Читать книгу Adolescentia Aeterna - Bettina Kiraly - Страница 12

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8. Kapitel

»Wirklich großartig, dass Sie innerhalb von zwei Wochen eine passende Wohnung gefunden haben«, meinte Herr Wieser mit einem breiten Lächeln.

»Ich kann Sie und Ihre künftige Verlobte ja nicht auf der Straße stehen lassen. Das Objekt, das ich für Sie ausgesucht habe, befindet sich übrigens im obersten Stock dieses Hauses.« Eva deutete nach oben zu zwei Giebeln mit großen Fenstern.

Ihr Kunde legte wie Eva den Kopf in den Nacken. Von ihrem Standort aus konnte man nicht viel erkennen.

»Das Objekt hat knapp hundert Quadratmeter Wohnnutzfläche«, erklärte sie und seufzte. »Die Straße hinter uns ist wenig befahren. Gleich um die Ecke befindet sich eine U-Bahn-Station. Im Hinterhof des Hauses gibt es einen kleinen Grünstreifen. Ich bin guter Hoffnung, dass ich die richtige Wohnung gefunden habe.«

Herr Wieser legte den Kopf schief. »Sie klingen aber nicht begeistert.«

»Tut mir leid. Ich habe schlecht geschlafen.« Wie jede Nacht, seit Jul Wien verlassen hatte. Die leere Seite des Bettes erschien ihr wie ein Mahnmal. Selbst wenn sie sein Gesicht auf dem Bildschirm ihres Computers sah, brannte ihr Herz. Sie setzte ein Lächeln auf. »Lassen Sie uns nach oben gehen.«

Seite an Seite betraten sie das Gebäude und stiegen in den Lift. Sofort beim Betreten der Wohnung stieß Herr Wieser einen begeisterten Laut aus. »Ich liebe diese beige-braunen Wände! Anna wird begeistert sein.«

Eva führte ihren Kunden in das Wohnzimmer. »Es ist größer als in der letzten Wohnung. Es müsste Ihren Vorstellungen entsprechen.«

»Ebenfalls mit einem Kamin! Schön! … Die Wohnung übertrifft meine Hoffnungen.« Herr Wieser drehte sich im Kreis. Dann stoppte er. »Da fällt mir ein, dass ich Ihnen noch etwas zeigen wollte.«

Sie beobachtete, wie er in die Innentasche seiner Jacke griff. Ihr Herz schlug sehnsüchtig schneller, als er eine Schachtel herauszog. »Sie haben einen Verlobungsring gekauft?«

»Natürlich. Sie haben mich in meiner Entscheidung bekräftigt. Deshalb bin ich auf Ihre Meinung gespannt.« Mit erwartungsvollem Blick betrachtete er Eva, während er den Deckel aufklappte.

»Er ist wunderschön«, murmelte Eva beim Anblick des dicken Diamanten ehrfürchtig. »Sollte mir ein Antrag gemacht werden, würde ich mir genau so einen Ring wünschen.«

»Ihr Tag wird kommen. Bestimmt. Der Mann, der sich eine Frau wie Sie entgehen lässt, wäre furchtbar dumm.«

Ein nettes Kompliment. »Dankeschön. Soll ich Ihnen jetzt die Küche zeigen?«

Herr Wieser nickte und verstaute den Ring wieder in seiner Jackentasche. Dabei fiel seine Geldbörse zu Boden.

Eva bückte sich danach. »Bitte schön.« Sie reichte ihm die Lederbörse. Als ihre Sicht verschwamm, griff sie ins Leere.

»Alles in Ordnung, Frau Monden? Sie sind ganz blass.« Herr Wieser schnappte sich ihren Arm.

»Nur ein wenig schwindelig. Ich scheine zu schnell aufgestanden zu sein.« Sie klammerte sich an Herrn Wiesers Hand und blinzelte mehrmals. Der Schleier vor ihren Augen verschwand auch nicht, als sie den Kopf schüttelte.

