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7. Kapitel

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»Die Kerle sind ja wohl mehr als attraktiv! Und Siva ist tatsächlich dabei, ich kann es immer noch nicht glauben!«

– Svea, 26

Die Zeit vergeht viel zu schnell. Ich lerne einige neue Leute kennen und stelle fest, dass die größten Konkurrentinnen Lynn und Taysha sind. Lynn ist deswegen gefährlich, weil sie eine unglaubliche Ausstrahlung hat. Selbstbewusst, elegant, aber auch undurchschaubar und etwas kühl. Eine Asiatin mit wunderschönen schwarzen Haaren, dunklen, verführerischen Augen und einer traumhaften Figur. Außerdem hat sie volle, geschwungene Lippen, die Svea zu Recht als »sinnlich« bezeichnet. Taysha ist etwas größer als ich und kurviger. Sie hat einen perfekten Po in ihrem engen Kleid, auf den so manches Fitnessmodel neidisch wäre, und eine melodische tiefe Stimme, die mich sofort in den Bann gezogen hat. Ihre braune, reine Haut unterstreicht die perlweißen Zähne und ihre Wangenknochen wirken beinahe scharfkantig, so definiert sind sie. Außerdem ist eine Kandidatin im Meerjungfrauenkostüm aufgetaucht, mit nur zwei Muscheln vor der Brust. Sie hat sich mit den Worten »Hi, ich bin Hannah und mein Sternzeichen ist Wassermann« vorgestellt und läuft seitdem vor sich hin summend mit einem Caipirinha vor der Bar herum, wobei ihr Fischschwanz über den Boden schleift. Während Svea und ich das ziemlich cool finden und die schillernden lilafarbenen Schuppen bewundern, die sie selbst auf das Kostüm genäht hat, gibt es aber auch viele missbilligende Blicke. Es wird getuschelt, dass Hannah bestimmt damit das Ziel verfolgt, aufzufallen und sich den Einzug in die nächste Runde zu sichern. Aber auch wenn das Kostüm etwas verrückt ist und angesichts all der schönen, eleganten Kleider fehl am Platz wirkt – im Gedächtnis zu bleiben hat sie definitiv geschafft.

»Da ist er!«, wispert April ehrfürchtig. Um mich herum richten sich alle auf, blicken erwartungsvoll zur Flügeltür und ich tue es ihnen gleich. Es ist das zweite Mal, dass ich den Moderator der Show, Tyler Bogan, live zu Gesicht bekomme. Der graue Anzug passt perfekt zu seinen dichten Haaren und er wirkt kleiner, als ich ihn in Erinnerung habe. Mit großen Schritten betritt er den Raum. Im Fernsehen moderiert er die Show und leitet die Zeremonien. Auch wenn er genau genommen keine wirkliche Erscheinung ist und eher unauffällig wirkt, ändert sich das, sobald er zu sprechen beginnt.

»Es ist schön, euch alle hier zu sehen.« Tyler macht eine ausladende Geste, wobei der Anzug über seiner Schulter spannt. Seine Stimme hat einen derart melodischen Klang, dass er spätestens jetzt die Aufmerksamkeit jeder Person im Raum für sich beansprucht.

Seine blauen Augen wirken freundlich, aber stechend, und ich bin froh, als sein musternder Blick an mir vorüberzieht. Einige der Frauen antworten ihm, begrüßen ihn, als würden sie ihn seit Ewigkeiten kennen. Und wahrscheinlich tun sie das auch, wenn sie seit Jahren seine Show verfolgen. Ich lausche seiner Stimme, versuche mir die Gesichter der Anwesenden einzuprägen, gleichzeitig zu lächeln und aufmerksam zuzuhören.

»Lassen wir die Cocktailparty beginnen!« Tyler wendet sich zur Tür und ich höre, wie die Frauen um mich herum nach Luft schnappen. Der Auftritt der Männer könnte nicht übertriebener sein. Vor meinem inneren Auge sehe ich sie alle in Baywatch-Zeitlupe eintreten, einen leicht arroganten Blick aufgesetzt, der Gang strotzend vor Selbstbewusstsein. Um mich herum tost der Applaus. Fehlen nur noch Konfettikanonen und ein Feuerwerk. Das Klatschen verebbt, als die Männer vor uns stehen bleiben.

