Читать книгу Die Innenpolitik der Römischen Republik 264-133 v.Chr. - Boris Dreyer - Страница 22
b) Einführung
Оглавлениеlex und mos
Es ist notwendig, vereinzelte und verstreute Nachrichten oft aus bekannteren, besser überlieferten Perioden zusammenzutragen, um das Zusammenspiel der zentralen Institutionen der Klassischen Republik zu erfassen. Die Römer hatten nämlich keine geschriebene Verfassung. Nicht umsonst wurde ein etabliertes Verfahren durch die Römer selbst weniger mit einem Gesetz, einer lex, begründet, wenn allgemein akzeptierte, höherwertige, allerdings informelle mores maiorum und exempla, bewährte oder auch zu vermeidende Vorbilder, zur Verfügung standen.
Verfassungsverständnis
Es empfiehlt sich, die römische Verfassung in zwei Schritten zu erfassen: Es ist bekannt, dass antike Gesellschaften eine Verfassung sind und nicht – wie nach modernem Verständnis – sich eine Verfassung geben. Mit anderen Worten, das antike, auch das römische Verständnis ist umfassender (Hölkeskamp 2004, S. 67): Schon der Akt des synoikismos (griechisch „Zusammensiedlung“, „Gründung“), der zur Konstituierung einer Gemeinde notwendig ist, ist die erste Maßnahme zur Schaffung einer Verfassung, auch im Falle Roms.
res publica
Cicero, der auf der Basis einer tief gehenden Kenntnis der griechischen gelehrten Diskussion schrieb, erklärte die Republik zur Sache des Volkes (hier populus = alle römischen Bürger), das heißt die res publica zu den res populi. Der Begriff „Republik“ zur Bezeichnung des römischen Staatswesens kam erst um 200 v. Chr. auf, als Rom sich die Hegemoniestellung im Mittelmeer erkämpfte und auf diese Weise mit der griechischen Welt in Kontakt trat. Hier kannte man natürlich schon lange die unterschiedlichsten Staatswesen und hatte sie mit Begriffen belegt. So übersetzten die Römer die Bezeichnung für ihr Staatswesen aus dem Griechischen, ta pragmata, die öffentlichen Angelegenheiten.
Polybios’ 6. Buch
Die römische Verfassung und ihre Institutionen waren einem Wandel unterworfen, zumal die kollektive Erinnerung an die nicht aufgezeichneten mores maiorum zwar verpflichtend, aber keineswegs unumstritten war, besonders je mehr man sich der Mitte des zweiten Jahrhunderts nähert. Für die Darstellung historischer Prozesse sind aber Kompromisse zu machen, wenn eine „Momentaufnahme“ der Verdeutlichung dienlich ist. Es gibt hierfür auch ein antikes Vorbild: den Historiker Polybios, der die römische Verfassung zum Zeitpunkt der größten Bedrohung durch Hannibal im 6. Buch seines großen Geschichtswerkes beleuchten wollte. Wie er konzentrieren wir uns vor allem auf das Volk, die oberen Magistrate mit Imperiumsgewalt und den Senat, und ihr tagtägliches politisches Zusammenspiel.
Institutionen und Gesellschaft
Dem schematischen Gerüst der Institutionen (vergleiche Schema S. 18) steht aber darüber hinaus die soziale Realität einer streng aristokratisch-hierarchisch-strukturierten Gesellschaft gegenüber. Diese reichte in die politische Sphäre hinein und verlieh damit bei innerem Konsens (etwa durch die Verpflichtung auf die Einhaltung der mores maiorum) dem Staat insgesamt Beharrungs- und Kohäsionskraft. Diese wäre mit dem institutionellen Gefüge allein kaum hinreichend zu erklären gewesen.