»Sind Sie sicher?«

Eva nickte und begann wieder zu schwanken. »Ja … das heißt …« Übelkeit wallte in ihr auf. »Entschuldigen Sie mich bitte.«

Sie presste eine Hand auf ihren Mund und lief zur Toilette. Ihr Magen verkrampfte sich und sandte Wellen von Hitze durch ihren Körper. Sie knallte die Tür hinter sich ins Schloss. Kaum hatte sie sich über die Toilettenschüssel gebeugt, übergab sie sich.

»Kann ich Ihnen helfen, Frau Monden?«, ertönte Herrn Wiesers Stimme von draußen.

Es war ihr nicht möglich, ihm zu antworten. Sie schwitzte, als sich ihr gesamter Mageninhalt einen Weg nach draußen bahnte. Eine Minute später war der Spuk vorbei. »Ich bin gleich wieder bei Ihnen«, brachte sie hervor.

Eva spülte sich den Mund aus und wusch ihr Gesicht mit kaltem Wasser. Was war nur mit ihr los? Hatte sie mit dem Frühstück abgelaufene Milch zu sich genommen? Machte sich Juls Abwesenheit bemerkbar? Auf jeden Fall war ihr das Ganze furchtbar peinlich.

»Es tut mir leid. Ich habe mir wohl den Magen verdorben«, meinte sie, als sie sich vor die Tür wagte. Ihre Wangen brannten.

»Kein Problem«, versicherte Herr Wieser. Er kam gerade aus dem Schlafzimmer. »Sie sollten nach Hause fahren und sich erholen. Ich habe mich ohnehin bereits umgesehen. Die Wohnung ist perfekt. Sie können den Kaufvertrag aufsetzen.«

»Vielen Dank, Herr Wieser. Ich verspreche Ihnen, dass ich das nächste Mal die Besichtigung wieder anführen werde. Falls Sie meine Hilfe erneut in Anspruch nehmen möchten.«

Herr Wieser griff nach ihrem Ellbogen. »Sie schwanken ja schon wieder. Wie gesagt, ich habe Verständnis. Und jetzt schaffen wir Sie nach Hause.«

Eva fühlte sich tatsächlich so schwach, dass sie seine Hilfe annahm. Sie ließ sich von ihm in einem Taxi zum Immobilienbüro bringen. Bevor sie sich ins Bett legen konnte, musste sie einige Dinge regeln.

»Diese Übelkeit kam ziemlich abrupt für eine Magenverstimmung«, bemerkte Herr Wieser, kurz bevor das Taxi vor Evas Büro anhielt. »Meine Schwester lief auch einige Tage mitten im Gespräch würgend aus dem Raum, nachdem sie ihre Schwangerschaft bemerkt hatte.«

»Daran liegt es bei mir bestimmt nicht.« Das Taxi blieb in zweiter Spur stehen. Eva reichte dem Fahrer sein Geld. »Danke für Ihre Hilfe, Herr Wieser. Sie hören dann von mir.« Sie stieg aus und betrat das Gebäude.

Im Lift runzelte sie die Stirn. Was für eine seltsame Anmerkung von Herrn Wieser! Wie kam er bloß auf die absurde Idee, sie könnte schwanger sein? Eva nahm die Pille, und Jul konnte als Ältester keine Kinder zeugen.

Er hatte diese Position allerdings vor ungefähr zwei Monaten abgegeben. Und Evas Körper hatte sich im Laufe der letzten Wochen verändert. Sie hatte es auf den Bluttausch geschoben. Genauso hatte sie ignoriert, dass ihre Regel ausgeblieben war. Den Grund dafür hatte sie in der engen Verbindung mit der Macht, der Übernahme der Leitung der Bruderschaft, dem Stress auf Arbeit und der körperlichen Umstellung auf die Pille vermutet.

Aber was war, wenn diese seltsamen Anzeichen doch nichts mit der Macht zu tun hatten?

Sie schüttelte den Kopf.

Dennoch machte sie auf dem Nachhauseweg einen Umweg. Sie hatte Katherina zugesagt, morgen wieder fit zu sein. Wenn sich ihre Befürchtung bewahrheitete, würde ihr Magen sich außer in den Morgenstunden ohnehin nicht mehr bemerkbar machen.

