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DER MAGIER TEUFAT

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Gewaltige Sandmassen vor sich her peitschend, jagte der Sturm unter infernalischem Getöse über die Todeswüste. Ein dem dröhnenden Donnerschlag vorausgegangener Blitz durchdrang sekundenlang die Dunkelheit und tauchte die bizarren Türme und Erker der Burg, dem einzigen Bauwerk weit und breit, in fahles Licht. Gespenstische Schatten huschten über Winkel und Ecken. Klägliches Wimmern verlor sich im Tosen der Nacht.

Blitz und Donner störte reges Leben in spinnwebenverhangenen Winkeln, pflanzte sich durch Spalten und Hohlräume fort, drang in die tief unter der Erde liegenden modrigen Gewölbe und weckte das hier hausende Böse, welches spinnenhaft geduldig auf seine Chance lauerte.

Angsterfüllte Schreie durchdrangen die einsamen Gänge, hingen vibrierend in der stickigen Luft und endeten wie abgeschnitten vor einer massiven Tür, unter der ein schmaler Streifen schimmernden Lichtes hervordrang.

„Widerliches Gejammer“, knurrte Teufat und zog die Injektionsnadel aus dem Arm des bewusstlosen Zwergs, der auf einer Bahre lag. „Xzatra bespitzelt mich. Ich spürte ihre Magie. Falls sie etwas plant, will ich wissen, was es ist. Hast du mich verstanden, Lestopoktus?“ Er drehte sich zu seinem Diener um, der regungslos in einer Ecke lag.

„Ja, Herr“, murmelte dieser und kroch unter dem kalten Blick der schlammfarbenen Augen noch mehr in sich zusammen. Teufat war zornig und dann war nicht mit ihm zu spaßen, das wusste Lestopoktus aus leidvoller Erfahrung nur allzu gut. Ängstlich beobachtete er seinen hochgewachsenen Herrn der an einem hohen Becken lehnte, dessen Glaswände das schmale, totenbleiche Gesicht mit dem kohlrabenschwarzen Bart unter der scharf geschnittenen Adlernase widerspiegelten.

Doch der Magier war in Gedanken versunken und beachtete ihn nicht. Trotzdem wagte sich Lestopoktus nicht zu rühren. Am liebsten hätte er sich unsichtbar gemacht. Doch das konnte er trotz seiner beachtlichen Fähigkeiten leider nicht.

Eine halbe Ewigkeit später straffte sich Teufats hagere Gestalt unter den dunklen, mit magischen Zeichen bestickten Gewändern. Er bückte sich und holte aus einem Käfig eine ängstlich quiekende Maus hervor, die er am Schwanz haltend vor Lestopoktus hin und her schwenkte. „Na, eine kleine Zwischenmahlzeit gefällig?“, fragte er grinsend.

Lestopoktus vergaß seine Angst und rückte gierig schmatzend näher. Die Maus keine Sekunde aus den Augen lassend verlagerte er sein Gewicht auf die Hinterbeine und hob den Kopf. Plötzlich schnellte seine klebrige Zunge so schnell und unausweichlich wie eine Peitsche zwischen den wulstigen Lippen hervor und riss seinem grinsenden Meister das verzweifelt strampelnde Tier aus der Hand. Er grunzte, schluckte und starrte seinen Herrn bittend an.

„Nichts da. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Finde heraus, was die Zauberin vorhat und eine Belohnung ist dir sicher. Versagst du jedoch ...!“ Er musste nicht weitersprechen, Lestopoktus zuckte auch so vor Entsetzen zusammen. Grinsend tätschelte Teufat den kahlen Schädel der grauenhaft hässlichen Kreatur. „Sei vorsichtig“, warnte er. „Mit Xzatra ist nicht zu spaßen. So, und nun mach dich davon.“

Lestopoktus nickte und hastete so schnell ihn seine kurzen Beine trugen aus dem Raum. Noch immer zitternd schlurfte er zum Ende des langen Ganges und stieg ächzend die ausgetretenen Steinstufen empor, die zu seiner Unterkunft führten. Oben angekommen, trottete er zu einer massiven Eichentür. Schnaufend blieb er davor stehen. Mit ungelenken Fingern suchte er in den Taschen seines kittelartigen Umhangs nach seinem Schlüssel. Endlich hatte er ihn gefunden. Er steckte ihn in das altertümliche Schloss, öffnete die in ihren Scharnieren ächzende Tür und schlurfte mit hängenden Schultern zu einem dicken Stapel weicher Kissen. Seufzend ließ er sich darauf fallen.

Wie er da so zwischen den Kissen thronte, ähnelte er mit seinen kurzen, dicken Gliedmaßen und der warzigen Haut einer aufgedunsenen, besonders hässlichen Kröte. Mit den sechs fingerartigen Auswüchsen der einen Hand kratzte er seinen kahlen, vernarbten Schädel, während er mit der anderen seine wulstigen, gelblich marmorierten Lippen unter der breiten Nase betastete.

Nach einer Weile wälzte er sich stöhnend herum, wobei er sich mit seinem kräftigen, in einer blasenförmigen Verdickung endenden Schwanz abstützte. „Nur befehlen kann er“, murmelte er verbittert.

„Lestopoktus hierhin, Lestopoktus dorthin, hole dies, hole das, töte dies, töte das, langsamer Lestopoktus, Qualle, Widerling, nie ein gutes Wort, nie ein Lob. Aber ich muss ihm gehorchen, muss tun, was er befiehlt, denn er ist grausam und böse. Oh ja, ich bin sein Diener, muss sein Diener bleiben, solange ich lebe.“ Er rutschte von dem Kissenberg herunter und schlurfte zum offenen Fenster, wo er regungslos stehen blieb.

Plötzlich begann sein Körper zu flimmern, löste sich teilweise auf, setzte sich wieder zusammen, seine Konturen zerflossen, vage kristallisierte sich eine neue Form heraus, ein Aufblitzen und ... Lestopoktus verschwand. Dort, wo er eben noch gestanden hatte, hüpfte eine schwarze Krähe auf den Fenstersims und spreizte die Flügel. Mit einem Schrei schwang sie sich empor und flog davon. In eine Krähe verwandelt gehorchte Lestopoktus wie stets seinem Herrn und Meister, den er mehr fürchtete, als den Tod.

Er war ein FORMWANDLER, ein Wesen, welches die Gestalt anderer Lebensformen anzunehmen vermochte. Diese seltene Gabe machte ihn einerseits außerordentlich nützlich für des Magiers dunkle Pläne und schützte ihn andererseits vor einem plötzlichen Ende. Allerdings bewahrte es ihn nicht vor Teufats grausamer Bestrafung, wenn er versagte.

Und so hatte sich Lestopoktus auf die Suche begeben. Er musste und er würde das Schloss der Zauberin Xzatra finden, denn ihm blieb keine andere Wahl.

Der Zaubersamen

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