Читать книгу Damaris (Band 2): Der Ring des Fürsten - C. M. Spoerri - Страница 11
Kapitel 3 - CILIAN
ОглавлениеVerdammt, verdammt, verdammt!
Marona, die Rätin des Feuerzirkels, hat keine Zeit verschwendet und bereits alles für die Wettkämpfe in die Wege geleitet – ohne meine Zustimmung!
Wann genau hat sie das geplant? Wieso konnte sie so gut vorbereitet sein? Es scheint, als hätte ich ihr mit meinem Vorschlag, einen Wettkampf zu veranstalten, ohne es zu ahnen, in die Hände gespielt.
Wütend schleudere ich eine Eiskugel gegen die Wand meines Arbeitszimmers und raufe mir das Haar.
Ich habe keine Ahnung, wie ich Damaris erklären soll, dass sie schon in wenigen Tagen in die Wüste aufbrechen muss, um vor Herausforderungen gestellt zu werden, die ihr Wissen bei Weitem übersteigen. Ich dachte, ich könnte es ihr schonend beibringen und die Aufgaben für den Wettkampf so auswählen, dass sie zumindest den Hauch einer Chance hat.
Nicht einmal meinem Vater gelang es, verflucht! Wie soll dann sie – eine unerfahrene Greifenreiterin – das schaffen?!
Doch jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um den Kopf in den Sand zu stecken. Ich muss das Schlimmste verhindern, nämlich dass sie die falschen Schlüsse daraus zieht.
So rasch ich kann, verlasse ich mein Arbeitszimmer, in welchem mir Serge die Pläne des Zirkelrates vorgelegt hat, die sich bestimmt rasend schnell im Zirkel verbreiten werden. Es sind noch keine Details bekannt, nur dass es sich um einen Wettkampf handelt. Wer sich den Aufgaben stellen soll, wurde allerdings bereits ausgelost und von den anderen Zirkelräten abgesegnet. Beim Gedanken daran gefriert alles in mir. Im letzten Moment konnte ich noch verhindern, dass viel zu viele Teilnehmer ausgewählt wurden. Fünf Magier, fünf Greifenreiter. Das muss genügen.
Und jetzt muss ich zu Damaris, um ihr alles zu beichten.
Als ich vor ihrer Zimmertür stehe und anklopfe, spüre ich, dass etwas nicht stimmt. Die Antwort, die von drinnen kommt, ist viel zu leise und klingt erstickt, fast so, als ob …
Noch ehe ich eintreten kann, wird die Tür geöffnet und ich sehe mich Auralie gegenüber. Die dunkelhaarige Dienerin bedenkt mich mit einem undurchsichtigen Blick, bevor sie die Lider senkt und ohne einen Gruß an mir vorbeigeht. Normalerweise eine Respektlosigkeit, die sich kein Diener erlauben dürfte, aber das ist mir gerade vollkommen gleichgültig. Denn aus Damaris’ Zimmer vernehme ich ein leises Schluchzen und trete, ohne zu zögern, ein.
Da ihre Gemächer nicht wie meine über ein Wohnzimmer verfügen, das sich vom Schlafzimmer abgrenzt, fällt mein Blick direkt auf das Mädchen mit den kurzen schwarzen Haaren, das den Kopf in den Händen vergraben hat und auf dem Bett sitzt. Damaris’ Schultern beben. Sie weint …
Verflucht … hat sie … wie ist das … hat Auralie …?
Ich schließe die Tür, damit wir keine ungebetenen Zuhörer haben. Ihr weißer Greif sitzt hinter ihr auf dem Bett und hebt aufmerksam den Kopf, sieht mich mit seinen roten Adleraugen prüfend an.
»Damaris«, sage ich vorsichtig und höre, dass meine Stimme heiser klingt.
Sie zuckt zusammen, als ich ihren Namen nenne, reißt den Kopf hoch und starrt mich mit geröteten Augen an, ehe sie aufspringt und mir mit wütenden Schritten entgegenkommt.
