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Mutterleibzwillinge Wir haben Ihren Zwilling herausoperiert

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Ein älterer Herr, den ich über lange Zeit, auch im Alterungs- und Sterbeprozess begleiten durfte, erinnerte sich eines Tages an eine Begebenheit, als er 25 Jahre alt war. Er erzählte, dass er damals Schmerzen in der Nähe des Steißbeins bekam und dass die Haut zu nässen begann. Er musste zum Arzt und wurde operiert. Nach der Operation sagte der Arzt freudestrahlend zu ihm: „Ich gratuliere Ihnen, wir haben Ihnen gerade Ihren Zwilling herausoperiert.“

Er fand das ganze Geschehen damals sehr merkwürdig und vergaß es mit der Zeit wieder.

Nun, mit über 70 Jahren, traten an derselben Stelle heftige Verspannungen und Schmerzen auf und es hatte sich bereits eine Erkrankung der Nerven und Muskeln entwickelt, die sich von der Leistengegend in die Beine ausbreitete und ihn zunehmend am Gehen hinderte.

Allmählich begriff er einen Zusammenhang zwischen dem Zwilling und seiner Erkrankung. Im Grunde hatte er schon immer einen unerklärlichen Verlust gespürt und so dachte er viel nach. Das Gefühl verstärkte sich, eine Schwester zu haben (er empfand den Zwilling als weiblich), und er trauerte tief, weil sie nicht am Leben war.

Einiges in seiner Lebensgeschichte bekam einen tieferen Sinn: Er hatte eine wesentlich ältere Schwester, die er über alles liebte und die ihn teilweise aufzog. Sie starb nach dem Krieg mit 19 Jahren an Tuberkulose. Er war untröstlich und hat diesen Verlust sein Leben lang nicht verwunden.

Ebenso sehr war er, der erfolgreiche Geschäftsmann, an seine Frau gebunden. Wenn er nach Hause kam und sie nicht da war, wurde er unruhig, und wenn sie ein paar Tage zu ihrer Schwester fuhr, konnte er das Alleinsein zu Hause kaum aushalten. Dann befiel ihn eine große Verlassenheit und eine unerklärliche Angst. Außerdem hatte er bei kleineren Krankheitssymptomen öfter große Angst, an Krebs zu erkranken und zu sterben.

Er verstand, dass er eine Zeitlang mit einer Zwillingsschwester im Mutterbauch gelebt und sie sogar sozusagen in sich hineingenommen und so unwissentlich immer mit ihr gelebt hatte. Und er trug auch ihr frühes Sterben in sich. In seiner Psyche prägten sich die typischen Symptome von Verlassenheitsängsten, Einsamkeitsgefühlen und Todesangst eines Zwillings aus.

Er führte Zwiegespräche mit ihr und nahm sie in sein Leben auf. Irgendwann bestellte er sich einen Anhänger mit dem Sternbild Zwilling. Er wollte sie immer bei sich haben. Und dann meinte er, es sei jetzt Zeit für eine Begegnung und einen Abschied.

Ich bat also ihre Seele in den Raum und sah, wie sie rechts über ihm schwebte.

Ich erzählte ihm, was ich „sah“ und was sie „sagte“. Sie freute sich, dass sie endlich wahrgenommen wurde und dass sie im Kontakt zu den Menschen und zu ihrem Bruder einmal da sein durfte. Wir würdigten ihr kurzes irdisches Leben und verneigten uns vor ihr. Die Atmosphäre war schön und friedlich, aber Herr K. fiel noch einmal in einen tiefen Schmerz. Nach einer Weile konnte er sie verabschieden und gehen lassen.

Ich selbst sah bunte Lichter, flatternd wie Schmetterlinge, und spürte die große Freude dieser befriedeten und befreiten Seele.

Er trug den Anhänger immer um den Hals und er starb ein Jahr später ohne allzu großen Leidensweg.

Befreiung erdgebundener Seelen

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