon verstand. Aber ich war zunehmend unterwegs, dasselbe auf geistigen Ebenen zu tun, nämlich immer weiter in die Tiefen der Psyche vorzudringen und gleichzeitig mein Bewusstsein in geistige Dimensionen hinein zu erweitern und unmögliche Zusammenhänge für möglich zu halten.
So begann ich in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts zu meditieren, was meinen Verstand mehr zur Ruhe brachte und mich Zustände erfahren ließ, in denen Zeit und Raum – unsere Zeit und unser Raum hier – sich auflösten. Anfang der 90er Jahre begab ich mich dann in die Lehre bei einer spirituellen Heilerin und Lehrerin.
Ich hatte bereits eine gute und fundierte Ausbildung in Gestalttherapie, in Körper- und kreativer Therapie. Ich hatte in einer psychosomatischen Klinik gearbeitet, eine eigene Praxis eröffnet und war Ausbilderin für Integrative Therapie an einem renommierten Institut.
Da es mir wichtig war, gut erdverankert zu bleiben und mich in feinstofflichere Höhen zu begeben, ohne den Bodenkontakt zu verlieren, machte ich mit 60 Jahren noch einmal eine Ausbildung, und zwar in Transpersonaler Psychologie und Psychotherapie, in der eben dieses geübt wurde.
So kam im Laufe der Jahre therapeutisches Handwerkszeug, transpersonales Verstehen und energetisches und spirituelles Heilen in meinem Denken, in meinem Leben und Arbeiten zusammen und formte mehr und mehr mein Vorgehen mit meinen Klienten.
Meine Empathie und meine Intuition waren immer schon gut und hatten sich im Laufe meiner Praxisarbeit mehr und mehr vertieft. Ich wusste Antworten, die die Klienten geben würden, ich begriff immer schneller Zusammenhänge zwischen Körper, Gefühl, Denk-Überzeugungen und den dahinter liegenden Ursachen, und mein Körper signalisierte mir zudem die Körperregionen oder Organe, in denen bei den Klienten etwas blockierte oder ein Thema sich manifestierte.
Durch meine Ausbildung in energetischen und spirituellen Heilweisen klärte sich meine Intuition und weitete sich aus. Meine „übersinnlichen“ Fähigkeiten entwickelten sich ständig weiter. Seit Langem empfange ich Informationen aus dem Energiefeld der Klienten oder aus anderen Ebenen und ich kann diese für die Menschen hilfreich umsetzen. Es ist, als wenn die Grenzen durchlässiger geworden wären und als ob ich in die Tiefe, in die Höhe und in die Weite durch sie hindurchgehen könnte.
Auch das Sterben ist keine klare Grenze, sondern ein Prozess. Jeder, der einen sterbenden Menschen begleitet hat, weiß, dass der Übergang sich ankündigt, spürbar wird. Die „Seele“ zieht sich aus der irdischen Hülle zurück und man kann die Präsenz einer anderen Dimension spüren. Wenn Hirn- und Atemaktivität aufgehört haben, trennt die „Seele“ sich allmählich vom Körper, bis beide nach etwa drei Tagen vollständig voneinander getrennt sind. Erst danach darf bei uns ein Verstorbener begraben werden.
Im Christentum und im Buddhismus gibt es danach eine Frist von etwa sechs Wochen, nach denen noch einmal für die Loslösung des Verstorbenen aus dieser Welt gebetet oder meditiert wird.
In vielen Kulturen gibt es das Wissen, dass die Seele einen Weg geht, dass es so etwas wie ein Hinabsteigen in das Reich des Todes, in ein Zwischenreich gibt, ebenso wie ein Hinaufsteigen in lichte Höhen. Viele unterschiedliche Begriffe und Vorstellungen davon findet man in religiösen und spirituellen Traditionen der ganzen Welt.
Auch mir war die Durchlässigkeit der Ebenen, der Sphären, der Dimensionen schon lange selbstverständlich, bevor die ersten Verstorbenen mich in meiner Praxis kontaktierten.
Wie das?
Ist es doch meine Aufgabe, mein Beruf und meine Berufung, lebenden Menschen in schwierigen Zeiten Hilfestellung zu geben, sie zu hören und sie mit meinen Möglichkeiten auf ihrem Weg der (Selbst-)Heilung zu stärken und zu unterstützen.
In diesen Therapien geschah es immer wieder, dass wir uns mit problematischen Beziehungen zu lebenden oder verstorbenen Familienmitgliedern beschäftigten. Das ist in einer Psychotherapie ganz selbstverständlich. Weniger selbstverständlich war es jedoch, dass ich manchmal die Präsenz eines Verstorbenen, über den wir gerade sprachen, ausgesprochen stark wahrnahm, als wäre er oder sie im Raum. Ich war etwas verwirrt, aber ich ängstigte mich nicht, da ich viele solcher Geschichten kannte. So fasste ich Mut und sagte den Klienten, die ich dafür für offen hielt, was ich wahrnahm, und fragte sie, ob ich mit dem Pendel nachfragen dürfe, ob es so sei oder ob ich mir etwas einbilde. Ich drehte und wand mich manchmal dabei, denn ich wollte meine Klienten nicht erschrecken. Die Angst war unbegründet. Eigentlich alle erlaubten mir die Abfrage und immer wurde meine Wahrnehmung bestätigt. Im weiteren Verlauf fragte ich sie, ob wir den oder die Verstorbene in unseren Prozess einbeziehen könnten. Denn warum sollten sie sonst erscheinen?
Und so begann meine vorsichtige Kommunikation mit Verstorbenen. Wir stellten Fragen und bekamen Antworten, ich nahm ihre Gefühlsqualitäten und Bedürfnisse wahr und hörte ihre Botschaften.
Für mich begann ein unglaublich spannender Prozess und meine Praxis wurde zunehmend eine Therapiepraxis für Lebende und Verstorbene.
Zunehmend machten sich auch Seelen bemerkbar, die gar nicht unbedingt etwas mit meinen Klienten zu tun hatten, sondern sie kamen sozusagen für sich selbst. Sie wollten oder brauchten etwas für sich und nahmen den Weg über die Klienten, um meine medialen Fähigkeiten in Anspruch nehmen zu können für ihre eigene Heilung. Trickreich finde ich das und manchmal sage ich ihnen auch lachend, dass jetzt jemand anders dafür bezahlt, dass ihnen geholfen wird.
Von vielen Kontakten mit Verstorbenen habe ich sofort hinterher Gedächtnisprotokolle angelegt. Eine Reihe davon möchte ich – nach bestimmten Themen geordnet – in diesem Buch vorlegen.
Wie man sich vorstellen kann, haben die Erlebnisse und Begegnungen natürlich vielerlei Gedanken in mir angeregt. Ich entwickle daraus keine Aussagen oder Theorien über das Leben nach dem Tod. Aber ich erlaube mir, Linien oder Muster aufzuzeigen, die ich sehe, oder persönliche Schlüsse zu ziehen, die ich in kleinen Exkursen zwischen den Berichten einstreue.