Collin ergreift das Wort. »Wir freuen uns alle sehr, euch hier begrüßen zu dürfen.« Er lässt seinen Blick über die Frauengruppe schweifen, und ich habe das Gefühl, etwas wie Genugtuung darin zu lesen. »Und wir können es kaum erwarten, diese Reise mit euch anzutreten.« Wörter wie Reise standen ebenfalls im Vertrag. Diese sollen wir zum Beispiel statt Show benutzen.

»Was wir suchen, ist ein Abenteuer.« Daniel schnappt sich drei Sektgläser von einem Tablett und teilt sie an seine Kameraden aus. »Aber wir sind auch bereit für die große Liebe und hoffen, sie hier zu finden.« Er sagt das mit solchem Ernst, dass man ihm fast glauben möchte. Dass man in seinen dunklen Augen versinken und alles einfach hinnehmen möchte. Aber nur fast. Siva und Collin nicken zustimmend.

»Auf einen wundervollen Abend!«, ruft Siva und reckt sein Glas in die Höhe. Während um mich herum Jubel ausbricht, sehe ich zu Boden. Das Heucheln hat also begonnen.

Nach dem kurzen Gespräch mit allen, in dem eigentlich niemand wirklich zu Wort kommt, lösen sich bereits die ersten Kandidatinnen aus den Reihen und bitten ihre Auserwählten um ein Einzelgespräch.

»Ich werde zuerst Dan aufsuchen, er ist wirklich total charmant«, schwärmt April und trinkt einen Schluck ihres Mojitos. Ich weiß, hätte ich am liebsten gesagt. Und ein Lügner! Ein charmanter, blöder Lügner. Bei dem Gedanken an ihn brodelt Wut in mir auf. Ich habe ihm im Club erzählt, dass ich bei der Show mitmache. Wieso hat er nicht gleich gesagt, dass er auch daran teilnimmt? Oder unterliegen die Bachelors einer Verschwiegenheitserklärung? Vermutlich das. Scham überkommt mich, die sich wie eine Hitzewelle in mir ausbreitet, kleine rote Flecken auf meinem Dekolleté erscheinen lässt. Ich habe mich vor ihm komplett zum Affen gemacht, und jedes Mal, wenn ich ihn sehe, fühle ich mich noch schlechter. Er muss sich ins Fäustchen gelacht haben. Und jetzt stehe ich da wie eine Idiotin. Dass ich mit Dan rede, ist also ausgeschlossen. Siva kann ich mir auch abschminken, nachdem ich ihn heute schon genug geplagt habe. Bleibt also nur noch Charmeur Nummer drei.

Abrupt stehe ich auf. »Ich gehe zu Collin«, teile ich Svea mit, die beide Daumen nach oben reckt. Vorsichtig durchquere ich den Raum, mein Kleid streift dabei über den Boden. Er muss mit Lynn irgendwo in den Wintergarten gegangen sein. Kälte schlägt mir entgegen, und ein Luftzug, der von einem gekippten Fenster ausgeht, lässt mir die Härchen an den Armen zu Berge stehen, als ich hinaustrete. Die Terrasse verläuft um eine Ecke der Villa herum, der Boden besteht aus schmalen Holzplanken und im Dachgebälk sind Lichterketten angebracht, von denen ein warmer Schein ausgeht und der Szenerie etwas Gemütliches einhaucht. In Abständen sind Korbbänke aufgestellt, gerade so groß, dass zwei Leute bequem darin Platz finden. Sie sind mit Kissen in verschiedenen Größen gepolstert und Decken sind über die Lehnen gehängt. Ich entdecke einige Frauen, die sich vor einem überdachten Bereich unterhalten, der in die eisige Nacht hinausreicht. Keine drei Meter entfernt sitzt Dan mit Taysha vor einem kleinen offenen Kamin, in dem ein Feuer züngelt. Ihre schwarzen Haare fallen in Wellen über ihre entblößte Schulter. Ich drehe mich schnell weg, bevor er mich entdecken kann. Hinter mir drängt sich eine Frau mit gelbem Kleid hindurch und ich höre noch, wie sie die beiden anspricht. Eilig gehe ich weiter, biege um die Ecke und sehe Collin endlich. Mit Lynn. Das Erste, was mir auffällt, ist das Jackett, das über ihren Schultern liegt und das eindeutig von Collin stammt. War ja klar, denke ich und rolle mit den Augen. Ich räuspere mich, um im Vorfeld auf mich aufmerksam zu machen, und hole tief Luft. Ich kann das, ich kann das!, ermahne ich mich. Als ich neben der Bank stehe, erscheint ein entschuldigendes Lächeln auf meinem Gesicht. »Darf ich stören?« Die beiden sehen auf, Lynn wirkt nicht besonders erfreut.

