Читать книгу Tatort Assauer - Vom Fußballmanager zum Betreuungsopfer - Britta Assauer - Страница 6

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Kapitel 2

Schön war vor allem, dass es so ruhig um Rudi geworden war. Wir konnten unsere Zweisamkeit ganz privat genießen. Wir gingen mit den Hunden im Schloss Berge Park spazieren, schauten zu Hause Fußball oder gingen zu den Heimspielen von Schalke 04. Wir fuhren zu meinen Eltern oder meine Familie besuchte uns in Buer.

Durch wenige Veranstaltungen wusste die Öffentlichkeit, dass Rudi Assauer in einer neuen Beziehung war, doch ließ man uns in Ruhe.

Auf dem Steiger-Award in Bochum 2011 wurde Rudi von einem Reporter aufgehalten und ich stand allein da. RTL stellte fest, dass wir nun schon ein Jahr zusammen waren und stellte die Frage, ob wir schon einmal über „Heiraten“ gesprochen hätten. Ich sagte, dass sie bitte abwarten sollten, ein Jahr wäre nicht viel Zeit, aber über „Heiraten“ hätten wir schon einmal gesprochen.

Rudi kam zu mir und RTL befragte ihn ebenfalls zum Thema Heiraten. Rudi Assauer antwortete laut und deutlich: „Ich bin jetzt 66 Jahre alt, da heirate ich doch nicht mehr.“ Au weia…

RTL brachte diesen Beitrag später mit den Worten: „Etwas mehr Einigkeit hätten wir uns bei den Beiden dann doch gewünscht.“

Am Folgetag hatten wir uns den Beitrag bei RTL exklusiv gemeinsam angeschaut.

Rudi hörte meine Worte und dann seine eigenen. Mit Entsetzen sagte er: „Was hab ich denn da gesagt. Dass sah ja für dich ziemlich blöd aus.“ Ich sagte, dass ich mir wirklich blöd vorkomme, aber dass es auch nicht mehr zu ändern wäre. Im Übrigen sei es ja auch lustig.

Rudi sagte: „Ich nehme das, was ich da gesagt habe, mit dem Ausdruck des größten Bedauerns zurück.“ Toll, wir waren allein im Wohnzimmer…

Sein Gesicht dabei bringt mich jetzt noch zum Schmunzeln. Er fragte: „Ob ich ihm noch einmal verzeihen könne.“ Ich musste lachen, denn auch ich hätte niemals damit gerechnet, dass Rudi Assauer noch einmal heiraten würde.

Also sagte ich: „Das ist doch sowieso egal, weil keiner ernsthaft denkt, dass du heiraten willst.“

Wir amüsierten uns über uns selbst und ich ging in die Küche, um Getränke zu holen. Rudi kam zu mir und nahm mich in den Arm. Er küsste meine Stirn und sagte: „Warum bist du mir nicht eher in meinem Leben begegnet. Mir wäre so viel Ärger erspart geblieben.“ Mir fehlten die Worte.

Rudi ging zurück ins Wohnzimmer. Als ich ebenfalls wieder im Wohnzimmer war, schaute er mich ganz merkwürdig an und sagte: „Aber heiraten können wir, wenn du mich überhaupt willst. Du weißt ja, dass meine Birne kaputt ist.“

Mir verschlug es die Sprache.

Ich hatte in Freiburg alles aufgegeben, um bei ihm zu sein. Ich wusste vom ersten Treffen an, dass er dement ist. Ich wusste, was diese Krankheit bedeutet, für uns bedeutet. Ich wusste, wie kostbar die wenige Zeit für uns ist. Aber ich war da! Ich war bei ihm! Und Rudi fragt mich, ob er es wert sei, geliebt und geheiratet zu werden. Ich weine jetzt noch, wenn ich daran denke, dass er sich für nicht liebenswert hielt.

