Читать книгу Damaris (Band 2): Der Ring des Fürsten - C. M. Spoerri - Страница 17

Kapitel 9 - DAMARIS

Оглавление

Ich weine immer noch, als Auralie zu mir kommt, um mich für die Versammlung heute Abend zurechtzumachen. Aufgrund der vielen Tränen meinerseits eine wahre Herausforderung, denn die Gesichtsfarbe, die sie mir auftragen will, verschmiert immer wieder.

Schließlich stehe ich vor dem Spiegel und betrachte mich widerwillig. Dass sie mich so herausgeputzt hat für etwas, das ich verabscheue, behagt mir nicht. Gleichzeitig muss ich da durch, ob ich will oder nicht.

Ich streiche mit den Händen über das weiß-goldene Kleid, das eng anliegt, und zupfe ein paar Strähnen aus der Stirn. Mein Haar ist seit meiner Ankunft hier im Zirkel schon um einiges länger geworden.

»Bereit?«, fragt Auralie, die hinter mir steht.

»Muss ich wohl«, murmle ich. »Schneeflocke?« Ich wende mich zu meinem Greif, der sich in dem Sessel zusammengerollt hat.

Er gibt ein leises Murren von sich, das mir zeigt, dass er ebenfalls keine Lust auf diese Versammlung hat.

»Dann gehen wir«, sagt Auralie und legt mir die Hand aufs Schulterblatt, um mich zur Tür zu schieben.

Schneeflocke blinzelt schläfrig und schickt mir ein Bild vom Zirkelplatz. Ich verstehe, dass er zu mir stoßen wird, da er direkt vom Balkon aus dorthin fliegt.

Im Gebäude ist es ungewöhnlich still, womöglich sind die meisten Greifenreiter bereits auf dem Innenhof. Mir wird mulmig zumute, als ich daran denke, was mir gleich bevorstehen wird. Nicht nur, dass ich Cilian wiedersehe, ich werde auch endlich erfahren, welche Aufgaben uns erwarten und wer außer Adrién und mir sonst noch ausgewählt wurde.

Zu meiner Nervosität gesellt sich nun Neugierde, was keine gute Mischung für meinen Magen darstellt, den ich mir dann doch noch mit den Früchten und dem Brot gefüllt habe.

Als wir auf dem Zirkelplatz ankommen, fällt mir fast die Kinnlade herunter. Mir war nicht bewusst, dass es so viele Magier im Zirkel gibt. Sie alle haben festliche Kleidung angezogen, sodass nun ein bunter Haufen vor mir steht. Der Innenhof ist zum Bersten voll und aufgrund der eintretenden Dämmerung schweben Dutzende von magischen Lichtern über unseren Köpfen. Die Szene hat etwas Unwirkliches, beinahe Bedrohliches.

In der Mitte des Platzes befindet sich ein erhöhtes Podest, auf welchem sich die fünf Zirkelräte eingefunden haben.

Meine Aufmerksamkeit fällt sofort auf Cilian, der in seiner blauschwarzen Magierrobe, welche die Farbe seiner Augen unterstreicht, zum Niederknien aussieht.

Gerade als ich den Blick von ihm abwenden will, sieht er mich ebenfalls an und für einen kurzen Moment scheint die Zeit stillzustehen. Sein Gesicht ist unergründlich, doch in seinen Augen glaube ich, wieder diesen alten Schmerz zu lesen, den er mit sich herumträgt.

Mit dem nächsten Blinzeln ist die Gefühlsregung allerdings verschwunden und ich senke rasch den Kopf, um ihn nicht länger anzustarren. Dennoch spüre ich seinen Blick weiterhin auf mir, als wäre er ein glühender Strahl, der mich verbrennt.

Auralie führt mich durch den Gang, der die Magiermenge teilt, zu dem Podest, sodass ich in der ersten Reihe stehe.

Als ich zum Himmel hochschaue, bemerke ich viele Greife, die über uns kreisen, und kann unter ihnen Schneeflockes weißen Löwenkörper ausmachen. Er bleibt in sicherer Entfernung, da ihm diese Versammlung alles andere als geheuer ist. Was ich gut nachempfinden kann.

Nachdem sich Auralie von mir verabschiedet hat, schaue ich mich weiter um und entdecke Adrién, der ebenfalls in der ersten Reihe steht – allerdings so weit entfernt, dass ich keine Chance habe, mit ihm zu sprechen. Er hat sich umgezogen und trägt nun ein schlichtes schwarzes Gewand, das seine Aura noch dunkler erscheinen lässt als ohnehin schon. Nur ein flüchtiger Blick von ihm streift mich. Wenn ich nicht wüsste, dass er mir extra hinterhergeflogen ist, um mich zurückzuholen, würde ich anhand seines Gesichtsausdruckes vermuten, dass er mich verabscheut. Was er womöglich auch tut. Keine Ahnung, aus ihm werde ich einfach nicht schlau.