Knapp vor mir bleibt sie stehen und ich sehe ihre Hand zucken, erwarte beinahe schon eine Ohrfeige, aber sie stößt ihre Finger stattdessen hart gegen meine Brust, sodass ich leise aufkeuche. So viel Kraft hätte ich in diesem zarten Körper nicht erwartet.
»Wann?!«, schreit sie mich an. »Wann hast du entschieden, mich in deine Machenschaften zu verstricken?!«
Ich hebe beschwichtigend die Hände. »Damaris, ich …«
»Ich will keine Ausflüchte hören!«, unterbricht sie mich und ihre Augen sind nun grün vor Zorn. »Raus mit der Sprache! War es, bevor oder nachdem du mich in den Greifenorden aufgenommen hast? Bevor oder nachdem du mich entjungfert hast? Wann?!«
Ich spüre einen Stich in meiner Brust bei diesen harschen Worten. »Hör zu, ich …«
»Keine weiteren Lügen!«, fällt sie mir erneut ins Wort. »Ich bin kein kleines naives Kind, das du mit belanglosen Floskeln beruhigen kannst, kapiert?! Und ich will die Wahrheit hören: Wann hast du entschieden, dass ich eine verfluchte Marionette von dir werden soll?!«
Ich hole leise Luft und versuche, ihr in die Augen zu sehen – was mir verdammt schwer fällt. Denn dieser Zorn, der auf mich gerichtet ist, trifft mich bis ins Innerste. Schon einmal hat mich eine Frau mit so viel Wut und Enttäuschung angesehen … und was darauf folgte, werde ich mir nie verzeihen.
»Wusstest du es?«, fährt sie fort, als ich nicht antworte. »Wusstest du es, als du mit mir geschlafen hast?!«
Mein Nicken fällt knapp aus und ich richte den Blick zu Boden. Die Ohrfeige, die mich nun doch noch trifft, fühlt sich fast schon wie eine Erlösung an, trotzdem brennt mein Herz stärker als meine Wange.
»Ich wollte dich nicht mit solch einer Nachricht beunruhigen«, murmle ich. »Ich wollte …«
»Mich beschützen?« Sie speit mir das Wort entgegen. »Das ist es doch, was du die ganze Zeit behauptest! Und trotzdem spannst du mich, ohne mit der Wimper zu zucken, für deine Zwecke ein. War es das, was du von Anfang an geplant hast? War das der Grund, wieso du mich so intensiv trainiert hast, obwohl du immer sagst, du hättest keine Zeit für solche Dinge? War das der Grund, wieso du mich trotz meiner Verfehlungen und Unfähigkeiten im Zirkel geduldet hast?!«
Ich schüttle entsetzt den Kopf und sehe sie wieder an. »Nein«, entgegne ich mit Bestimmtheit. »Ich hatte nie vor, dich …«
»Zu verletzen? Zu enttäuschen?!« Sie verzieht ihren schönen Mund, und der Blick, den sie mir schenkt, ist eisig. »Tja, dann habe ich Neuigkeiten für dich, Cilian: Dein Plan ist reichlich in die Hose gegangen! Du willst mich testen? Wie wäre es, wenn ich einfach abhaue und nie mehr wiederkehre? Wirst du mich dann verfolgen und töten lassen? Oder hast du auch dazu nicht den Mumm?!«
Die Kälte, mit der sie spricht, zerschneidet meine Seele wie eisige Dolche. »Damaris, ich bitte dich«, beginne ich mit matter Stimme, aber sie unterbricht mich erneut.
