Читать книгу Menschen. Medien. Macher. - Branko Woischwill, Stefan Rippler - Страница 7

Оглавление

Dr. Kai Viktor Burr

Journalismus „in transition“


[str] Dr. Kai Viktor Burr (39) ist Personaldirektor von „Hubert Burda Media“. Wie man es als Bewerber schafft, ihn zu überzeugen, warum der erste Eindruck nicht nur beim Vorstellungsgespräch zählt und wie die Einstiegs- und Ausbildungsmöglichkeiten bei „Burda“ aussehen, wollten wir von ihm wissen.

Der erste Eindruck von einer Bewerbung bildet sich beim Personaler in durchschnittlich 30 Sekunden. Wie überzeugt man Sie in dieser kurzen Zeit, die Bewerbung nicht weg zu legen?

Indem Sie eine überzeugende Lebensgeschichte haben. Ich stelle mir immer einen Spiegel vor, vor den Sie sich als Bewerber mit Ihrem Lebenslauf stellen und die letzten zehn Jahre in die Zukunft verlängern. In der Regel führen wir deshalb auch keine Assessmentcenter durch, da wir bereits über vorgeschaltete Praktika einen sehr guten Eindruck von den Bewerbern gewinnen können.

Ich schaue mir sehr genau an, was der Bewerber in den letzten zehn Jahren gemacht hat und versuche dann zu prognostizieren, was er in den folgenden zehn Jahren machen wird: Hat einer entschlossen das Studium durchgezogen, sich nebenbei im Hockeyverein oder im Kirchenchor engagiert und Erfahrungen im Ausland gesammelt, hat er mehr gemacht, als unbedingt erforderlich wäre. Dann weiß ich, dass es in Zukunft auch so ähnlich sein wird: Er wird sich mit seiner Firma identifizieren, den Job ernst nehmen.

Der Bewerber hat Sie überzeugt und Sie laden ihn zu einem Vorstellungsgespräch ein. Was raten Sie dem potenziellen Mitarbeiter?

Es gibt ein Sprichwort, an dem viel Wahres dran ist: Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Natürlich versucht man, sich als Personaler von ersten Eindrücken frei zu machen, aber sie bleiben haften. Der erste Eindruck ist sogar in doppelter Hinsicht wichtig: Zum einen als Bewertungskriterium, zum anderen als Arbeitsprobe.

Der potenzielle Mitarbeiter versucht später immer wieder, sei es als Journalist oder als Führungskraft, seinen Gegenüber in einem ersten Eindruck zu überzeugen.

Der erste Eindruck zählt.

Ja. Außerdem sollte der Bewerber authentisch bleiben, sich nicht verstellen. Erschwindele ich mir einen Job, überzeuge ich den Personaler von Fähigkeiten, die ich gar nicht bieten kann, fliegt das schnell auf. Außerdem würde man nicht wirklich glücklich und zufrieden werden im Job, der nicht vorhandene Fähigkeiten abverlangt.

Welche Fähigkeiten soll der Journalist von morgen bei „Burda“ mitbringen?

„Hubert Burda Media“ ist ein Haus „in transition“ von analog zu digital. Wir erwarten von unseren Journalisten, dass sie crossmedial denken und die Inhalte multimedial transportieren können – über alle Vermarktungskanäle, die es gibt oder geben wird. Nicht nur, um alles selber zu machen, sondern auch, um die Qualität von Inhalten beurteilen zu können, die man zukauft. Diese Fähigkeiten gehören zum Einmaleins, so wie es früher wichtig war, eine gute Geschichte schreiben zu können. Einen reinen Printjournalisten wird es immer weniger geben. Was nicht heißt, dass es keine Koryphäen mehr geben wird, die nur schreiben.

Dieses Anforderungsprofil hat es vor einigen Jahren so noch nicht gegeben. Wie wirkt sich dieser Wandel auf die Journalistenausbildung bei „Burda“ aus?

Ein Volontär absolviert bei uns in etwa einem Drittel seiner Ausbildungszeit eine theoretische Ausbildung, sei es an der „Burda Journalistenschule“ oder an der „Deutschen Journalistenschule“. Diese Ausbildung richten wir zunehmend crossmedial und multimedial aus. Das heißt nicht, dass die klassische Printausbildung in den Hintergrund tritt. Ganz im Gegenteil: Sie bildet die Basis. Für den Journalisten von morgen ist es wichtig, alle multimedialen Darstellungsformen zu beherrschen. In Zukunft werden sie schließlich nicht nur Texte produzieren, sondern auch andere Medienprodukte.

