Читать книгу Die Innenpolitik der Römischen Republik 264-133 v.Chr. - Boris Dreyer - Страница 8
a) Zur Epoche
ОглавлениеZur Epochenabgrenzung
Wenn man von der „Klassischen“, „Mittleren“ oder „Hohen“ Phase der römischen Republik spricht, meint man in der Regel die Epoche, die zwischen 287 und 264 v. Chr. beginnt und mit dem Jahr 133 v. Chr. endet. Epochengrenzen (griech. epoché = „Haltepunkt“) sind jedoch immer Vereinbarungssache. Historiker definieren Zäsuren, an denen sie entweder entscheidende neue Prozesse einsetzen oder frühere Entwicklungen in neue Bahnen einschlagen sehen, damit sie ein Thema, eine Untersuchungsperspektive formulieren können.
Die unterschiedlichen Daten, die man für den Beginn der „Klassischen Epoche“ herkömmlich angibt, erklären sich vornehmlich aus den unterschiedlich gewählten Schwerpunkten.
Betont man die Außenpolitik der Republik, ist der Beginn des Ersten Punischen Krieges (bis 241 v. Chr.) der beliebteste Ansatzpunkt, weil Rom zum ersten Mal über die italienische Halbinsel hinausgriff.
Aber schon dieser Ansatz ist nicht unbestritten, markiert doch der Sieg über die antirömische Koalition unter Pyrrhos 272 v. Chr. den eigentlichen Endpunkt der italischen Phase der römischen Expansion.
Ende der Ständekämpfe
Wenn man allerdings den Schwerpunkt auf die innenpolitische Entwicklung Roms legt, wird in der Regel das Ende der Ständekämpfe mit der lex Hortensia 287 v. Chr. betont. Die Phase, die dann einsetzt, scheint ganz von den großen außenpolitischen Herausforderungen, besonders gegen den Erzfeind Karthago (bis 201 v. Chr.), dann aber auch gegen die griechisch-makedonischen Könige des östlichen Mittelmeers (bis etwa 133 v. Chr.) dominiert.
Tiberius Gracchus
Hinsichtlich des Enddatums besteht dagegen relative Einigkeit. Dieses wird durch die Reforminitiativen des Tiberius Gracchus gerechtfertigt. Schon seit der ersten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts lässt sich immer schwerer eine Grenzlinie zwischen Innenpolitik und Außenpolitik ziehen, da das Mittelmeer zunehmend von Rom beherrscht und alle Staaten immer unmittelbarer von den Entscheidungen und Kontroversen der politischen Klasse in Rom, im Senat, beeinflusst wurde.
Rom – Italien – Provinzen
Lange Zeit war das Territorium Roms auf nicht viel mehr als auf das Stadtterritorium beschränkt. Seit der Vertreibung der Könige war es ein aristokratisches Stadtregime. Das war es auch noch, als man um 180 v. Chr. unumstrittene Hegemoniemacht im Mittelmeerraum war. Demnach wäre im engsten Sinne des Wortes die Darstellung der Innenpolitik im angegebenen Zeitraum auf die Stadt und ihre Grenzen zu beschränken. Da aber das (Vor-) Herrschaftsgebiet in Italien und in den Provinzen ab etwa 200 v. Chr. immer einheitlicher von Rom und dem Senat aus kontrolliert wurde, sind Italien und mit Einschränkungen das Provinzgebiet mit einzubeziehen.
Einzelpersönlichkeiten – „Kollektiv“
Derartige Beobachtungen ließen sich ausweiten: Das Rom des dritten Jahrhunderts sah in politischer, militärischer, sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht gänzlich anders aus als dasjenige des zweiten Jahrhunderts. Immer häufiger traten Einzelpersönlichkeiten hervor, die den Lauf der Geschichte zu bestimmen, ja zu dominieren schienen. Man hat den Eindruck, wenn die Überlieferung nicht täuscht, dass große Einzelpersönlichkeiten die Zeit zwischen dem Zweiten Punischen Krieg und dem Zeitalter der Gracchen gestalten. Es wäre jedoch verfehlt, eine Darstellung allein auf die Personengeschichte zu beschränken, zumal schon die Zeitgenossen stolz darauf hinwiesen, wie sehr die Geschichte Roms und seiner Verfassung ein Produkt einer kollektiven Erfahrung über Jahrhunderte gewesen ist und nicht von einer übermächtigen Persönlichkeit bestimmt wurde.
Zur Einheit
Der Wandel vom dritten zum zweiten Jahrhundert belegt aber auch, wie falsch es wäre, das republikanische System ab 287 v. Chr. als monolithen Block anzusehen. Das „System“, die Gesellschaft, war einem Veränderungsprozess unterworfen.