»Auralie hat mir erzählt, was ihr mit den Greifenreitern und Magiern vorhabt. Es geht das Gerücht, dass die Aufgaben, die ihr uns stellt, unseren Tod bedeuten könnten. Ist dir das bewusst?! Und du behauptest, dass du mich liebst – einen Scheiß tust du! Man liefert nicht die Frau, die man liebt, ans Messer. Oder ist das hier in Chakas so üblich?! Wenn man eine Frau im Bett hatte, lässt man sie in den Tod gehen? Bist du wirklich so krank? So verdammt herzlos?!«
Ich halte ihre harten Anschuldigungen nicht länger aus, ergreife ihre Schultern. »Bitte hör mir endlich zu«, fordere ich energisch. »Es war nie meine Absicht, dass du dich solchen Aufgaben stellst. Das musst du mir bitte glauben! Ich liebe dich und würde dir niemals …«
»Hast du aber!«, fährt sie mich an und entwindet sich meinem Griff. »Du hast mir wehgetan, und zwar verdammt fest!« In ihren Augen bilden sich wieder Tränen und sie wischt sie unwirsch weg, als sie ihr über die Wangen rinnen.
»Ich wollte nicht, dass so etwas geschieht«, sage ich kraftlos.
»Ach? Dann war es etwa nicht deine Idee?« Sie zieht die Augenbrauen hoch und schnaubt abfällig. »Auralie sagte mir, dass dieser ganze Scheiß auf deinem Mist gewachsen ist. Stimmt das etwa nicht?«
Ich lasse die Schultern sinken und weiche ihrem Blick aus.
»Das ist mir Antwort genug«, bemerkt sie in messerscharfem Tonfall. »Wenn du mich wirklich liebst, dann sorge dafür, dass ich nicht in diese verdammte Wüste muss. Denn sollte das der Fall sein, verspreche ich dir hier und jetzt, dass ich keine Sekunde lang daran denken werde, mitzuspielen. Ich werde in die Talmeren zurückkehren und weder dir noch dem Greifenorden eine Träne nachweinen!«
Verflucht noch mal … ich kann ihr diesen Wunsch nicht erfüllen. Nicht ohne den Greifenorden zu verlieren, denn ihre Teilnahme ist daran gebunden.
Sie stellt mich gerade vor eine Wahl, die Marona wohl einkalkuliert hat. Wenn ich Damaris von der Teilnahme befreie, wird der Greifenorden für immer geschlossen, und das ganze Herzblut, das ich in so vielen Jahrzehnten hineingesteckt habe, war umsonst. Die Magier werden irgendwann wieder unkontrolliert über die nicht magischen Menschen herrschen und das Schicksal Altras wird sich wiederholen. Ganz zu schweigen davon, dass ich keine Ahnung habe, was aus den Greifenreitern und den Tieren werden soll.
Aber wenn ich Damaris in den Wettkampf ziehen lasse, verliere ich sie. Was schlimmer ist, vermag ich gar nicht zu sagen.
Die Machtlosigkeit, die mich ergreift, ist überwältigend.
Ich habe schon jetzt verloren. So oder so – ich kann nicht die richtige Entscheidung treffen. Aber vielleicht kann ich Damaris beschützen und ihr irgendwann alles erklären. Wenn sie nicht mehr so wütend auf mich ist. Wenn ich die Möglichkeit erhalte, in Ruhe nochmals mit ihr zu sprechen. Womöglich kann sie mir verzeihen und …
Ich erkenne selbst, wie dämlich sich diese Gedanken anhören. Aber eine andere Wahl bleibt mir nicht.
»Das wollte ich nicht«, murmle ich. »Das musst du mir glauben.«
Dann wende ich mich um und verlasse schnellen Schrittes das Zimmer, während mein Herz um die Liebe weint, die ich gerade verloren habe.
Aber ich werde Damaris mit allem, was ich habe, beschützen, das schwöre ich, während ich die Treppen hinuntereile.
Ich spüre, wie jeder Schritt, den ich mich von ihr entferne, das zarte Band, das wir in den vergangenen Monaten zwischen uns geknüpft hatten, zerreißen lässt.