»Natürlich.« Sie wirft sich ihre Haarpracht über die Schulter. »Bis nachher.« Sie verabschiedet sich rasch von Collin und stöckelt davon. Das Jackett behält sie an, was einiges über ihren Charakter aussagt, wie ich finde. Der Bachelor betrachtet mich freundlich und ich setze mich bestärkt dadurch neben ihn.

»Wie geht es dir?«, fange ich an, bevor eine Pause entstehen kann. Die Decke, die auf der Bank liegt, ziehe ich mir fest um die Schultern. Sie ist angenehm warm, und ich bemerke, dass es sich um eine Heizdecke handelt. Es hat gerade mal ein paar Grad über null, wenn man den Thermometern im Außenbereich Glauben schenkt. Kein Wunder, dass die Leute immer nur so kurz miteinander reden, länger hält es ja auch keiner aus. An einem lauen Sommerabend in Bali vielleicht, aber doch nicht in Alaska. Collins blaue Augen glitzern im Schein der Lichterkette über uns.

»Es ist aufregend, auf der anderen Seite zu stehen«, gibt er zu. »Aber die Zeremonien sind genauso unangenehm.« Ich nicke verständnisvoll. Crewmitglieder und Kameraleute laufen um uns herum, die darauf achten, dass alles in Ordnung ist. Es fühlt sich komisch an, so zu tun, als sei man allein, wenn so viele Menschen hier sind. Wie soll man sich so auf ein Gespräch konzentrieren? Jede Regung des Gesichts, jedes Zucken des Mundwinkels wird aufgezeichnet. Collin fährt sich durch die blonden Haare, wobei die hochgekrempelten Ärmel seines weißen Hemdes den Blick auf seine Tattoos freigeben. Sein ganzer Arm ist voll davon, schwarze Tinte auf heller Haut.

»Wofür stehen sie?«, wage ich zu fragen und mustere neugierig die verschiedenen Motive. Dicke und dünne Linien, Schattierungen und klare Umrisse. Irgendwie ist alles zusammengewürfelt, fügt sich aber in ein stimmiges Gesamtbild.

»Das hier ist ein keltisches Symbol und steht für Stärke.« Er scheint begeistert, dass ich mich für seine Tattoos interessiere, und deutet auf ein Zeichen, das Ähnlichkeit mit einem dreiblättrigen Kleeblatt hat. Nur mit Schnörkel am Stiel. Außerdem erkenne ich eine Spielkarte, die in Ranken eingebunden ist.

»Wieso gerade ein Karo Ass?« Ich betrachte das Motiv näher. Einen Herzbuben kann ich auch noch erkennen.

»Das steht für Freiheitsdrang.« Stolz fährt Collin über das Tattoo. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das wirklich stimmt, tue aber trotzdem so, als sei ich beeindruckt.

»Hast du auch welche?«, hakt er nach und stützt sich mit dem Ellenbogen auf der Lehne der Bank ab, kommt mir dadurch ein Stückchen näher.

»Ich will mir erst eines stechen lassen, wenn mir etwas wirklich Gutes einfällt.« Ich wickle mir eine Haarsträhne um den Finger und schenke ihm ein Lächeln. »Aber ich habe es auf jeden Fall vor, vielleicht …« Ich will gerade erzählen, was ich in Erwägung ziehe, als wir unterbrochen werden.

»Kann ich kurz stören?«, fragt eine Kandidatin, und ich kann plötzlich nachvollziehen, wie sich Lynn vorhin gefühlt haben muss. Im Vergleich zu mir hatte sie allerdings deutlich mehr Zeit und am Ende des Gesprächs ein Jackett. Svea hatte recht, es ist eine Minute. Nicht mehr.

»Ehm … natürlich.« Enttäuscht stehe ich auf.