Sie stand ziemlich ratlos in einem Drogeriemarkt vor dem Regal mit den Schwangerschaftstests. Sie kannte sich mit diesen Produkten nicht aus. Frühtests, Schwangerschaftstests mit Wochenanzeige, Packungen mit mehreren Tests, verschiedene Firmen … Schließlich schnappte sie einfach zwei.

Noch an der Kasse wurde ihr klar, dass sie den Test nicht alleine machen wollte. Sie wusste nicht, wie sie mit einem positiven Ergebnis umgehen sollte. Nach dem Verlassen des Ladens wählte sie Mimis Handynummer.

»Hallo, Eva! Wie schön, dass du mich von meinem Job ablenkst«, meldete sich Mimi. »Was kann ich für dich tun?«

»Das wird sich zeigen. Ich könnte im Augenblick Gesellschaft brauchen. Kannst du bei Juls Wohnung vorbeischauen?«

»Ich habe eigentlich erst in zwei Stunden Mittagspause. Wenn ich die vorverlegen kann, bin ich in einer halben Stunde bei dir.«

Keine Fragen, kein Zögern. Der Druck um Evas Brustkorb ließ nach. »Vielen Dank. Bis gleich.«

Eva fuhr in die Wohnung, setzte Tee auf und öffnete eine Packung Salzstangen. Mehr wollte sie ihrem Magen im Augenblick nicht zumuten. Während sie auf der Couch wartete, knabberte sie an einer Stange. Ihre Gedanken kreisten permanent um die Gegenstände in der Tüte vor ihr. Als es endlich an der Tür klingelte, zuckte sie zusammen.

Mimi umarmte Eva, noch bevor sie die Türschwelle überschritten hatte. »Was ist los, Süße? Du siehst total fertig aus.«

»Das bin ich auch. Aber komm erst einmal rein.« Eva führte Mimi ins Wohnzimmer.

»Hat die Schönberg einen Rückzieher gemacht? Wird das mit der Partnerschaft doch nichts?«, stellte Mimi Vermutungen an.

»Nein. Wir haben ein Angebot aufgesetzt, und ich war bereits bei der Bank. Es sieht gut aus. Vielleicht können wir den formellen Teil bald hinter uns bringen.«

Mit gerunzelter Stirn betrachtete Mimi nun den Tee und die Salzstangen. Sie wich einen Schritt von Eva zurück. »Bist du krank?«

»Das würde ich gerne mit dir gemeinsam klären.«

»Seit wann stehst du auf die vagen Antworten, auf die sich dein Vater spezialisiert hat?«

»Tut mir leid. Ich kann es einfach nicht laut aussprechen.« Eva griff nach der Tüte auf dem Couchtisch und reichte sie Mimi weiter. »Das sollte jedes weitere Wort überflüssig machen.«

Mimi holte eine der Schachteln hervor. Als sie die Beschriftung las, wurden ihre Augen groß. »Scheiße!«

»Das kannst du laut sagen. Wenn das stimmt … ganz mieses Timing.«

»Wäre irgendein anderer Zeitpunkt besser?«

Eva seufzte. »Keine Ahnung. Ich habe einfach noch nicht darüber nachgedacht. Jul und ich haben seit Weihnachten das erste Mal eine harmonische Beziehung geführt. Auch wenn ich mir Sorgen gemacht habe, war ich noch niemals in meinem Leben so glücklich. Aber wenn dieser Test positiv ausfallen sollte, würde das eine Komplikation bedeuten …« Sie schüttelte den Kopf.