Braucht „Burda“ eine „neue“ Journalistengeneration?

Ich finde es wichtig, junge Menschen anzustellen, die teilweise einen ganz anderen Zugang zur Medienwelt haben als ältere Mitarbeiter. Das heißt aber nicht, dass wir die älteren Mitarbeiter verdrängen wollen, um sie durch junge zu ersetzen, oder dass ältere Mitarbeiter dem Trend der Digitalisierung abgeneigt wären.

Wir bevorzugen eine Tandemlösung: Junge und ältere Mitarbeiter werden bei uns zusammengeführt und können so voneinander profitieren. Als ich 2002 hier anfing, habe ich von dieser Lösung profitiert: Zweieinhalb Jahre lang habe ich mit meinem Vorgänger, der damals um die 60 Jahre alt war, sehr eng zusammengearbeitet. So ließen und lassen sich kreative neue Ideen, frisches Blut und langjährige Erfahrung sowie Kontinuität optimal verbinden. Die Mischung machts.

„Burda“ präsentierte kürzlich eine Ausbildungsinitiative für das Jahr 2007 vor. Stellen Sie diese bitte kurz vor.

2007 werden wir 30 Prozent mehr junge Menschen ins Haus holen. Wir haben als großer Arbeitgeber eine gewisse gesellschaftspolitische Verantwortung. Der wollen wir nachkommen: Junge, talentierte Menschen können und wollen etwas leisten. Diesen Menschen wollen wir eine Chance geben. Zwar ist es uns bewusst, dass wir damit über Bedarf ausbilden. Diejenigen, die nicht übernommen werden können, haben aber dann eine gute Ausbildung genossen und damit beruflich auch bessere Chancen.

Jetzt haben wir viel über die Journalistenausbildung und die Ausbildungsberufe bei Burda erfahren. Wie sieht ein Praktikum bei Ihnen aus?

Bei uns werden Praktikanten in den Arbeitsalltag eingebunden, lernen in dieser Zeit viel und bekommen nach Praktikumsende eventuell die Chance auf eine Volontärsstelle oder eine Festanstellung. Praktika, bei denen es nur darum geht, über die Schulter zu schauen, gibt es bei uns nicht. Zumindest wäre das die reinste Ausnahme, weil es für die einzelnen Abteilungen schlicht mit zu viel Arbeit verbunden wäre.

Wie kommt man bei „Burda“ an Studentenjobs?

Dazu gibt es ein Online-Bewerbungsformular. Die eingegebenen Daten landen bei der Personalabteilung und werden gesichtet. Wenn wir eine passende Stelle haben, melden wir uns bei geeigneten Kandidaten. Der andere Weg ist unser Jobticker: Wir fordern die Leute auf, die keine freie Vakanz gefunden haben, ein Formular mit ihren Jobwünschen auszufüllen und informieren sie dann über geeignete Stellen automatisch per E-Mail.

Nehmen Sie auch an Karrieremessen teil?

Nur bedingt. Hauptsächlich sprechen wir den Nachwuchs über Mentoren und Multiplikatoren an. Wir kooperieren beispielsweise mit Hochschulen oder Oberstufenlehrern und bieten Seminare und Workshops an. In enger Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern bauen wir uns einen Talentpool von 17- bis 27-Jährigen auf. Wir wollen von unseren Personalern oder anderen Mitarbeitern, die diese Workshops veranstalten oder von den kooperierenden Hochschulprofessoren beziehungsweise von Oberstufenlehrern oder auch von ehemaligen Mitarbeitern Empfehlungen von Kandidaten, die besonders engagiert sind oder herausstechen.

Wie kann ich mir diesen Talentpool vorstellen?

Der Talentpool ist ein digitaler Karteikasten, deren „Mitglieder“ regelmäßig einen Newsletter bekommen, zu Veranstaltungen eingeladen werden und dergleichen mehr. Haben die potenziellen Mitarbeiter innerhalb einer bestimmten Zeit gar nichts gemacht, erscheint uns das als Desinteresse. Die Konsequenz: Sie werden aus dem Talentpool gestrichen. Im Idealfall aber sind in dem digitalen Karteikasten Leute, die über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren unseren Betrieb kennen gelernt

haben – wir haben umgekehrt im gleichen Zeitraum einen künftigen Mitarbeiter kennen lernen und vielleicht sogar anstellen können.

Menschen. Medien. Macher.

Подняться наверх