»Klar.« Collin scheint mir nicht nachzutrauern. Als ich winke, hat er sich bereits der Neuen zugewendet. Frustration überkommt mich in wellenartigen Schüben, spült mich hilflos umher, bis ich den Halt verliere. Ich stapfe davon, kann es nicht so recht begreifen. Ich würde gern etwas kaputt schlagen. Oder weinen. Vielleicht habe ich den Frauen in der Show unrecht getan. Denn bisher verhalte ich mich genauso wie sie. Emotionsgeladen. Hätte ich gerade eben mehr Zeit gehabt, hätte ich ihm noch mehr über mich erzählen können, dass ich die Sonne liebe, dass ich eine Schwester habe … irgendetwas. Du musst ihm Privates erzählen, je früher, desto besser, hat Cassie mir eingebläut. Und jetzt weiß ich die Bedeutung seiner Tattoos und er hat immer noch keine Ahnung, wer ich bin. Ich bleibe stehen. Meine Lunge füllt sich mit der eisigen Luft, beginnt mit jedem Atemzug mehr zu brennen. Es ist, als würde sich mein Körper weigern, den aufgenommenen Sauerstoff weiterzugeben, als würde ich nach und nach ersticken. Drinnen sehe ich die Mädchen aufgeregt tuscheln. Grüppchen haben sich gebildet, und etwas in mir sträubt sich dagegen, zurückzugehen. Der Abend neigt sich dem Ende zu, und bald werden auch die ersten Loveletter vergeben werden, dann ist es sowieso schon zu spät, dann beginnt die Zeremonie und dann … Ich merke, wie sich meine Sicht verklärt, wie mir leicht schwindelig wird, und ich stütze mich an der Wand ab. Ich hätte mehr essen sollen. Dieser Abend ist nichts für schwache Nerven und schon gar nichts für einen leeren Magen.

»Geht es dir gut?«, fragt eine tiefe Stimme, und ich zucke zusammen. O nein! Auch das noch. Daniel steht vor mir. Mein Herz setzt aus und mir wird noch etwas schlechter. Ich sehe mich hektisch um, ob ich irgendwohin verschwinden kann. Vielleicht erkennt er dich gar nicht, rufe ich mich selbst zur Vernunft, versuche meine Aufregung zu verbergen.

»Ja, alles bestens.« Ich trete einen Schritt zurück, damit mein Gesicht noch mehr in der Dunkelheit liegt und meine Konturen verborgen sind. »Ich habe nur den ganzen Tag nichts gegessen, und das macht sich gerade bemerkbar.« Ich erzwinge ein Lachen, das in meiner Kehle kratzt.

»Es gibt ein paar Snacks, soll ich dir welche bringen?« Seine Besorgnis ist beinahe greifbar.

»Nein, nein, schon in Ordnung«, winke ich ab. »Es geht schon.« Mein Magen meldet sich grummelnd zu Wort und straft meine Aussage Lügen. Der miese Verräter. Dan zieht belustigt eine Augenbraue nach oben.

»Warte kurz hier, ja?« Ich nicke, als er nach drinnen verschwindet, spiele mit dem Gedanken, einfach wegzurennen. Aber dafür ist mir leider zu übel. Außerdem kann ich schlecht vor einem Bachelorkandidaten wegrennen. Da wäre ich schon lebensmüde. Wieso dachte ich noch mal, dass es einfach werden würde? Dass man nur ein bisschen schauspielern und über Zickereien hinwegsehen müsse? Das raue Holz der Wand drückt sich in meinen Rücken, als ich noch weiter daran hinabsinke. Was würde Merve sagen, wenn sie mich jetzt sehen könnte? Würde sie sich fragen, was ihre große Schwester hier für ein Theater veranstaltet? Genau so komme ich mir nämlich vor. Wie im Theater. Jeder versucht zu gefallen und die beste Show abzuliefern, und wer versagt, heult heimlich in der Ecke.

»Hier.« Daniel erscheint vor mir, balanciert ein Tablett mit Häppchen in der Hand. »Komm, wir setzen uns. Auf dem Boden ist es zu kalt.«

Ich zögere, folge ihm dann jedoch in Richtung des Kamins. Wenn er mich bis jetzt nicht erkannt hat, dann ist das Risiko vielleicht gar nicht so hoch, wie ich dachte. Wir setzen uns auf die kleine Bank vor dem Kamin, in dem ein paar Scheite Holz friedlich vor sich hin brennen, und Daniel reicht mir eine Wolldecke.