»Wie kommst du überhaupt auf die Idee, dass du schwanger sein könntest?«

Als sie das Wort aus dem Mund ihrer Freundin hörte, lief Eva ein Schauer über den Rücken. »Nachdem ich mich während einer Wohnungsbesichtigung an meinen Kunden klammern und mich dann übergeben musste, fiel mir auf, dass ich überfällig bin.«

»Habt ihr denn nicht aufgepasst?«

»Natürlich! Ich nehme die Pille, verdammt«, brauste Eva auf. »Ich kann eigentlich gar nicht … du weißt schon.«

»Dann klären wir das jetzt auf der Stelle.« Mimi griff nach Evas Hand und zog sie ins Badezimmer. Dort drückte sie Eva auf den Badewannenrand nieder. Mimi öffnete den Karton und holte einen Test heraus. »Du pinkelst auf das Teil vorne, und dann verraten uns die Striche die Wahrheit. Zwei bedeuten ein kleines Wunder, einer … du nennst es im Augenblick vermutlich Jackpot.«

Eva starrte das Plastikstäbchen in Mimis Hand an.

»Hoffentlich kriegst du das mit dem Pinkeln alleine hin. Ich habe nämlich keine Lust, dir dabei zuzusehen.«

»Schon gut. Ich schaffe das.«

Mimis Blick zeigte Mitleid, bevor sie die Tür des Badezimmers schloss.

Es war Eva nicht möglich, sich zu bewegen. Die Situation konnte nicht irrealer sein. Vor ein paar Monaten noch hatte sie befürchtet, die dunkle Seite des Mannes, den sie gerade kennengelernt hatte, könnte irgendwann zum Problem werden. So viel war in der Zwischenzeit passiert. Sie hatte gedacht, sie hätte alles Menschliche hinter sich gelassen. Und jetzt das.

Es war so verdammt unfair. Sie hatte nichts falsch gemacht. Sie war kein fünfzehnjähriges Gör, das sich über die Konsequenzen einer leidenschaftlichen Nacht nicht im Klaren war. Sie hatte Vorkehrungen getroffen!

Schließlich erhob sie sich und benutzte den Test, wie es vorgesehen war. Während der Wartezeit auf das Ergebnis starrte sie in den Spiegel über dem Waschbecken. Sie forschte in ihrem Gesicht nach Veränderungen. Sie sah nichts als ihre wohlbekannten Züge. Sie entdeckte einige Falten weniger, eine Blässe, die von der Übelkeit herrührte, Dunkelheit in ihren Augen. Aber keine Anzeichen, dass sie ein Kind unter dem Herzen tragen könnte.

Ihr Blick wanderte zu dem Test neben sich. Sie starrte darauf, ohne etwas zu erkennen. Dann drang die Wahrheit in ihr Bewusstsein.

»Gib mir noch einen Test«, bat sie Mimi. Sie öffnete nur kurz die Tür, um den Test an sich zu reißen. Auch diesmal erhielt sie das gleiche Ergebnis.

Zwei Striche. Zwei Striche! ZWEI STRICHE!!!

Mit Entsetzen im Herzen schluchzte sie auf und schlug die Hände vors Gesicht. Sie glitt zu Boden. Was würde Jul sagen, wenn er davon erfuhr? Sie wusste nicht einmal, was sie selbst davon hielt.

Ein Baby! Die Übelkeit drohte zurückzukehren, und sie schluchzte neuerlich auf.

»Komm raus, Eva. Was sagt der Test?«

Eva stand auf und öffnete die Tür. »Zwei Striche«, murmelte sie, ohne Mimi anzusehen.

»Und wir freuen uns ganz sicher nicht darüber?«

Sie hob den Kopf. »Wäre Jul ein normaler Mann und ich dieselbe Frau wie vor einem halben Jahr …«

Mimi zog Eva in ihre Arme und strich ihr beruhigend über den Rücken.

Die Macht begann in Eva zu pulsieren. Der Farbenwirbel bestand heute aus Abstufungen von grau und jeder Menge schwarz. Schwärze, die auch ihr Herz umklammerte. Schock, Unsicherheit und Panik übertönten die leise Stimme, die ihr zuflüsterte, dass sie sich immer ein Kind gewünscht hatte. Doch nicht so!

Sie taumelte, als ihre Seele diesen Schrei ausstieß. Ihre Arme umfingen Mimi, damit sie nicht fiel.

