Читать книгу Hexenjunge - Bo R. Holmberg - Страница 9

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Die Jungen saßen ganz hinten in der Kirche. Peder, der Pfarrer, stand auf der Kanzel. Er stand ganz still. Das Gesicht war mager, die Wangenknochen ragten hervor. Seine Augen wirkten vergrößert, wie zwei leuchtende Punkte stachen sie von der leichenblassen Haut ab. Er hob die Hände, um den Segen für sie zu erflehen. Mit erhobenen Händen stand er still da und begann zu sprechen.

»Es ist eine Seuche«, sagte er, »sie verbreitet sich über unser Land. Der Teufel hat auch in unserem Dorf Halt gefunden. Ihr, die ihr zur Verhütung von Schäden an Haus und Hof unbotmäßigen Zauber benutzt, müsst unbedingt damit aufhören. Wendet euch an Gott, bittet um seine Führung.«

Er verstummte und beugte sich vor. Als er wieder zu sprechen begann, erhob er die Stimme.

»Unter euch sind Frauen«, sagte er, »ja, in unserer Gemeinde sind Frauen, die sich dem Teufel verschworen haben. Wohin ich auch komme, ich höre das Gleiche. Diese Frauen bringen Kinder mit in seine Wohnung und nehmen ein Gastmahl mit ihm ein. Sie sind verloren, sie werden bis in alle Ewigkeit brennen. Ihr müsst standhaft bleiben! Ihr müsst derartigen Verlockungen widerstehen. Bedenkt, dass der Teufel die Gabe hat, sich zu verstellen. Vertraut auf Gott, lest seine Worte.«

Mattigkeit schien ihn zu überkommen. Er stützte den Kopf für einen Augenblick in die Hände, dann streckte er sie wieder in die Luft.

»Beunruhigende Dinge sind in angrenzenden Gemeinden geschehen. Zeugen haben auf jene hingewiesen, die ihre Kinder zum Blauen Hügel bringen. Seid wachsam, auch dann, wenn eure Kinder geborgen in ihrem Bett zu schlafen scheinen. Bleibt an ihren Betten sitzen. Jene, die das Zeichen des Teufels tragen, sind verschlagen. Sie nehmen die kleinen unschuldigen Wesen mit sich durch Wände und Rauchfänge und lassen ein Stück Holz zurück, das aussieht wie das Kind. Sie bringen es ins Haus des Teufels und dort tun sie ihm schändliche Dinge an. Seid wachsam und betet! Seid wachsam und betet!«

Er verstummte und beugte sich noch einmal über die Kanzel. Die Leute rutschten unruhig in ihren Bänken.

Pfarrer Peder hatte seine Ansprache beendet. Er ging hinunter zum Altar, hob seine Hände erneut und sprach den Segen über seine Gemeinde. Der Gottesdienst war beendet.

Während die Leute noch mit gesenkten Köpfen dasaßen, ging Peder rasch den Mittelgang entlang, gab den beiden Jungen ein Zeichen und öffnete das Kirchenportal.

Der Pfarrer trat hinaus. Er war blass, aber aus seinen Augen leuchteten zwei brennende Punkte. Mit zitternder Hand zeigte er zur Mauer an der linken Seite der Kirche, dort sollten sie sich hinstellen. Johan zog an Olofs Arm und nickte ihm aufmunternd zu. Gebieterisch stand der Pfarrer mitten auf dem Schotterweg und wartete. Die Ersten kamen, sie gingen zögernd, als ob sie ahnten, dass etwas Besonderes geschehen würde, oder als ob sie Respekt vor dem Gottesmann hätten.

Olof fühlte sich unbehaglich. Hier waren Menschen, die er wieder erkannte. Erst jetzt wurde ihm klar, welche Kirche es war. Hier konnten die Hindersons sein und andere. Oder die Mårtenssons!

Wenn Johan nun auf Didrik oder Karin zeigte.

Oder Lisbet!

Olof sah sich verwirrt um.

Waren sie hier?