»Bei dem Klima hätte ich erwartet, dass mehr Frauen mit Jacke kommen.« Er stellt das Tablett mit den Snacks zwischen uns. Die Hitze der Flammen glüht in meinem Gesicht und hinterlässt angenehme heiße Spuren auf meinen Wangen. Einen Augenblick lang sehe ich den tanzenden Funken zu, wie sie in der Luft schweben und dann erlöschen.

»Ich habe es mir überlegt, aber habe mich dann dagegen entschieden.« Ein Grinsen ziert meine Lippen. »Jetzt bereue ich es ein kleines bisschen, wo ich doch extra eine schöne Winterjacke ergattert habe.« Angesichts des Essens steigt meine Laune wieder und ich greife nach einer Teigtasche, die mit Frischkäse und Lachs gefüllt ist. Gierig beiße ich hinein, bemühe mich jedoch, die Geräusche so leise wie möglich zu halten und nur Minibisse zu nehmen, als ich mich an die Kameras und das Mikrofon an meinem Ausschnitt erinnere. Weder die Kau- und Schluckgeräusche sind appetitlich noch das Gesicht, das man beim Essen macht. Mein Magen gibt ein zufriedenes leises Knurren von sich, als ich die Füllung auf meiner Zunge schmecke.

»Fühlst du dich schon besser?«, fragt Daniel nach einer Weile. Das Kaminfeuer knistert angenehm, untermalt das dunkle Timbre seiner Stimme. Ich nicke.

»Viel besser, danke.« Genüsslich zerkaue ich den Teig.

»Schöne Sneakers übrigens«, sagt er mit einem Blick auf den Boden, und schlagartig wird mir bewusst, dass ich darauf gar nicht mehr geachtet habe. Peinlich berührt ziehe ich mein Kleid wieder darüber.

»Ich hatte so fürchterlich Muskelkater, dass ich in hohen Schuhen gestorben wäre«, rechtfertige ich mich zerknirscht und nehme mir schnell ein weiteres Häppchen.

»Muskelkater? Von was denn?« Er hebt seine Augenbraue.

»Ich war Eislaufen«, murre ich und er nickt verständnisvoll.

»Das ist nachvollziehbar. Aber du hast die Schuhe gut versteckt.« Ich kaue, ehe ich verschwörerisch antworte.

»Du darfst mich nicht verraten.«

»Keine Sorge.« Er legt die Kuppe seines Zeigefingers auf die seines Daumens und zieht sie über den Mund. »Meine Lippen sind versiegelt.« Ich warte, doch Daniel hat sich bereits auf der Bank zurückgelehnt und die Hände sinken lassen.

»Du musst ihn wegwerfen, sonst gilt es nicht«, erinnere ich ihn.

»Was wegwerfen?« Er wirkt verwundert.

»Den Schlüssel, mit dem du das Geheimnis weggeschlossen hast.« Seine dunklen Augen funkeln belustigt.

»Na gut.« Wieder berühren sich sein Zeigefinger und Daumen, dann holt er aus und wirft den imaginären Schlüssel in hohem Bogen weg. »So in Ordnung?«

Ich stütze den Kopf in die Hände und tue so, als würde ich überlegen. »Das könnte wohl reichen.« Er lacht kehlig. Das Tablett mit den Häppchen hat sich in Rekordzeit geleert und er hält mir das letzte davon hin. Dankbar nehme ich es an und beiße hinein.

»Darf ich dazwischenfunken?«, fragt jemand hinter mir und ich bemerke April.

»Ja, sofort«, sage ich hastig, kaue zu Ende und schlucke so schnell, dass ich noch spüre, wie der Bissen meine Speiseröhre hinunterwandert. Dann schäle ich mich aus der Decke und sehe zu Dan. »Danke für … das hier.«

Er grinst. »Nichts zu danken.«

April setzt sich auf meinen Platz am Feuer, während ich zurück in die Villa gehe. Die Häppchen haben geholfen. Das Schwindelgefühl ist verschwunden. Und das Beste: Er hat mich nicht erkannt. Zumindest hat er nichts davon durchblicken lassen, und das bedeutet, dass ich mich erst einmal in Sicherheit wiegen kann. Und mich ganz auf Collin fokussieren werde, um mein Glück nicht weiter auszureizen.

Love or Lie

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