»Langsam, Süße. Setz dich erst mal.« Mimi führte Eva zur Couch. »Nimm einen Schluck Tee.«

»Der ändert auch nichts an der Tatsache, dass sich ein fremdes Wesen in mir eingenistet hat, ohne sich um meine Wünsche zu scheren.«

»Du musst Jul sofort Bescheid sagen.«

Eva schüttelte den Kopf. »Vielleicht … vielleicht bekomme ich es nicht.«

»Blödsinn, Eva. So bist du nicht.« Mimi drückte Evas Hand.

»Aber ein Kind geboren aus der Macht? Kann mein Körper durch die Machtübernahme überhaupt noch ein Baby austragen? Als ich eine normale Frau war, habe ich bereits bewiesen, dass ich Probleme damit habe.«

»Fang nicht an, nach Ausreden zu suchen.«

»Ich muss alle Möglichkeiten bedenken. Es wird kein Kind sein, wie du es auf Spielplätzen sieht. Es wird … anders sein. Vielleicht ein Monster. Und sollte es wie durch ein Wunder keine Vorbelastung durch die Macht davontragen, wird es niemals ein Leben wie die Normalsterblichen führen können. Jul und ich werden nicht altern oder zumindest in keinem Tempo, mit dem wir Lehrer und Eltern anderer Kinder täuschen können.«

Mimi wirkte besorgt. »Du machst dir um etwas Sorgen, das sich vielleicht von alleine ergibt.«

»Sollte ich Mutter werden … und ich sage absichtlich sollte … dann muss dieses Kind für mich wichtiger sein, als mein eigenes Leben. Ich muss mich darum kümmern, dass es glücklich und zufrieden aufwachsen kann. Das ist der Job einer Mutter.«

»Du wirst das toll machen.«

»Aber wenn das Schicksal gegen mich arbeitet? Wenn einfach nichts in meinem Leben verläuft wie bei anderen?« Evas Herz schmerzte mehr, als sie ertragen konnte. Tränen bahnten sich einen Weg über ihr Gesicht.

Mimi hob Evas Kopf an, damit sie sie ansehen musste. »Ich verstehe diese Ängste. Aber was denkst du wirklich?«

Ein Kind, das Juls goldenen Blick zeigte, wenn es glücklich lachte. Sein wunderschönes, perfektes Gesichtchen, das zu ihr hochsah. Die süße Stimme, wenn es: »Ich hab dich lieb, Mama«, sagte.

»Ich kann nicht«, schluchzte sie auf. »Ich kann die Hoffnung nicht zulassen, dass es eine normale Schwangerschaft, ein normales Baby, ein normales Leben geben könnte.«

»Dann warte ab, was bei der Untersuchung beim Frauenarzt herauskommt«, schlug Mimi vor.

Ihre pragmatische Freundin schaffte es, die Welt ins rechte Lot zu bringen. Eva nickte. »Du hast recht.«

Mimi reichte ihr ein Taschentuch. »Weißt du eigentlich, welch ein großes Glück du hast? Inzwischen ist deine Familie angewachsen. Du bist nicht mehr alleine. Es gibt unzählige Onkel und Tanten, die sich darum reißen werden, dein Kind zu verwöhnen. Du kannst deinem Baby sogar einen Großvater präsentieren.«

Nach einem Elefantentröter ins Taschentuch schaffte Eva ein Lächeln. »Da muss jede Menge erklärt werden, aber ich glaube, die Jungs würden sich freuen. Anun auch. Solange es ein Mädchen wird.«

»Und Jul?«, meinte Mimi. »Was wird Jul erst sagen?«

»Ich habe keine Ahnung.«

Mimi klopfte Eva auf die Schulter. »Blödsinn. Er wird begeistert sein. Er liebt dich über alles. Dieses Kind ist ein Teil von dir und von ihm. Wie könnte er sich nicht überschlagen vor Glück?«

»Das werden wir sehen, wenn er zurückkommt.«

»Du musst es ihm sofort sagen. Du rufst ihn an, gleich, nachdem du einen Termin beim Frauenarzt vereinbart hast.«

