Читать книгу Die Innenpolitik der Römischen Republik 264-133 v.Chr. - Boris Dreyer - Страница 26

f) Der Senat

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Konsens und Erfahrung

Der Kitt der Verfassung und der Zusammenhalt der institutionellen Glieder waren nur durch den Senat und im Senat sichergestellt. Er garantierte den Konsens und Interessensausgleich, die Ausrichtung auf die Tradition, die Erfahrung der politisch handelnden Mitglieder und die Kontinuität in der Politik.

consulta

Formal hatte der Senat wie die Volksversammlung kein Initiativrecht. Diese ging immer vom Konsul, Praetor oder Volkstribunen aus. Formal wiederum gab der Senat nur „Ratschläge“ (Consulta) an den Imperiumsträger. Diese waren aber nicht an das Votum des Senates gebunden.

Hierarchische Ordnung

Die innere Ordnung auch im Senat war streng hierarchisch. Die Voten zu Sachthemen durchliefen nach dem Antrag des Konsuls oder einberufenden Magistraten eine feste Reihenfolge nach der hierarchischen Leiter, die vom (soweit eingesetzt) princeps senatus (Meinungsführer im Senat), den Zensoren, dann (immer) Konsuln über die praetores, aediles bis zu den quaestores (siehe Tabelle 1) verlief, wobei auf jeder Stufe der Ämterleiter zuerst derjenige, der bereits das Amt ein Jahr lang ausgeübt hatte (Konsularier, Praetorier, Quaestorier etc.), dann derjenige, der gerade das Amt versah, und zuletzt der Designierte befragt wurde (Ryan 1998). Weiter sprach der Patrizier vor dem Plebejer, der Amtsältere vor dem Jüngeren.

„Bündnisse und Cliquen“

Derartige Reglementierungen wurden wie in der Verfassung generell durch informelle Faktoren überlagert, den (ephemeren) Gruppierungen um mächtige Geschlechter, die gleichsam die für die gesamte römische Gesellschaft relevante Sozialform des Klientelsystems (siehe unten clientela) bis in den Senat fortsetzten. Diese Gruppierungen waren nicht festgefügt, schon gar nicht im Sinne heutiger Parteien mit festen Programmen ausgestattet. Sie manifestierten sich zum Beispiel als Wahlbündnisse und kurzfristige politische Aktionscliquen (amicitiae). Es kam aber auch vor, dass solche Bündnisse durch Heirat und Adoptionen dauerhafter gemacht, ja „vererbt“ werden sollten.

Einigkeit nach außen

Da der Senat bei seinen Beschlüssen als Einheit agierte und nach außen auftrat, wurden die politischen Fragen entweder in der Diskussion geregelt oder vorher zwischen den politischen Gruppierungen informell ausgehandelt.

Senat und Volkstribun

Im Unterschied aber zu den Bürgern in der Volksversammlung hatte jeder Senator individuelles Rederecht. Seit der Legalisierung der bis dahin okkupierten Kompetenzen des Volkstribuns im Jahre 287 v. Chr. gab es zeitweilig Bestrebungen, diesen Magistraten zum langen Arm des Senats zu machen. In der Tat war durch die Integration des Volkstribunats in den senatorischen cursus honorum dieses Amt in mehrfacher Hinsicht „etabliert“. Junge ehrgeizige Adlige benutzten das Amt als Sprungbrett in der Karriereleiter und hatten die Zusammenarbeit und Unterstützung des Senates als Ganzes oder einzelner Geschlechter beziehungsweise Senatoren nötig. So war nach 200 v. Chr. jede belegte Handlung des Volkstribunen „ex auctoritate senatus“. Mit den Kompetenzen des Volkstribuns (Interzession, Einberufungs- und Antragsrecht vor dem concilium plebis und im Senat) konnte sich der Senat von den obersten Magistraten unabhängig machen beziehungsweise diese disziplinieren. Verweigerte sich etwa der Konsul einer „Empfehlung“ (senatus Consultum) oder übermittelte er diesen nicht an den Volkstribun weiter (damit dieser im concilium plebis tätig wurde), konnte der Volkstribun den Senat zusammenrufen, dessen „Empfehlung“ entgegennehmen und mit dieser ein Plebiszit herbeiführen.

Senat steht im Zentrum

Da sich also die Magistrate mit dem Senat arrangieren mussten, wurde dieser zum Zentrum der Macht. Es gab nichts (im Zuständigkeitsbereich der Magistrate), was außerhalb seiner Kompetenz lag. Nach Mommsen (StR III 1034) gehörte dazu: Bestätigung und Vorberatung des Volksbeschlusses, Sakralwesen, Rechtssprechung, Kriegswesen, Finanzen, Außenpolitik, Verwaltung des römischen Gebiets und das Notstandsrecht (senatus Consultum ultimum).