Als ich den Blick weiter schweifen lasse, fällt dieser auf Rahrin, den ich gerade noch so hinter dem Podest ausmachen kann, um das die Magier einen Kreis gebildet haben. Er schenkt mir ein kurzes Lächeln, das mich nicht wirklich beruhigt. Ich hoffe, die Tatsache, dass er ebenfalls in der ersten Reihe steht, ist nicht darauf zurückzuführen, dass er auch zu den Auserwählten zählt.

Adrién meinte, dass andere Magierlehrlinge ausgesucht wurden. Ist er einer davon?

Mein Herz beginnt wie wild zu pochen, als Marona, die Rätin des Feuerzirkels, nun vortritt und die Menge augenblicklich verstummt. Sie wirkt rein äußerlich wie Mitte dreißig, hat ihr kurzes braunes Haar, das ihr bis in den Nacken fällt, streng nach hinten gekämmt. Ihr Gesicht besitzt etwas von einem Huhn, ist schmal und spitz.

Nein, sie ist mir nicht sympathisch, war sie schon nicht, als ich sie das erste Mal im Speisesaal sah. Auch sie trägt eine edel wirkende Robe, die dunkelrote Stickereien auf schwarzem Stoff aufweist.

Unvermittelt fällt mein Augenmerk erneut auf Cilian, der mich immer noch ansieht und mir kaum merklich zunickt. Wahrscheinlich will er mir damit Mut machen, erreicht jedoch nur, dass ich mich noch unwohler fühle.

Als Marona das Wort ergreift, wird meine Aufmerksamkeit wieder auf sie gelenkt.

»Ich heiße Euch willkommen, Magier von Chakas«, spricht sie mit einer etwas zu kratzigen Stimme, die jedoch über den gesamten Platz schallt. »Wie Ihr gestern erfahren habt, steht die Daseinsberechtigung des Greifenordens infrage.« Meine Augen schweifen zu Cilian, dessen Kiefermuskeln sich deutlich anspannen. »Daher haben wir Zirkelräte beschlossen, ihn auf eine Probe zu stellen.«

Gemurmel wird unter den Magiern laut und ich verlagere unruhig das Gewicht von einer Seite auf die andere. Die Version, die Marona erzählt, passt nicht ganz zu dem, was Auralie mir berichtet hat.

Kann es sein, dass Cilian doch die Wahrheit sprach und der Wettkampf aus einer Art Not heraus entstanden ist? Wieso aber hat er dann nicht verhindert, dass ich dafür auserwählt wurde? Und warum hat er nichts darüber gesagt?

Marona greift in ihre Robe und holt eine Handvoll kleiner schwarzer Säckchen hervor. »In diesen Beuteln befinden sich zehn Phiolen«, erklärt sie. »Jede dieser Phiolen enthält eine Flüssigkeit, die demjenigen, der sie trinkt, einen Ort in der Wüste zeigt, wo ein Artefakt begraben ist. Diese Artefakte zu finden, wird die erste Aufgabe unserer zehn Auserwählten sein. Sie dürfen keine Hilfe erhalten, um dorthin zu gelangen.«

»Worum handelt es sich bei diesen Artefakten?«, will ein Magier mittleren Alters wissen, den ich noch nie gesehen habe.

»Es sind uralte Gegenstände aus den Zeiten der Wüstenzwerge«, antwortet die Feuermagierin bereitwillig.

Erneut tuscheln die Zuschauer, dieses Mal lauter. Ich habe noch nie von Wüstenzwergen gehört, bin im Talmerengebirge nur ein einziges Mal überhaupt einem Zwerg begegnet. Einem finsteren Kerl, der etwa gleich groß wie ich damals war und einen beeindruckenden Bart sowie mindestens ein Dutzend Ketten mit wertvoll wirkenden Edelsteinen trug. Ich werde mich erkundigen müssen, was es mit diesen Wüstenzwergen auf sich hat.

»Die Artefakte weisen auf den Standort einer ihrer untergegangenen Städte hin«, fährt Marona fort. »Und in dieser Zwergenstadt liegt ein Relikt von unbeschreiblichem Wert. Es wird der ›Ring des Fürsten‹ genannt und gehört dem Sieger. Sollte ein Magier gewinnen, wird der Greifenorden von Chakas geschlossen. Falls aber ein Greifenreiter gewinnt, darf er weiterhin bestehen bleiben.«

Spätestens jetzt wird mir klar, dass diese Aufgaben nicht erst seit gestern erfunden sein konnten. Das muss jemand – Cilian? – von langer Hand geplant haben.

