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— Drittes Kapitel

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»Hallo Laila.«

»Ach, du bist’s.«

»Hast du jemand anders erwartet?«

»Absolut nicht.«

»Ich finde, du hast fast enttäuscht geklungen.«

»Da hast du dich geirrt. Wie ich mich nach dir sehne! Aber wie läuft es nun? Du kommst doch morgen? Wage es ja nicht, abzusagen!«

»Keine Sorge, ich komme schon. Ich wollte nur nochmal durchrufen, um das zu bestätigen. Es wird einfach schön sein, hier eine Weile rauszukommen, auch wenn es nur für ein paar Tage ist.«

»Das kannst du auch gut gebrauchen. Und ich habe dich endlich mal wieder bei mir. Das letzte Mal war ja nicht gerade erst gestern.«

»Du weißt doch, dass es bei mir in letzter Zeit etwas turbulent zugegangen ist.«

»Ja, ich weiß. Es ist doch wohl nichts ...«

Die Frage blieb in der Luft hängen, und Jasmin musste schmunzeln, als sie sich das Gesicht der Schwester vorstellte: die runden, gleichzeitig erwachsenen und kindlichen Züge, die Ponyfrisur, die trotzigen und dabei dennoch so gutgläubigen Augen.

»Nein, nein, nichts Neues unter der Sonne.«

»Dann hat Josef nicht ...«

Wieder blieb die Frage unvollständig.

»Lass uns darüber reden, wenn wir uns sehen, Laila.«

»Aber du musst mir wenigstens sagen, ob es Stefan und Maria gut geht!«

»Es ging ihnen zumindest ganz prima, als ich vor fünf Minuten mit ihnen telefoniert habe.«

»Wie schön. Du, das mit Josef ...«

»Können wir nicht morgen darüber reden?«

»Aber du hast doch etwas in der Richtung angedeutet, dass er möglicherweise versuchen könnte, das alleinige Sorgerecht für die Kinder zu bekommen.«

Jasmin unterdrückte ein Seufzen.

»Nicht nur möglicherweise, Laila. Er hat beschlossen, darum zu kämpfen.«

»Dann schlag zurück. Schlag zurück mit aller Kraft, dann hat er nicht die geringste Chance.«

»Aber da gibt’s ja diese Sache, weißt du.«

Schweigen.

»Du willst doch nicht etwa sagen, dass er so primitiv ist und den alten Dreck wieder hervorholt?«

»Doch, so primitiv ist er.«

»Aber das war doch nur dieses eine Mal, ein einziger Ausrutscher.«

»Zweimal.«

»Na, dann eben zweimal. Was macht das für einen Unterschied? Du bist doch jetzt trocken. Das ist doch alles längst vergessen.«

»Nicht für Josef.«

»So ein Mistkerl.«

»Ja, das ist er wirklich. Aber lass uns jetzt damit aufhören.«

»Okay. Wann kommst du morgen?«

»Gegen Abend, denke ich. Wollen wir sagen um sechs Uhr? Ich habe vormittags noch einiges zu tun, will aber so gegen Mittag losfahren, damit ich das Licht noch ausnutzen kann. Ich hasse es, im Dunkeln zu fahren, dabei habe ich immer das Gefühl, am Wegesrand überall Rehe zu sehen.«

»Die Straßen sind trocken, das wird kein Problem sein. Wenn du kommst, habe ich das Essen fertig. Etwas Besonderes für dich?«

Jasmin lachte. »Lass es eine Überraschung werden.«

»Wie du willst. Ach, übrigens, Jossie: Ich habe noch eine andere Überraschung für dich.«

»Du meinst doch nicht etwa ...«

»Was soll ich meinen?«

»Einen Mann? Laila! Sag schon!«

Lautes Lachen im Hörer.