Weil der Senat Garant einer kontinuierlichen Politik und Versammlungsort der Magistrate war, die mit ihren Handlungen im Ausland vor dem Senat zu berichten hatten, gingen dort Gesandte aus und ein, eingeführt durch einflussreiche Mitglieder des Senates, die sich zu Vertretern der Interessen der Staaten machten. Von dort kamen auch Senatoren als Gesandte und handelten „vor Ort“ mit umfangreichen Kompetenzen, als wenn der gesamte Senat mitgereist wäre.

Disziplinierung der Mitglieder

Die Disziplinierung der Mitglieder – mag ihre Kompetenz nach der Auftragserteilung und außerhalb Roms auch mit derjenigen von Königen vergleichbar gewesen sein – gelang insbesondere durch zwei Mittel: Erstens durch die Kompetenz des Senates, die Aufgaben beziehungsweise Aufgabenbereiche (provinciae) für die Imperiumsträger beziehungsweise anderen Beauftragten aus ihrer Mitte zu „empfehlen“, de facto aber zu bestimmen.

Zweitens gelang eine Disziplinierung durch die Koppelung des cursus honorum, das heißt der Ämterlaufbahn, an die Hierarchiestufen im Senat. Ein Magistrat hatte beim Eintritt in den Senat über die Quaestur mit 30 Jahren dreizehn Jahre Zeit – dann hatte er das (zumindest später gesetzlich normierte) Eingangsalter für das höchste Amt, das Konsulat, erreicht – sich an die Verfahrensweisen und -regeln im Senat zu gewöhnen. Dies musste er, wenn er ehrgeizig war und die nächsten Stufen erreichen wollte.

Darüber hinaus hatte jeder vom Senat Beauftragte nach der Erfüllung seiner Aufgabe in den Kreis der Standesgenossen im Senat zurückzukehren und sich dann für seine Taten zu rechtfertigen. Weiter konnte der Senat den Magistraten durch den Einzug des Nachschubs und der Kriegsgelder in seiner Bewegungsfreiheit stark hemmen.

Strebte der zurückgekehrte Senator wieder nach einem Amt oder einer anstehenden provincia, in der man sich bewähren konnte, so musste er sich die Senatsmehrheit oder eine maßgebliche Gruppe im Senat gewogen halten – auch wenn (später) dem Konsul die provincia durch ein Los zugesprochen wurde. Wie das Los ausfiel, scheint nämlich immer häufiger vorbestimmbar gewesen zu sein. Nach 133 ordnete man daher auf der Basis der lex Sempronia die provinciae den Konsulstellen vor der Konsulwahl zu.

Leistungsaristokratie

virtus/dignitas/auctoritas

Neben der adligen Geburt (nobili genere natus), die noch vor dem Ende der Ständekämpfe bei den Patriziern als Kriterium der Zugehörigkeit allein maßgeblich war, wurde für den „neuen Adel“ die Bewährung, die virtus/Tatkraft, demnach das Leistungsprinzip entscheidend, um zu Ämtern und der damit verbunden Achtung zu kommen (gravitas, auctoritas), die auch die soziale Bedeutung hob, da sie die Zahl der Klienten (siehe unten) vermehrte.

Legitimationsdruck

Die Begriffe sind erkennbar untereinander (Hölkeskamp 2004, S. 54) in einem Werte- und Orientierungssystem vernetzt. Legitimationsinstanz, die dem erfolgreichen Adligen seine durch die Begriffe bezeichneten Tugenden zertifizierte, waren die Volksversammlungen. Damit war die Unmittelbarkeit des Kontaktes zwischen dem Adligen, der in immer härterer Konkurrenz zu seinen Standesgenossen stand, zum Volk auf den verschiedensten Ebenen gefordert. In kriegerischen Leistungen für den Staat, politischem Schutz für die Klienten, Statuen, die die eigene Person in ihrer Wirkung für den Staat in einer langen Familientradition zeigten, aber auch in wohltätigen Spielen, Stiftungen von Gebäuden und vieles mehr mussten die Adligen fortwährend ihr „symbolisches Kapital“, das ihre nur zum Teil vererbbaren Privilegien untermauerte, legitimieren. Die Wahl durch das Volk garantierte die „prekäre“ Zugehörigkeit eines nobilis zur Standesorganisation. Diese Legitimation musste immer wieder erneuert werden (Hölkeskamp 2004, S. 61; 72–78; 97).

Präponderanz des Senats

So erklärt sich die Präponderanz des Senats – im Vergleich zu den anderen Institutionen – und die Bedeutung des senatus consultum, das mit der konzentrierten Autorität aller bewährten Mitglieder des Senats, das heißt ex auctoritate senatus, erging.

Die Innenpolitik der Römischen Republik 264-133 v.Chr.

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