»Wieso hat noch niemand versucht, diesen Ring des Fürsten zu finden?«, fragt eine junge Magierin.

»Es gab Versuche, aber bisher sind sie leider gescheitert«, antwortet Marona. »Wir setzen unsere Hoffnung in die zehn Auserwählten.«

Ich sehe mit schmalen Augen zu Cilian, aber als er meinen Blick auf sich spürt, schüttelt er nur leicht den Kopf. Ich habe keine Ahnung, was diese Geste bedeuten soll, und knurre unbefriedigt in mich hinein.

»Zudem ist es kein ungefährlicher Weg zu den zehn Artefakten«, fährt Marona fort. »Daher werden nur die fähigsten Magier und Greifenreiter entsendet. Sowie zwei Schüler, da das Gerücht geht, dass der Ring des Fürsten nur von einer reinen Seele gefunden werden kann. Und wer könnte reiner sein als zwei Kinder?«

Ich vermeine, sie kurz in meine Richtung blicken zu sehen, und eine Gänsehaut breitet sich trotz der abendlichen Wärme auf meinen Armen aus.

Dass sie mich ›Kind‹ nennt, lässt meinen Magen rumoren. Sie drückt damit nicht nur ihre Geringschätzung mir gegenüber aus, sondern auch, was sie davon hält, dass Cilian und ich uns nähergestanden haben. Dass er mit einem ›Kind‹ geschlafen hat, lässt das, was wir hatten, schmutzig und pervers erscheinen – was es nicht war!

»Kommen wir nun zu den Auserwählten«, sagt sie. »Cilian, wenn Ihr so nett wärt …«

Es ist mucksmäuschenstill geworden und alle Augen haben sich auf den Ordensleiter gerichtet, der sich nun räuspert und ebenfalls vortritt. »In meiner Doppelaufgabe als einer der Zirkelräte sowie Leiter des Greifenordens von Chakas fällt mir die Aufgabe zu, die Auserwählten auf die Tribüne zu bitten«, beginnt er und lässt seinen Blick über die Magier schweifen, ehe er kurz an mir hängen bleibt. Dann holt er eine Pergamentrolle hervor, die er öffnet. »Als Lehrlinge wurden auserwählt …« Er holt leise Luft und sieht mich fest an. »Damaris, Greifenreiterin von Chakas. Bitte tritt vor und empfange deine Phiole.«

Ich schlucke den Kloß herunter, der sich in meiner Kehle bilden will. Jetzt ist es offiziell. Ich muss in die Wüste, um diesen dämlichen Ring zu finden.

Mit zittrigen Beinen erklimme ich das Podest und als ich direkt vor Marona stehe, meine ich, ein gehässiges Funkeln in ihren braunen Augen zu lesen. Seit sie Cilian und mich in der Arena beim Küssen erwischt hat, weiß ich, dass sie mich nicht mag. Ich habe es schon damals in ihrem Gesichtsausdruck gesehen. Aber diese Antipathie beruht auf Gegenseitigkeit.

Mit spitzen Fingern überreicht sie mir ein schwarzes Säckchen.

Als ich den Beutel öffnen will, hält mich Cilian davon ab, indem er die Hand ein wenig hebt. »Erst, wenn es an der Zeit ist«, murmelt er.

Ich nicke, ohne ihn anzusehen, und stelle mich an den Platz, den Marona mir auf der Tribüne zuweist.

»Des Weiteren wurde Rahrin, Magierlehrling des Wasserzirkels, ausgewählt«, fährt Cilian fort und mein Herz will stillstehen, als sich meine Befürchtung bewahrheitet.

Mein Blick schnellt zum Schüler mit dem langen rotblonden Haar. Er zuckt jedoch nicht einmal mit der Wimper, während er ebenfalls auf das Podest steigt, um von Marona das zweite schwarze Säckchen zu empfangen. Anscheinend hat er sich seinem Schicksal bereits ergeben. Er stellt sich neben mich, doch als ich seinen Blick suche, weicht er mir aus.

»Damit ist gewährleistet, dass keiner der teilnehmenden Magierlehrlinge im Nachteil ist«, ergreift Marona, die neben Cilian steht, wieder das Wort. »Denn beide beherrschen das Wasser, und Rahrin hat Damaris in den vergangenen Monaten unterrichtet.«

Wie diese verdammten Magier sich immer alles so hinbiegen, damit sie gerecht dastehen! Zum Kotzen!

