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Philosophisches Schaf (Ozzy Osbourne: I Don’t Want to Change the World)

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Neulich bin ich an einer Herde Schafe vorbeigefahren. Fast alle waren schwarz. Das gab der gängigen Vorstellung einen völlig neuen Sinn. Wenn die meisten Schafe schwarz sind, ist dann das weiße Schaf das schwarze? Registrieren Schafe überhaupt, welche Farbe sie haben? Steht so ein schwarzes Schaf auf der Wiese, kuckt sich um und denkt irgendwann: »FUCK! Ich bin anders«? Und schämt sich dafür?

Ich habe mich selten geschämt, und ich mache den Job als schwarzes Schaf schon verdammt lange. Angefangen damit, dass ich im zarten Alter von knapp vierzehn Jahren entschieden habe, mich dauerhaft über den Bravo-Hits-Geschmack des übrigen Teenie-Pöbels zu erheben. Indem ich Anhängerin härterer Gangarten der Gitarrenmusik wurde und nicht mehr, wie neunundneunzig Prozent der langweiligen Gleichaltrigen, den Boygroups oder Euro-Pop-Bands der Neunziger nachkreischte. Weg mit Buffalos und Schnellfickerhosen, her mit Springerstiefeln und Nietengürtel! Eltern, Lehrer und Mitschüler schüttelten ob meiner frühpubertären Ausflüge ins Schwarz den Kopf. Ich schüttelte den meinen zur Musik. Nur meine großen Brüder verdrückten ein paar Tränchen der Rührung ins Black-Sabbath-Shirt.

Das sollte aber auch das Einzige bleiben, was ich mit dem genetischen Ursprung teilte, den man gemeinhin als Familie bezeichnet. Wird mir zwei Jahrzehnte später doch immer noch vorgehalten: »Vadder würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, dass du Beamtin geworden bist!«

In solchen Momenten stehe ich da und denke: Määh! In welcher anderen Familie wird man durch Beamtenstatus zum Outlaw?!

Leute, die mich kennen, sagen, ich sei jung geblieben. Mutter fragt, wann ich endlich erwachsen werde. Wahrscheinlich habe ich deshalb über die Jahre den klassisch pubertären Trotzmechanismus des »Jetzt erst recht« zur Kunstform erhoben. Ich zelebriere mein Dasein als schwarzes Schaf und A-13-Outlaw ausgiebig in allen Lebensbereichen: privat, beruflich, physisch, psychisch. Gegenwind inklusive. Wo bleibt denn sonst der Spaß?

Anderntags komme ich auf dem Weg zu meiner Beamten-Gang wieder an der beinah schwarzen Schafherde vorbei. Ich denke darüber nach, was passieren würde, wenn ich morgens aufwachte und alle so wären wie ich: die ganze Herde schwarz! Wo wäre da die Herausforderung? Was würde ich tun? Wahrscheinlich stante pede online gehen, mir die komplette regenbogenfarbene »Einhörner kotzen Glitzer auf rosa Disneyprinzessinnen«-T-Shirt-Kollektion bestellen und mir danach Alben von Helene Fischer runterladen. Ich rufe laut »Mäh!«, verscheuche den Gedanken schnell wieder und merke, wie spießig mein eigenes kleines Universum im Grunde doch ist. Am Ende sind wir alle nur verdammte Schafe.

Hinter dem nächsten Dorf die nächste Schafherde. Viele weiß, eins schwarz. Alles im Lot. Ich nicke meinem schwarzen Kollegen anerkennend zu und denke: Halt durch, Kumpel! Lohnt sich!

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