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Art. 114 Abs. 1 S. 2 AEUV gibt dem Parlament und dem Rat die Kompetenz zum Erlass von Maßnahmen zur Angleichung der Rechtsvorschriften, welche „die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts“ zum Gegenstand haben. Zwar gibt es viele dieser Norm vorgehende spezielle Ermächtigungsgrundlagen, z.B. Art. 21 Abs. 2 und 3 AEUV im Bereich der Freizügigkeit, und es gibt auch einige Bereichsausnahmen wie das Steuerrecht (Art. 114 Abs. 2 AEUV). Dennoch ist die Vorschrift für das allgemeine Privatrecht von umfassender Bedeutung. Lange Zeit bestand eine Neigung dazu, diese Norm sehr weit zu verstehen. Da im Grunde jeder Rechtsakt der Union zugleich auch eine Rechtsangleichung in den Mitgliedstaaten bewirkt, und da die Rechtsangleichung schon als solche die Funktion des Binnenmarkts betrifft, schien Art. 114 AEUV beinahe immer zu passen. Der EuGH hat aber in seiner Entscheidung zur Tabakwerbeverbots-RL deutlich ausgesprochen, dass die bloße Angleichung von Vorschriften nicht reicht, um eine Maßnahme auf Art. 114 AEUV stützen zu können. Vielmehr muss mit der Maßnahme zugleich eine über die bloße Angleichung selbst hinausgehende, erkennbare Verbesserung des Binnenmarkts angestrebt werden.[7] In dieser sehr bekannten Entscheidung, mit welcher die erste Tabakwerbeverbots-RL für nichtig erklärt wurde, hat der EuGH geprüft, ob mit der Richtlinie Handelshemmnisse abgebaut oder Wettbewerbsverzerrungen beseitigt würden. Beides hat der EuGH im konkreten Fall verneint. Ein teilweises Verbot von Werbung für Zigaretten, welches darüber hinaus weitergehende nationale Verbote zulasse, diene nicht der Marktverbesserung.[8]

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Es fällt also nicht jede rechtsangleichende Maßnahme unter Art. 114 AEUV. Vielmehr ist es erforderlich, dass die Maßnahme darauf abzielt, in einer spürbaren, wirtschaftlichen Art und Weise das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern. Das kann durch die Verbesserung von Marktbedingungen sowie durch die Beseitigung von Verzerrungen oder Hindernissen geschehen. Aus der Perspektive des Verbrauchervertragsrechts ist es besonders interessant, sich klar zu machen, dass auch Verbote bestimmter Handlungen oder Güter (z.B. unsichere Produkte, werbende Telefonanrufe beim Verbraucher) den Binnenmarkt verbessern können, wenn dadurch – gleichsam indirekt – der Handel verbessert wird.[9] Insgesamt bleibt es aber dabei, dass Art. 114 Abs. 1 S. 2 AEUV einen breiten Anwendungsbereich hat. Denn auf der einen Seite ist der Binnenmarktbegriff sehr weit, auf der anderen Seite hat der EuGH in der Entscheidung Imperial Tobacco klärend ausgesprochen, dass Art. 114 Abs. 1 S. 2 AEUV immer dann als Kompetenzgrundlage zu verwenden ist, wenn die Maßnahme auch nur unter anderem das Ziel der Binnenmarktverbesserung hat.[10] Er hat außerdem betont, dass es auch schon reiche, wenn dem wahrscheinlichen Entstehen von Handelshemmnissen vorgebeugt werden solle.[11]

Man sollte sich schließlich bewusst machen, dass die Kompetenz der EU – wiewohl vom Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung geprägt und ausführlich geregelt – letztlich recht flexibel und ausgesprochen durch die rechtspolitische Stimmung geprägt ist.

Europäisches Privatrecht

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