Читать книгу Keiner zwischen uns - Carolin Hristev - Страница 11

5 MARIE

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Es gibt Tage, an denen ich meine neue Klasse sogar ganz gerne habe.

Heute ist so ein Tag.

Wir haben auf dem Sportplatz Zweifelderball gespielt, und – unglaublich, aber wahr – die meisten Spieler der gegnerischen Mannschaft wurden von Marie Stadler, in anderen Worten, meiner Wenigkeit, ins Aus befördert, und das, obwohl Sport normalerweise nicht gerade meine Stärke ist! Ich bin richtig high, als wir verschwitzt und lärmend im Umkleideraum sitzen.

»Mann, Marie, und das mit links!«, quietscht Djamila.

»Und du sagst immer, du bist nicht gut in Sport!«, meint Gülcan mit leisem Vorwurf.

Bescheiden lasse ich mich ein wenig feiern.

Zu Hause werfe ich mich aufs Bett und rufe mir Nelsons anerkennendes Lächeln in Erinnerung, mit dem er mich während des Spiels bedachte.

Ganz ehrlich, so schlecht ist meine Klasse nun auch wieder nicht. Sie ist sogar um einiges besser als meine alte Klasse auf der Privatschule, auf der ich bis vor Kurzem war. Dort ist es normal, vom Chauffeur in der Limousine zur Schule gefahren zu werden, und bei einer Vier kommt Papas Anwalt vorbei. Türkische oder schwarze Mitschüler hatte ich dort nicht. Dementsprechend langweilig sehen die Klassenfotos aus: Lauter Mädchen mit langen blonden Haaren in Designerklamotten, und Jungs mit Haarschnitten für siebzig Euro.

Wäre ich auf dieser Schule geblieben, hätte ich nie meine beste Freundin gefunden.

Und ich hätte nie Nelson kennengelernt.

Ich drehe mich auf den Rücken und starre an die Decke. Und überlege, ob es wirklich gut für mich gewesen ist, Nelson kennengelernt zu haben. Mein Seelenfrieden ist seitdem jedenfalls dahin.

Es gibt Tage, an denen ich meine neue Klasse hasse wie die Pest. Eben war noch alles wie immer. Ich stand bei Herrn Zimmermann am Lehrertisch, weil ich noch eine Frage zur Hausaufgabe hatte, vor mir Barin, die gleichzeitig mit mir in die Klasse gekommen ist. Sie wollte auch etwas mit ihm besprechen, und zufällig hörte ich, was es war. »Ich nicht auf Klassenfahrt kommen kann«, flüsterte sie.

Und Herr Zimmermann, trottelig, wie er ist, wiederholte den Satz erst mal schön langsam und laut. »Du kannst nicht mit auf Klassenfahrt kommen? Aber Barin, weshalb? Habt ihr nicht extra das Reiseziel geändert, damit du mitkannst?«

Bäm. Genauso gut hätte er ein Wespennest in die Klasse werfen können. Alle, die in der Nähe standen, waren bereits hellhörig geworden, und Barin rot. In ihren Augen sammelten sich Tränen. »Mein Vater erlaubt nicht«, stammelte sie.

Und da ging es los.

»Wie bitte?! Wir fahren wegen ihr nicht nach Holland, und jetzt kann sie nicht mitkommen?!!!«

»Und das sagt die jetzt?«

»Wegen der bekloppten Kröte fahren wir an einen See!! Alter, statt Amsterdam! Das kotzt mich so hart an, echt jetzt!«

Während die Aufregung immer größer wird, schleicht Barin an ihren Platz und versteckt das Gesicht in den Armen.

»Wusste ich gleich, dass das ’ne Scheißidee war!«

»Du hast doch auch dafür gestimmt!«

»Lüg nicht, hab ich nicht!«

Herr Zimmermann hat nicht die leiseste Ahnung, was er machen soll, und das Geschrei und Geschimpfe wird immer schriller. Nur Karim kreischt vor Lachen. »Immer Frau Häuser mit ihren tollen Ideen!«, schreit er und schnappt nach Luft. »Und ihr fallt noch drauf rein! Ihr habt so kein Rückgrat, Leute! Ha ha, geschieht euch ganz recht!«

Und in all dem sitzt Barin und weint.

Ich muss den ganzen Tag noch daran denken.

»Voll doof für Barin«, sagt Gülcan. »Jetzt wird sie von der ganzen Klasse gehasst, und auf die Reise darf sie auch nicht. Sie tut mir richtig leid.«

In den nächsten Tagen ist Barin ziemlich allein. Gülcan und ich versuchen zweimal, sie ins Gespräch zu ziehen, aber sie sagt nicht viel und schaut hauptsächlich auf den Boden. Immerhin beruhigen sich die anderen irgendwann und hören auf, pausenlos über sie und Frau Häuser und Mecklenburg-Vorpommern zu meckern. Hauptsache, für eine Woche keine Schule, das ist nach einer Weile die allgemein vorherrschende Meinung.

Keiner zwischen uns

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