Читать книгу Theorie U - Von der Zukunft her führen - C. Otto Scharmer - Страница 60
4. Das U ist ein lebendiger, kein linearer mechanischer Prozess
ОглавлениеIn Gesprächen mit einigen Beratern und Führungskräften, die schon früh begonnen haben, mit dem U-Prozess zu arbeiten, wurde mir klar, dass eine Gefahr darin liegt, die Prinzipien dieses Prozesses auf eine sehr mechanische und lineare Art zu verwenden. Der U-Prozess ist das genaue Gegenteil einer Mechanik: Das U funktioniert als ganzheitliches Feld, nicht als linearer Prozess. Wenn man Bruce Lee, Muhammad Ali, Michael Jordan oder Lionel Messi beobachtet, kann man feststellen, dass ihre Bewegungen keinem linearen Prozess folgen. Sie tanzen eher mit der Situation, in der sie sich befinden. Sie sind ständig dabei, zu beobachten und wahrzunehmen, was passiert, sie erlauben ihrem inneren Wissen oder ihrer Intuition, sie zu führen, und dann handeln sie urplötzlich. Der U-Prozess beschreibt nicht drei Sequenzen, die nacheinander ausgeführt werden: heute Sequenz 1, dann eine Pause, dann Sequenz 2. Im Gegenteil, alle Phasen finden einander überlappend statt, eher wie ein Tanz.
Gleichwohl ist es aus praktischen Gründen von Vorteil, den Prozess zunächst sequenziell darzustellen. In der ersten Bewegung des U-Prozesses, der gemeinsamen Wahrnehmung (Co-sensing), liegt der Schwerpunkt auf einem gemeinsamen Hinspüren; in der zweiten Bewegung, der gemeinsamen Willensbildung (Co-inspiring), liegt der Schwerpunkt auf der Wahrnehmung des inneren Wissens; in der dritten Bewegung, der gemeinsamen Gestaltung (Co-creation), liegt der Schwerpunkt auf der Umsetzung und dem Handeln vom Ganzen her. In jeder Bewegung sind die anderen Bewegungen und Kapazitäten immer gegenwärtig. Man kann das U wie eine holografische Theorie betrachten: Die einzelnen Bestandteile spiegeln das Ganze wider, allerdings jeder Teil in einer spezifischen und eigenen Art und Weise.
Um ihre Resonanz mit den tieferen Schichten des sozialen Feldes zu verbessern, müssen Organisationen drei verschiedene Arten der Infrastrukturen und Orte schaffen:
•Orte und Infrastrukturen, die ein gemeinsames Sehen und Verstehen dessen, was im Gesamtsystem vor sich geht (co-sensing), ermöglichen;
•Orte der Reflexion und Räume der Stille, die ein Hinhören ermöglichen sowie das Verbinden mit den tieferen Quellen der Inspiration und des werdenden Selbst, individuell und kollektiv (co-inspiring);
•Orte und Infrastrukturen für die praktische Umsetzung des Neuen in Prototypen, die es erlauben, die Zukunft im Tun zu erforschen (co-creating).