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FRAUEN SIND IN DER MEDIZIN IM VORMARSCH

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Als habilitierte Gynäkologin war Dr. Doris Gruber Anfang der 2000er-Jahre »eine noch rare Spezies«. Aber da habe sich unglaublich viel getan: »Ich würde fast sagen, dass es jetzt genauso viele Gynäkologinnen gibt wie männliche Kollegen. Diese Entwicklung ging rasant. Da hat unsere Generation schon zum Dammbruch beigetragen. Frauen in der Medizin sind absolut im Vormarsch. Das kann auch ein Nachteil für Frauen und interessanterweise auch für die Kontinuität bei der PatientInnenbetreuung sein.« Wie bitte? »Nicht, dass Frauen schlechtere Ärztinnen seien. Überhaupt nicht. Aber Frauen haben oft andere – kürzere – Dienstverhältnisse als Männer. Da sind wir wieder bei der Vereinbarkeitsfrage von Beruf und Familie. Einen Stationsbetrieb mit vor allem Ärztinnen an einer Klinik zu führen, das ist für die Klinikleitung eine echte Herausforderung. Da spielt auch das Ärztearbeitszeitgesetz stark hinein und erneut das Kinderkriegen mit den daraus resultierenden Mutterschutz- und Karenzzeiten. Dadurch kann sich eine weibliche Karriere ganz schön in die Länge ziehen. Aber da machen wir jetzt ein großes anderes Thema auf.« Denn wir wollen ja beim Lebensfeeling der Frauen um die fünfzig bleiben: bei ihrer Bilanz der letzten Jahre, bei ihren Wünschen, Bedürfnissen, ihren möglichen Forderungen an Politik wie Gesellschaft.

»In puncto Forschung beispielsweise ist vieles besser geworden. Wir haben damals ja auch über den Forschungsbetrieb in Österreich geredet, den ich kritisch hinterfragt hatte. Junge Forscherinnen bekommen mittlerweile eine ganz andere, viel bessere Ausbildung, das beginnt zum Glück schon im Studium«, stellt Gruber fest. Sie selbst habe als Frau in ihren Fünfzigern ein sehr zufriedenes Lebensgefühl. »Wir sollten eigentlich jetzt an dem Punkt angelangt sein, wo wir uns sagen können: Das habe ich erreicht und das möchte ich jetzt gut zu Ende führen. Und das trifft auf mich zu.« Was den Trend zur späten Mutterschaft, zu künstlicher Befruchtung und immer späterer Familienplanung betrifft, sieht die erfahrene Gynäkologin die Entwicklung in der Medizin äußerst kritisch: »Die Medizin gaukelt den Frauen da etwas vor, wenn sie sagt: Wenn du noch nicht bereit bist, Mutter zu werden, friere doch deine Eizellen ein. Mach Karriere, werde irgendwann später Mutter, und das mit künstlicher Befruchtung. Dazu tauen wir dann deine Eizellen wieder auf und, ja, den Samen, den werden wir schon ›finden‹. Da werden vielen Frauen Szenarien schmackhaft gemacht, die vielleicht bei Einzelnen greifen können, zum Standard sollte das aber nicht erhoben werden.« In ihren Augen wären die größeren medizinischen Möglichkeiten also auch eine Falle für Frauen und daher oft kein wirklicher und ehrlicher Fortschritt.

Und wie ist das mit dem Urlaub, zwanzig Jahre später? Wieder muss sie lachen. »Ja, auch das ist so geblieben. Ich habe noch nie länger Urlaub gemacht als zehn Tage. Länger kann ich meine Praxis auch nicht schließen«, erklärt sie, und eine Vertretung komme nicht infrage. Aber, fügt sie hinzu, sie genieße die Freiheit, sich ihre Arbeit selbstständig einteilen zu können, und außerdem habe sie den Luxus, im Sommer zwischen Wien und Reichenau zu pendeln. Dort hatte sie schon mit dreißig einen Rückzugsort aus Kindheitstagen – nach wie vor ihr Kraftplatz. Und ihr Sohn könne ja zum Glück auch mit seinem Vater Urlaub verbringen, ihm fehle also nichts.

Bleiben die Wünsche, die geheimen Sehnsüchte, die natürlich auch so toughe, zielstrebige Frauen wie Doris Gruber haben. Im alten Buch gab es für jede Frau einen Fragebogen. Eine Frage darin lautete: »Was wären Sie gerne im nächsten Leben?« »Musikerin«, war damals Grubers Antwort. »Das ist immer noch ein Wunsch, weil ich alle beneide, die ein Instrument spielen. Leider wird sich das in diesem Leben nicht mehr ausgehen. Aber der Traum, der Wunsch, die Bewunderung sind noch immer da.« Ein bisschen erfüllt sie sich diese Leidenschaft, indem sie Musik hört und ab und zu ins Konzert oder in die Oper geht. Und, wer weiß? Wir werden sie wieder fragen, vielleicht in zwanzig Jahren. Ob sie dann immer noch in der Ordination sitzt? »Es gibt so viele tolle Frauen, die siebzig, achtzig Jahre alt sind, sich bester Gesundheit erfreuen und einer erfüllenden Beschäftigung nachgehen. Das ist absolut nachahmenswert.« Das wollen wir doch einfach einmal so stehen lassen.

Kurswechsel bei 5.0

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