Er hörte Johans hastigen Atem. Der Bruder zuckte, er warf den Kopf hin und her und bewegte sich auf die Stelle zu, wo der Pfarrer stand. Olof folgte ihm. In seinem Körper hämmerte es. Männer gingen vorbei, hoben ihre Kopfbedeckungen und grüßten den Pfarrer. Der stand immer noch mit über der Brust verschränkten Armen da, warf jedoch hin und wieder Johan einen Blick zu.

Plötzlich trat Johan ein paar Schritt vor. Er hatte die eine Hand erhoben und hielt eine Frau auf. Sie sah ihn misstrauisch an und zog ihr Tuch enger ums Gesicht.

Johan atmete aus und berührte ihr Haar und das Tuch, dann entblößte er ihre Stirn.

»Du trägst das Zeichen des Teufels!«, schrie er.

Olof war ihm gefolgt und musterte die Frau, konnte aber nichts sehen. Es musste doch zu sehen sein? Er schärfte seinen Blick, konnte jedoch nichts entdecken.

Der Pfarrer führte die Alte beiseite.

Johan packte Olof am Arm.

»Jetzt bist du an der Reihe«, flüsterte er.

Olof machte einen Schritt rückwärts.

»Ich sehe nichts«, flüsterte er zurück.

Johan atmete heftig, als ob er gerannt wäre. Er stellte sich mitten in den Gang. Menschen mussten um ihn herum gehen. Jemand begann zu laufen. Johan gab zwei Frauen das Zeichen und sie blieben stehen. Still standen sie, während er ihre Stirnen entblößte und schrie, er habe das Stigma diaboli gefunden.

Auch sie führte der Pfarrer beiseite. Olof sah sich verwirrt um. Viele waren schon vorbeigegangen, aber er hatte nichts getan. Er hatte nichts gesehen. Und Didrik oder Karin hatte er auch nicht entdeckt. Lisbet auch nicht. Wenn Johan nun auf Lisbet gezeigt hätte! Ihre hellen Haare fielen ihm ein und er sah, wie Johan ihre Stirn entblößte.

»Nein!«, schrie er.

Johan sah ihn mit dunklen Augen an.

Nein, Lisbet war nicht hier.

Jetzt waren nur noch ein paar Männer übrig. Und dort kam jemand, den kannte er. Es war Hindersons Knecht, der mit dem dichten Bart und dem höhnischen Lächeln. Jöns Persson. Johan hielt den Bruder fest am Arm gepackt.

»Ist er das?«

Olof nickte.

Johan machte hastig einige Schritte auf den Mann zu, schlug ihm den Hut vom Kopf und drückte einen Finger gegen seine Stirn.

»Hier – der Biss des Teufels!«

Der Knecht sah sich erstaunt um. Er rang seine Hände und packte Johan, als ob er ihn schlagen wollte. Aber der Pfarrer griff ein und führte den Knecht beiseite.

Konnten auch Männer der Hexerei verfallen?

Olof wusste es nicht, aber er war erleichtert, dass es nur Hindersons Knecht und niemand anderes war.

Der Pfarrer schob Johan einige Münzen in die Hand.

»Es waren bestimmt noch mehr«, sagte Johan. »Aber es ging zu schnell.«

Er sah seinen Bruder vorwurfsvoll an.

»Es scheint«, sagte er zum Pfarrer, »als habe mein Bruder nicht die Gabe. Ich dachte es, aber ich habe mich getäuscht.«

Der Pfarrer nahm Johans Hand und bedankte sich bei ihm.

»Du musst wiederkommen«, sagte er, »es soll noch mehr hier geben.«

Johan ließ sich plötzlich auf die Knie fallen. Er berührte die Erde mit der Stirn und flüsterte etwas.

Der Pfarrer trat ein Stück zur Seite.

Nach einer Weile erhob sich Johan, nahm Olofs Hand und zog ihn weg vom Kirchenvorplatz.

Olofs Atem wurde wieder ruhiger.

Von Mårtenssons war niemand da gewesen, Gott sei Dank.

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