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1. Grundsätzliches
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Die EU hat nicht automatisch die Kompetenz – also die Zuständigkeit – zur Rechtssetzung. Sie darf nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 EUV vielmehr nur soweit rechtssetzend tätig werden, wie sie durch eine spezielle Zuständigkeitsregel dazu ermächtigt ist (Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung).
Die wichtigste Grundlage für die Rechtssetzung im allgemeinen Privatrecht bildet Art. 114 Abs. 1 AEUV (früher Art. 95 EG). Diese Norm enthält die allgemeine Kompetenz für Maßnahmen zur Rechtsangleichung, welche den Binnenmarkt verbessern. Sie erfordert ein Rechtssetzungsverfahren nach Art. 294 AEUV und somit nur eine einfache Mehrheit im Parlament sowie eine qualifizierte Mehrheit im Rat.[1] Darin unterscheidet sich Art. 114 Abs. 1 AEUV von dem früher für die Rechtsangleichung genutzten Art. 115 AEUV (damals noch Art. 94 EG) und von der „Flexibilitätsklausel“ in Art. 352 AEUV. Diese beiden heute für das Privatrecht kaum noch relevanten Normen[2] erfordern die einstimmige Entscheidung des Rates über jede verabschiedete Maßnahme. Art. 352 AEUV verlangt nach dem Lissabon-Urteil des BVerfG aber jeweils zusätzlich einen legislativen Akt in Deutschland.[3]
Für einige Gebiete des Privatrechts bestehen besondere Kompetenzgrundlagen, die bei den sogenannten „Politiken“ der Union geregelt sind. Dies gilt vor allem für das Arbeitsrecht (Art. 153 AEUV). Auch für das Verbraucherschutzrecht gibt es eine Spezialnorm (Art. 169 AEUV). Diese wird aber von der ganz h.A. gerade nicht als eigenständige Kompetenzgrundlage für verbraucherschützende Richtlinien verstanden, sondern nur als ergänzende Zielbestimmung für die Privatrechtssetzung.[4] Art. 169 Abs. 2 lit. a) AEUV stellt klar, dass Maßnahmen zum Verbraucherschutz nach Art. 114 AEUV erlassen werden sollen. Dementsprechend wurde auch die Verbraucherrechte-RL auf Art. 114 AEUV gestützt.[5] Die weit in das Privatrecht hinein wirkenden Gleichbehandlungs-Richtlinien wurden auf Art. 13 EG (heute Art. 19 AEUV) gestützt, was erheblich kritisiert wird.[6] Vereinzelt lassen sich Kompetenzgrundlagen für privatrechtliche Regelungen auch unmittelbar bei den Grundfreiheiten finden. So verhält es sich etwa für das Gesellschaftsrecht mit Art. 50 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. g) AEUV, auf den z.B. die Verordnung über die Societas Europaea gestützt wurde.