Nur mit Mühe unterdrücke ich einen Fluch.

»Aufseiten der Magier wurden ferner ausgewählt«, fährt Cilian fort, »Rekon, ein Wasser- und Kampfmagier.« Ein untersetzter Mann, der definitiv kein Schüler mehr ist, betritt die Bühne und nimmt das dritte Säckchen in Empfang. »Dragora, eine Erdmagierin und Heilerin hier im Zirkel.« Eine schlanke junge Frau tritt vor, um ebenfalls ihren Beutel zu erhalten. »Preíz, ein Feuer- und Kampfmagier.«

Ich spüre, wie sich Rahrin neben mir versteift, als der Soldat vortritt, der uns damals aus der Stadt ließ. Die beiden scheinen sich näherzustehen. Mit stoischer Miene nimmt der bullige Mann das Säckchen entgegen, das ihm Marona reicht.

»Sowie Kolid, ein Luft- und ebenfalls Kampfmagier«, beendet Cilian seine Aufzählung.

Ein älterer Magier mit schütterem Haar und einer Miene wie zehn Tage Regenwetter tritt auf die Bühne.

Cilian hebt den Blick vom Pergament und lässt ihn erneut über die Menge schweifen. Obwohl ich von meiner Position aus sein Gesicht sehen kann, vermag ich keinerlei Regung mehr darin zu erkennen.

Mit fester Stimme spricht er weiter: »Aufseiten der Greifenreiter wurden ausgewählt: Serge, ein Feuermagier.« Der rothaarige junge Mann, mit dem ich getanzt habe, tritt vor und schenkt Cilian ein respektvolles Nicken, ehe er von Marona sein Säckchen in Empfang nimmt. »Laora, eine Luftmagierin.«

Als eine schwarzhaarige junge Frau vor ihm steht, erinnere ich mich daran, dass es dieselbe sein muss, deren Greif von Adrién vom Himmel geschossen wurde.

Das kann ja heiter werden …

Laora stellt sich neben Serge, während Cilian fortfährt: »Adrién, ein Erdmagier und Heiler.«

Nichts in Adriéns Miene verrät, dass er Magier hasst, während er ein Säckchen von Marona bekommt. Laora wirft ihm allerdings einen flammenden Blick zu. Er ignoriert sie, indem er stoisch in die Menge schaut und dort irgendeinen Punkt fixiert.

»Sowie Prixantia, eine Wassermagierin«, nennt Cilian die letzte Auserwählte, welche sogleich das Podest erklimmt.

Prixantia ist vielleicht Mitte zwanzig, hat kurzes blondes Haar, bleiche Haut und wirkt schüchtern. Sie kann Marona kaum ansehen, während sie das letzte Säckchen entgegennimmt. Fast schon empfinde ich Mitleid mit ihr.

Nun stehen wir alle hier oben – zehn Auserwählte, die sich auf die Suche nach einer verschollen geglaubten Zwergenstadt machen sollen. Verhaltener Applaus wird laut, der jedoch verstummt, als Marona ein weiteres Mal das Wort ergreift.

»Morgen Mittag werden die Auserwählten erneut zusammengerufen, damit wir Euch erklären können, wie und wann Ihr die Flüssigkeit in den Phiolen einnehmen dürft«, sagt sie und schenkt uns einen Blick, der wohl freundlich wirken soll. »Damit ist die Versammlung beendet und …«

Sie wird von Cilian unterbrochen, der die Hand hebt. »Bevor Ihr die Versammlung schließt, Marona, möchte ich noch etwas loswerden.«

Die Feuermagierin nickt stirnrunzelnd, denn ihr bleibt nichts anderes übrig. Sie kann ihm ja schlecht vor aller Augen das Wort verbieten.

Cilian tritt etwas weiter vor und ich bemerke, wie sich sein Brustkorb hebt, als er durchatmet, ehe er spricht. »Dieser Wettkampf soll zeigen, was die Besten unseres Ordens bewirken können«, sagt er mit lauter Stimme. »Daher stelle ich hiermit den Antrag, als fünfter Greifenreiter und in Vertretung des Elementes Wasser teilnehmen zu dürfen – und damit Prixantias Platz einzunehmen.« Die blonde Greifenreiterin atmet sichtlich auf und schenkt ihrem Ordensleiter einen dankbaren Blick. Dieser fährt mit eindringlichem Tonfall fort. »Ich berufe mich auf das Gesetz der Mehrheitswahl, welches besagt, dass bei einer Versammlung aller Magier eines Zirkels von Altra jeder der Anwesenden eine gleichberechtigte Stimme abgeben darf und damit den Beschluss des Zirkelrates überstimmen kann.« Er schaut abermals in die Menge und strafft die Schultern. »Wer also dafür stimmt, dass nicht die vom Zirkelrat auserwählte Greifenreiterin in den Wettkampf soll, sondern ich, hebe nun die Hand.«