Dennoch konnte ich nicht sprechen. Die Worte blieben mir im Hals stecken. Später sagte Rudi öffentlich: „Ein schnelles JA war das nicht.“

Am nächsten Tag haben wir Rudis Sekretärin eingeweiht. Sofort begann sie die notwendigen Papiere zu beantragen. Ich war überrascht von ihrem Einsatz. Ich hatte wohl ihre „TÜV-Prüfung“ bestanden. Ich erinnerte mich, dass die Sekretärin von Rudi einmal von sich selbst erzählt hatte, dass sie Bekanntschaften von Rudi „entsorgt“ hätte, weil sie ihr nicht passten und, dass alle Frauen erstmal üb er ihren Schreibtisch müssen.

Wir fuhren für die Hochzeitsvorbereitungen zum Standesamt und bei der Frage, welchen Namen wir tragen wollten, lachten wir und Rudi sagte: „Idrizi“ (der Name meines Ex-Mannes).

Die Dame im Standesamt fragte: „Im Ernst?“ und Rudi antwortete: „Warum nicht. Lebt sich unauffälliger.“

Die Entscheidung fiel dann doch auf ASSAUER. Auf die Frage, wann wir denn heiraten wollten, sagten wir einvernehmlich: „Keine Ahnung.“

Die Antwort der Standesamtsangestellten war: „Also wir brauchen 3 Tage, um die Papiere fertig zu machen. Wir hätten nächste Woche Montag, Dienstag noch Termine frei.“ Ich sagte, dass ich die Daten einmal aufschreiben wolle, denn es wäre schön, wenn es ein einfaches Datum wäre. Wir saßen ganz unbedarft da, ohne zu realisieren, dass wir April hatten. Ich schrieb also 18.04. und 19.04. Ha, 19.04., das war's doch! Welch ein Zufall. Nun war klar, dass wir in wenigen Tagen am 19.04.2011 heiraten würden. Kein Aufhebens, das war klar. Niemand sollte davon Wind bekommen, weil wir für Rudi jede Form von Aufregung vermeiden wollten, und Presserummel hätte Stress pur bedeutet. Wir entschieden uns, nur ein befreundetes Paar mitzunehmen. Auch die Familien wollten wir nicht informieren. Bei einigen aus Rudis Familie waren wir nicht sicher, ob sie dichthalten würden. Am Montag den 18.04. dann die Schlagzeile, dass Lukas Podolski heimlich geheiratet hatte. Es war also unwahrscheinlich, dass so schnell mit einer weiteren heimlichen Fußball-Hochzeit gerechnet würde.

Am 19.04.2011 haben wir morgens etwas halbwegs Festliches, aber unauffälliges aus dem Kleiderschrank genommen. Das befreundete Paar hatte einen Blumenstrauß dabei, sodass wir auch deren Gäste hätten sein können und fuhren zum Standesamt in Gelsenkirchen-Horst. Alles war ruhig. Schnell hinein, dachten wir uns und so kamen wir sicher im Standesamt an.

Schon vor der Zeremonie heiterte Rudi alle auf. Ich war starr vor Aufregung, unfähig zu begreifen, was gerade passierte.

Ich hörte den Standesbeamten sagen: „Dass ich mal Rudi Assauer verheiraten würde, hätte ich niemals gedacht.“ Rudi antwortete: „Unverhofft kommt oft.“

Er lachte so frei und unbeschwert und es war schön ihn so heiter zu sehen. Ich sagte leise „JA“ und als Rudi gefragt wurde sagte er so laut und überzeugt „JA“, dass die Tränen nicht mehr aufzuhalten waren. Er gab mir das Gefühl stolz darauf zu sein, dass er m i c h heiratet, mich kleine Maus.

„Du streichelst meine Seele,

Du lässt mich den Himmel berühr'n,

Du lässt mich fliegen…“

Ein wunderbares Lied von Marinco Maim

Dieses einzigartige Gefühl hat Rudi mir in diesem Moment geschenkt.