Die Panik kehrte zurück. »Ich kann ihm doch nicht am Telefon sagen, dass er vielleicht Vater wird. Er würde sofort heimkommen wollen.«

»Das wäre nicht die schlechteste Lösung. Du brauchst jemanden, der dir den Kopf zurechtrückt.«

Jul wieder an ihrer Seite. Seine Reaktion auf die Neuigkeit, die alle Unklarheiten ausräumte. Eine verlockende Vorstellung. »Vielleicht befindet sich in dieser verdammten Prophezeiung ein Hinweis darauf, ob diese Schwangerschaft möglich ist. Ich brauche alle Informationen, die ich bekommen kann, bevor ich mich entscheide.«

»Du kannst nicht ernsthaft überlegen, dieses Wunder abzutreiben! Gott scheint der Meinung zu sein, dass du trotz allem bereit für ein Kind bist.«

»Gott hat damit nichts zu tun. Auf der Verpackung der Pille fehlt der Hinweis, dass sie bei übernatürlichen, alterslosen Männern anscheinend nicht wirkt.«

»Ich werde diese Änderung gerne vorschlagen, wenn du mir versprichst, nichts Unüberlegtes zu tun.«

»Das geht klar«, antwortete Eva schnaubend. »Ich werde meine Gedanken in den nächsten Tagen ohnehin nicht abschalten können.«

»Ich werde dafür sorgen, dass du die richtigen Dinge bedenkst.«

Eva ertappte Mimi bei einem raschen Seitenblick auf die Uhr. Sie riss die Augen auf. »Gott, tut mir leid. Du musst wieder zur Arbeit, und ich nehme dich so in Beschlag, dass du hungrig zurückkehrst.«

»Das ist jetzt nicht wichtig. Wir müssen dafür sorgen, dass du deine Panik in den Griff kriegst.«

Eva stand auf und zog Mimi hoch. »Unsinn. Du kommst bereits zu spät.«

»Ich nehme mir den restlichen Tag frei. Ich sage meinem Chef einfach, ich hätte mich bei dir angesteckt.«

»In diese Verlegenheit wirst du niemals kommen.«

»Nein. Aber wenigstens kann ich bald Tante spielen.«

Eva verzog das Gesicht. »Autsch! Zu früh für Scherze.« Sie hinderte Mimi daran, sich wieder zu setzen.

»Na, komm. Es ist kein Weltuntergang.«

»Du hast recht«, bestätigte Eva. »Und deshalb machst du dich jetzt auf den Weg ins Büro. Ich werde schon nicht aus dem Fenster springen.«

Mimi wirkte nicht glücklich. »Ich überlege mir etwas. Jetzt ruh dich erst mal aus.«

Und dann war Eva endlich allein. Sie legte sich zu einer Kugel zusammengerollt ins Bett und horchte in ihren Körper. Sie erhielt keine Antworten auf ihre Fragen, aber sie hatte auch nicht erwartet, dass es ihr so leicht gemacht wurde. Etwas Fremdes wuchs in ihr. Das wusste sie auch ohne den Ultraschall des Arztes. Ein Teil ihres Körpers gehörte etwas Fremdem, das sich heimlich in ihr eingenistet hatte.

Mimi glaubte tatsächlich, Gott habe seine Finger mit im Spiel. Ausgerechnet Gott! Jul hatte in seinem langen Leben keine Bekanntschaft mit ihm gemacht. Weshalb sollte also Eva Gottes Aufmerksamkeit auf sich ziehen?

Am späten Nachmittag läutete es an Evas Wohnungstür. Aus einem Nickerchen gerissen rappelte Eva sich hoch, um zu öffnen. Sie hob die Augenbrauen, als Ellen vor ihr stand. Einen Koffer in der Hand. Einen riesigen Koffer.

»Was tust du hier? Hat Mimi dich geschickt?«, fragte Eva.

Ellen nickte. »Ich werde mich um dich kümmern, Mitbewohnerin.«

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