»Du wirst es morgen sehen.«

»Es ist gemein, mich so auf die Folter zu spannen, und das von meiner eigenen Schwester. Nun sag schon, ist es ein Typ?«

»Du wirst dich noch etwas gedulden müssen.«

»Ach, bitte ...«

»Nützt alles nichts. Morgen, habe ich gesagt. Dann wirst du es erfahren, vorher nicht. Allerdings unter einer Bedingung.«

»Du stellst Bedingungen?«

»Ganz genau. Ich verlange von dir, dass du hier nicht anfängst sauber zu machen, wie du es sonst immer tust. Wage ja nicht, die Wohnung wieder total auf den Kopf zu stellen wie an Weihnachten. Ich warne dich.«

»Das kommt darauf an, wie es aussieht«, protestierte Jasmin. »Sei mir nicht böse, aber manchmal sieht es bei dir aus wie im Schweinestall. Da muss man sich ja fast schämen.«

»Du sollst dich hier erholen und ausspannen, und nicht mit Eimer und Besen loslegen. Du wirst ja schon nervös, wenn nicht alles blitzt und blinkt. Weißt du, dass du einen Putzfimmel hast? Aber das ist auch dein einziger Fehler. Nein, stimmt nicht. Du hast noch einen. Noch einen schlimmeren.«

»Und der wäre?«

»Du bist Josef gegenüber immer viel zu nachgiebig gewesen. Hast dich von ihm herumschubsen, dir auf der Nase herumtanzen lassen. Solange ich denken kann, hast du dich von diesem Machotyp herumkommandieren lassen. Und das ist nichts, was ich jetzt erst auf den Tisch bringe, weil ihr euch scheiden lassen wollt. Ich habe ihn noch nie gemocht. Das weißt du. Du musst doch auch zugeben, dass er dich auf das Schändlichste ausgenutzt hat?«

»Vielleicht ist es deshalb ja zu Ende gegangen«, musste Jasmin einräumen.

Ihre Schwester hatte ja Recht. Sie war einfach viel zu lange zu gutgläubig und nachgiebig gewesen. Josefs Wort war immer Gesetz für sie gewesen.

Die Schwestern plauderten noch einige Minuten lang und beendeten dann das Gespräch. Jasmin legte den Hörer auf. Laila hatte so aufgekratzt und erwartungsvoll geklungen, als hätte sie etwas ganz Besonderes vor. Bedeutete ihr Besuch ihr wirklich so viel? Auf jeden Fall war das sehr schmeichelhaft.

Jasmin blieb neben dem Telefon sitzen und grübelte darüber nach, warum eigentlich ihre Ehe so schief hatte laufen können. Wie konnte etwas, was noch vor ein paar Jahren so eine glühende Leidenschaft gewesen war, sich in so einen verbissenen Kampf verwandeln, in Drohungen und blanken Hass? Wo war das zärtliche, überschwängliche Gefühl des Verliebtseins geblieben?

War alles ein einziger Bluff gewesen, eine Illusion, eine Autosuggestion? Hatte sie sich nur eingebildet, bis über beide Ohren in Josef verliebt zu sein?

Aber konnte man sich überhaupt jemals sicher sein, wenn es um Gefühle ging?

Die Antwort auf diese Fragen erschien ihr plötzlich vollkommen uninteressant, wie etwas absolut Überholtes. Was wirklich zählte, war, was jetzt mit den Kindern geschehen würde. Warum sollte er so selbstherrlich über Stefans und Marias Zukunft bestimmen? Warum ging er ganz selbstverständlich davon aus, dass sie es viel besser bei ihm in London hätten als bei ihrer Mutter in Schweden?

Alles drehte sich nur um Prestige. So viel begriff sie. Josef dachte nicht in erster Linie an das Beste für die Kinder, sondern an sein Selbstwertgefühl. Das war ihm wichtiger als alles andere.

Typisch Josef, dachte sie verächtlich, sich und seine Bedürfnisse immer an erste Stelle zu setzen.

Von einer plötzlich aufflammenden Wut erfüllt, stand sie auf und trat ans Fenster, von wo aus sie auf den langsam abnehmenden Verkehr auf den Straßen dort unten schaute. Der Samstagabend hatte begonnen.

Jasmin beschloss, freiwillig keinen Zoll zu weichen.

Sie würde Josef bekämpfen, koste es, was es wolle.

Er würde seinen Willen nicht bekommen. Diesmal nicht.

Er, der große Karrierist, konnte ja gern in London schuften, während die Kinder dort lebten, wo sie hingehörten.

Bei ihr.

Bei dem Menschen, der ihnen das Leben geschenkt hatte.

Mauerblümchen - Schweden-Krimi

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