Ich unterschrieb mit aufgeregt zitternder Hand zum ersten Mal mit dem Namen „ASSAUER“ und Rudi strahlte bei seiner Unterschrift auf der Heiratsurkunde in die Kamera.

Als wir aus dem Trauzimmer kamen, stand dort ein junges Paar, Schalke Fans, die Rudi natürlich sofort erkannten. Sie hatten bereits ein halbes Jahr zuvor den Termin für den 19.04. gemacht, weil sie als Schalke-Fans unbedingt an diesem Tag heiraten wollten. Der Rest der Familie Söldner, die Tochter und der Mann von Rudis Sekretärin, erwarteten uns schon. Die Tochter von Rudis Sekretärin machte ein paar Fotos von uns.

Anschließend besuchten wir Rudis guten Freund Pietro in seinem Café in Gelsenkirchen. Von dort aus rief Rudi meine Mutter an und sagte zu ihr: „Ich wollte Dir nur sagen, dass hier heute zwei Leute geheiratet haben.“ Meine Mutter kannte niemanden in Gelsenkirchen und fragte, wer denn geheiratet hätte. Als Rudi ihr antwortete Britta und ich, fiel sie erstmal aus allen Wolken. Weil sie aber längst gesehen hatte, wie gut wir uns gegenseitig taten, war ihre Freude riesengroß.

Zu Mittag fuhren wir in ein italienische Restaurant in Buer. Wir saßen dort mit sieben Personen zusammen, was offensichtlich die anderen Gäste zu Spekulationen verleitete. Der Restaurantbesitzer erklärte den anderen Gästen, dass Rudi Assauer seinen Geburtstag vorfeiern würde und weil Rudi am 30.04. Geburtstag hatte, schien die Ausrede als Erklärung zu reichen.

Wir waren kurz nach Mittag wieder daheim und zogen uns um. Wir machten uns auf den Weg, einkaufen zu fahren. Niemand sollte etwas bemerken, darum verhielten wir uns so unauffällig wie immer.

Als wir wieder zuhause ankamen, stand ein Fotograf der BILD vor der Türe und sagte, dass die Bild informiert worden sei, dass Rudi Assauer wahrscheinlich geheiratet hätte. Wir stritten alles ab. Es würde irgendwann rauskommen, klar, aber uns war es egal, wann und warum.

Hennes Multhaupt ließ nicht locker und Rudi meinte: „Ach lass die doch schreiben, was die wollen. Wenn die dann glücklich sind.“ Und so vereinbarten wir, dass nur kurz eine Nahaufnahme gemacht würde und Rudi zog deshalb nur sein Sakko wieder an. Später hieß es. „Typisch Assauer. In Jeans heiraten.“ Selbstverständlich hatte er bei der Trauung einen Anzug an. Alles andere wäre nicht sein Stil gewesen.

So kam es nach der heimlichen Podolski-Hochzeit am 18.04.2011 auch am 19.04.2011 zu einer Schlagzeile über eine heimliche Fußball-Hochzeit.

Die Welt stand Kopf. Rudi Assauer hatte geheiratet. Eine schöne Sache, die nur zwei Menschen für sich entscheiden und zelebrieren, wurde zum großen Diskussionspunkt – und ich geriet ins Visier der Kritiker. Meinungen, obwohl niemand eine Ahnung hatte, und das kannte ich bisher nicht.

Aber wer hatte uns verraten? Warum behauptete Rudis Sekretärin plötzlich, dass niemand von der Hochzeit gewusst hätte? Warum behauptete Rudis Sekretärin plötzlich, dass niemand bei der Trauung dabei gewesen wäre, nur die Hunde?

Was für ein Blödsinn, dachten wir uns und glaubten, dass sich das Alles schnell wieder beruhigen würde.

Tatort Assauer - Vom Fußballmanager zum Betreuungsopfer

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