Nicht nur ich, sondern alle Magier sehen ihn mit offenem Mund an. Anscheinend hat Cilian eine Gesetzeslücke gefunden, mit welcher er die Entscheidung des Zirkelrates aushebeln kann. Dass er sich freiwillig dem Wettkampf stellt, lässt mich mit einem Mal daran zweifeln, dass er von Anfang an vorhatte, mich dorthin zu schicken.

Oder will er diesen Ring des Fürsten für sich selbst? Wieso nimmt er nicht meinen Platz ein? Er scheint einen Plan zu haben und aus irgendeinem Grund vertraue ich ihm.

Noch während ich ihn anstarre, sieht er in meine Richtung und ich meine, ein entschuldigendes Lächeln auf seinem Gesicht auszumachen. Aber es ist so schnell wieder der steinernen Maske gewichen, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich es mir nur eingebildet habe.

Ohne darüber nachzudenken, hebe ich die Hand und merke, wie andere um mich herum es mir gleichtun. Schließlich hat die Mehrheit der Magier, die sich auf dem Zirkelplatz versammelt haben, die Arme in die Luft gestreckt – viel mehr als die Hälfte, sodass Cilians Antrag als genehmigt gilt.

Er nickt der Menge dankend zu, ehe er das Pergament zusammenrollt und von Prixantia, die sich mit einem leichten Knicks vor ihm verbeugt, das schwarze Säckchen entgegennimmt. Dann wendet er sich den Magiern wieder zu.

»Der Zirkelrat möchte, dass die Greifenreiter demonstrieren, dass sie eine Daseinsberechtigung haben«, fährt er fort. »Da ich nun als ein Mitglied des Zirkelrates und einer der mächtigsten Magier Altras in den Wettkampf ziehe, würde dies zu einem Ungleichgewicht gegenüber den Magiern führen.« Er macht eine kurze Pause, in welcher ich mich kaum getraue, Luft zu holen. »Damals, als der Zirkelrat gegründet wurde, haben wir die fähigsten Magier für diese Posten ausgewählt. Demnach beantrage ich, dass auch aufseiten der Magier jemand aus dem Rat teilnimmt. Nur schon, um zu gewährleisten, dass alles mit rechten Dingen zugeht und keinerlei Vorteil seitens der Greifenreiter besteht.« Er wendet sich abrupt zu Marona, die immer noch überrumpelt neben ihm steht und ihn entgeistert anstarrt. »Marona, ich denke, es wäre in Eurem Interesse, dass Ihr am Wettkampf teilhabt und damit den Platz von Feuermagier Preíz einnehmt. Ihr seid eine fähige Kampfmagierin, ausgebildet hier im Zirkel von Chakas. Wer, wenn nicht Ihr, könnte demonstrieren, dass Magier den Greifenreitern das Wasser reichen können?«

Rahrin neben mir stößt leise die Luft aus und ich bemerke, dass er mit Preíz einen raschen Blick tauscht. Der Soldat scheint froh über die Möglichkeit zu sein, dem Wettkampf zu entkommen.

Cilians Augen funkeln herausfordernd die Feuermagierin an, welche keine andere Wahl hat, als zu nicken, wenn sie ihr Gesicht nicht verlieren will. Falls das kein abgekartetes Spiel ist, dann ist sie soeben von Cilian vorgeführt worden.

Erneut schießen mehr als die Hälfte der Hände in die Höhe und erneut zeigt die Menge damit an, dass sie mit Cilians Vorschlag einverstanden ist.

Und ich bin mir nun absolut sicher, dass meine Niederlage vorprogrammiert ist. Gegen so viele fähige Magier und Greifenreiter – und sogar gegen Cilian – zu gewinnen, kann mir nicht gelingen. Doch ich muss an die Worte von Adrién denken, der nur ein paar Schritt neben mir steht: Dann werde ich eben Däumchen drehen, bis das Ganze überstanden ist. Denn die Chance, dass ich gewinne, ist gerade von ›vernichtend gering‹ zu ›nicht vorhanden‹ gesunken.

Damaris (Band 2): Der Ring des Fürsten

Подняться наверх